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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 18. April 2012; 04:19
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EU/Ruestung:
> "Kampfhubschrauber statt Spitaeler"
Im abgelaufenen Jahrzehnt sind die Umsaetze der vier groessten 
EU-Ruestungskonzerne um 170% gestiegen. Auch in der Krise brummt der 
Ruestungsmotor. In einer Studie des EU-Rats wird ein "eiserner 
politischer Wille" eingefordert, um eine Politik durchzusetzen, die 
"Steuermittel fuer Kampfhubschrauber statt fuer Spitaeler verwendet".
Die vor kurzem vom schwedischen Friedensforschungsinstitut SIPRI 
veroeffentlichen Daten zur globalen Ruestungsproduktion sprechen eine 
klare Sprache. Das abgelaufene Jahrzehnt war ein El Dorado fuer die 
Ruestungsindustrie, vor allem die der USA und Westeuropas.
Die Ruestungsumsaetze der 100 groessten Kriegswaffenproduzenten (ohne 
China) stiegen im Zeitraum 2000 bis 2010 von 157 Milliarden auf 410 
Milliarden US-Dollar, eine Zunahme von 160%. Auch inflationsbereinigt 
entspricht noch einer Steigerung von rd. 100%. Von diesen 100 Top 
stammen 44 aus den USA (Umsatzanteil an den Top 100 von 60%) und 30 
aus Westeuropa (Umsatzanteil 29%). D.h. die NATO-Ruestungsschmieden 
zusammen schaffen es auf fast 90%.
Ruestungsauftraege uebertreffen des BIP von Portugal
Auch innerhalb der Top 100 gibt es eine enorme Konzentration: Alleine 
die Top 11 vereinen 58% des gesamten Ruestungskuchens der Top 100 auf 
sich, sieben davon kommen aus den USA vier aus den EU-Staaten: 
BAE-Systems (brit.), EADS (deutsch-franz.), Finmeccanica (ital.) und 
Thales (franz.). Diese vier groessten EU-Ruestungsschmieden konnten im 
abgelaufenen Jahrzehnt ihre Ruestungsumsaetze um fast 170% steigern, 
von 27 auf knapp 74 Milliarden US-Dollar. Auch die tiefe 
Wirtschaftskrise seit 2008 konnte dem Geschaeft von BAE, EADS, Thales 
und Finmeccanica nicht schaden. Von 2008 bis 2010 sind ihre Umsaetze 
um 18% gewachsen.
Die Auftragsbuecher dieser Ruestungskonzerne sind randvoll:
Auftragsbestaende (in Mrd. Euro, Stand Ende 2010)
EADS (Mil-Sparte) 58,3 Mrd.
BAE-Systems 46,8 Mrd.
Finmeccanica 46,5 Mrd.
Thales 25,0 Mrd.
In Summe ergibt das 176,6 Mrd. an Ruestungsauftraegen in den Buechern 
alleine dieser vier europaeischen Ruestungsfirmen. Zum Vergleich: Das 
uebertrifft deutlich das Bruttoinlandsprodukt von Laendern wie 
Portugal oder Irland. Alleine der militaerische Auftragsbestand von 
EADS entspricht mehr als dem eineinhalbfachen des 
Bruttoinlandsprodukts von Laendern wie Bulgarien oder Slowenien. Es 
sind vor allem die grossen EU-Ruestungsprojekte, die die Kassen dieser 
Ruestungsfirmen klingeln lassen: Die Kampfbomber Eurofighter und 
Rafale, der Militaertransporter A400M, der Kampfhubschrauber Tiger, 
das Atomraketenprogramm M51, usw.
Waehrend ueber den EU-Fiskalpakt den oeffentlichen Haushalten eine 
rigide Sparpolitik aufgezwungen werden soll, die insbesondere den 
Sozial- und Gesundheitsbereich trifft, darf in EU-Europa der 
Ruestungsmotor weiter kraeftig brummen. Darf? Nein, er muss brummen, 
denn der im Jahr 2009 in Kraft getretene EU-Vertrag von Lissabon 
verpflichtet die EU-Staaten ausdruecklich dazu, "ihrer militaerischen 
Faehigkeiten schrittweise zu verbessern." (Art. 42, Vertrag ueber die 
Europaeische Union). Nick Witney war 2004 bis 2007 Chef der EU-eigenen 
"Europaeischen Verteidigungsagentur". Er schildert fuer den privat 
finanzierten Thinktank "European Council on Foreign Relations" die 
politische Problematik so: "Wenige Parlamentsabgeordnete wollen vor 
ihrer Waehlerschaft begruenden, warum deren Steuern fuer 
Kampfhubschrauber statt fuer das lokale Spital verwendet werden 
sollen ... Militaerische Operationen kosten Geld und riskieren 
Menschenleben. ... Nur ein eiserner politischer Wille, untermauert von 
klarem Zielbewusstsein, kann dafuer sorgen, dass sich diese 
strategische Orientierung gegen kurzfristige Unannehmlichkeiten 
durchsetzt."
(solidarwerkstatt/akin.)
(1) "Few MPs want to argue in front of their constituents why their 
taxes should be spent on helicopters rather than the local hospital." 
(S.9) "Operations involve costs and the risk of casualties. Pooling 
efforts and resources implies commitment and constraint. It is hard 
enough to manage and renew defence on a national basis without adding 
the complications of working with others. Only an iron political will 
underpinned by a clear sense of direction can make the strategic case 
prevail over the nearterm inconvenience." (S. 51) - Quelle: Nick 
Witney, Re-energising Europe`s Security and Defence Policy, Policy 
Paper, European Council on Foreign Relations; Juli 2008; 
http://ecfr.eu/page/-/documents/ESDP-report.pdf
Quelle: 
http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_content&task=view&id=635&Itemid=1
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