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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 25. April 2012; 01:08
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Debatte:
> Die eigene Vergangenheit
Zur Ausstellung im Wien-Museum "Besetzt" haben wir in der Redaktion --
wie schon so oft - verschiedene Meinungen, gluecklicherweise hatten
die 3 Personen nur 3 Meinungen (oder auch eine Meinung, eine Deinung
und eine Seinung ... gegendert dann eine Ihrung?), manchmal gibt's pro
Person 2-3. Ich vertret halt jetzt einmal meine, nachdem der
Chefredakteur sich empoert hatte, dass die HausbesetzerInnen keine
Museumsobjekte sein duerften. Sowas gehoere nicht in ein Museum und
wenn, dann ins EKH und nicht in ein so grosses, quasi staatstragendes
und staatsgetragenes Haus.
Klar, es ist schon ein bisserl komisch, wenn die eigene Vergangenheit
ploetzlich im Museum ausgestellt ist, da merkt mensch das Altwerden.
Aber wir koennen doch heilfroh sein, wenn ein so grosses Haus sich der
Aufmuepfigen annimmt und eine grosse Ausstellung macht. Waer uns
lieber, die Ereignisse wuerden ganz vergessen oder nur bei
Veteranentreffen erwaehnt? Eine Ausstellung im EKH ist ein
Minderheitenprogramm, ins Wien-Museum kommen Tausende. Das ist
zugleich eine Rehabilitierung der BesetzerInnen, die in der
oeffentlichen und veroeffentlichten Meinung eh nur dreckige,
langhaarige, drogensuechtige Arbeitsscheue waren und/oder sind. Jetzt
ist Herr und Frau Biedermeier ploetzlich konfrontiert damit, dass
diese Subjekte nicht nur im Museum dargestellt werden. Und es wird
ploetzlich "offiziell", dass die Stadt Wien, die so stolz ist auf ihre
Kultur, diesen Menschen eine Menge Kultur verdankt. Und ein Umdenken
in vielen Dingen, wie z.B. die Normalitaet der Rosa-Lila-Villa und der
Alternativschulen.
Noch einen Aspekt gibt es: Wer - bitte - soll und kann unseren Kindern
und Enkeln klarmachen, wie das damals war, z.B. mit der Arena? "Wie
hat das ausgesehen, bevor der Neubau draufgeklotzt wurde vom Schoeps?"
fragte mich eine Frau um die 40 bei der Eroeffnung. Wir koennen
erzaehlen, aber so viel Material wie diese Ausstellung bietet, hat
niemand zu Hause.
Grad wegen dieser Konfrontation mit den Biedermeiers bin ich dem
Wien-Museum dankbar dafuer, dass es die Ausstellung zeigt. Und
natuerlich auch, weil ein Spaziergang durch die eigene Vergangenheit
besonders lustig ist.
*Ilse Grusch*
*
> Ab ins Museum!
Es geht nicht um das Ausstellen an sich oder um das Gefuehl des
Aelterwerdens angesichts der eigenen Person als Teil der Geschichte.
Ja, natuerlich spuert man staerker, dass man schon Veteranenstatus
hat, wenn man sich Photos ansieht, die, wie in meinem Fall, ein
Vierteljahrhundert alt sind, und sich auf diesen Bildern wiederfindet.
Genauso ist es mir gegangen bei der Ausstellung "Punk in Wien" in der
Pankahyttn. Aber erstens erfuellt einen das in gewisser Hinsicht nicht
nur mit der Trauer um den "Verlust der Jugend" (so alt bin ich nun
auch wieder nicht), sondern auch in gewisser Hinsicht mit ein bisschen
Stolz. Und zweitens wird im Ambiente der Pankahyttn klar, dass es
nicht um "Zeitgeschichte" geht, sondern darum, in welcher Tradition
aktuelle Kaempfe stehen. Ja, es ging bei dieser Ausstellung um Stolz.
Denn die Hyttnpanka koennen auch stolz sagen: 'Dieses Haus haben wir
uns durch Beharrlichkeit erkaempft und hier zeigen wir die Geschichte
unserer Bewegung! Wir wissen, dass wir nicht die Ersten waren, und wir
wissen, dass wir nicht die Letzten sein werden. Punk's not dead! Der
Kampf geht weiter!'
Und dann das! Die Ausstellung mit dem Titel "Besetzt" im Wien-Museum!
Ich habe sie bisher nicht gesehen und kann daher ueber die Gestaltung
gar nichts sagen. Aber hier wird allein in Ankuendigung und
Eroeffnungszeremoniel klar gemacht: Hier wird nicht tradiert, sondern
musealisiert. Dazu spricht der Herr Kulturstadtrat.
So kann man geschichtliche Ereignisse behandeln, die kaum mehr Bezug
zum heutigen Leben haben, aber nicht auf die Besetzungskultur einer
bei weitem nicht abgeschlossenen Epoche. Wenn man so eine Ausstellung
macht zum Beispiel ueber die oesterreichischen Spanienkaempfer ist das
einigermassen okay -- Franco ist tot und der Kampf gegen den
Faschismus in Spanien ist vorbei. Wenn da ein sozialdemokratischer
Wuerdentraeger auftaucht und eine Rede haelt, so ist das auch stimmig,
denn bei aller Kritik an der SP ist sie doch der Sympathie mit Franco
unverdaechtig.
Aber bei einer Ausstellung ueber Besetzungen in Wien? Wo in vielen
Faellen gerade das Rathaus, sprich die Wiener SP, die
Haeuserraeumungen veranlasst hat? Oder, wenn man ihr doch etwas
abgetrotzt hat, dafuer gesorgt hat, dass Projekte wie das WUK
politisch den Bach runtergehen und zu Bobo-Kunst-Tempeln verkommen mit
einigen wenigen Widerstands-Nischen fuer das passende Ambiente. Wir
kennen die Stadt-SP: 'Verhindern oder Umarmen' war immer ihre
Strategie. Der Kulturstadtrat ist hier fuer das Umarmen zustaendig.
Gleichzeitig muss man weiter um das Ueberleben des Amerlinghauses
kaempfen und ebenso passieren in Wien auch heute immer wieder
Hausbesetzungen und da kommt dann natuerlich die Polizei -- egal, ob
das Gelaende der BUWOG, der OeBB oder eben der Gemeinde Wien gehoert.
Wenn das naechste Mal ein Haus in Wiener Gemeindeeigentum besetzt
wird, kommt dann der Kulturstadtrat vorbei auf einen
Solidaritaetsbesuch und sagt der Polizei, sie koenne wieder heimgehen?
Eher nicht.
So etwas im Wien-Museum inclusive Rathaus-Segen zu veranstalten,
heisst: 'Diese Bewegung ist abgeschlossen, es gibt sie nicht mehr, ab
ins Museum damit!' -- so wie die Klimtsammlung und die
Burgtheaterdevotionalien, die das Wien-Museum auch gerade anpreist.
Politische Kaempfe werden so in ein buergerlichen Verstaendnis von
"Kultur" eingebettet und damit verharmlost, damit sie selbst die
Spiesser verdauen koennen. Und deren Anerkennung soll mich auch noch
freuen?
Mit all diesem Drumherum brauche ich mir die Besetzt-Ausstellung nicht
anzusehen, um zu wissen: Ich mag sie nicht.
*Bernhard Redl*
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