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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 4. April 2012; 17:39
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> Der Nigerianer aus der Karibik
Eine Farce aus der Welt der Asylbehoerden, aufgezeichnet von *Asyl in 
Not*
Mike hatte in seinem Leben viel hinter sich: Er wurde in Haiti 
geboren. Als Kleinkind trennten sich seine Eltern und er kam mit 
seiner Mutter nach Dominica, einer winzigen karibischen Insel. Kurz 
vor dem Erdbeben in Haiti wollte er mit seiner Mutter nach Haiti 
fahren, um seinen Vater wieder zu sehen - seine Mutter ueberlebte das 
Beben nicht, Mike kam nach Oesterreich.
In Oesterreich, im Bundesasylamt, gab er korrekt an, er sei in Haiti 
geboren, in Dominica aufgewachsen. Welche Staatsbuergerschaft er habe, 
also ob Haiti oder Dominica, sei ihm nicht bekannt, seine Mutter habe 
sich immer um Behoerdenangelegenheiten gekuemmert. Er spreche 
Englisch, etwas kreolisch und etwas franzoesisch.
Doch aus Dominica wurde im Protokoll des Bundesasylamtes mangels 
Kenntnis der Existenz dieser Insel die Dominikanische Republik. Das 
weitere Verfahren laesst sich wie folgt kurz zusammenfassen:
Bundesasylamt: Sie kommen also aus der Dominikanischen Republik. Wie 
kommt es, dass Sie kein Spanisch sprechen?
Mike: Ich komme aus Dominica, dort spricht man Englisch und Kreolisch.
BAA: Nein, in der Dominikanischen Republik spricht man Spanisch - Sie 
sind unglaubwuerdig, wir machen eine Sprachanalyse.
Eine Sprachanalyse wurde durchgefuehrt, das Ergebnis: Nigeria!
Eh klar, mit dunklem Teint und Pidgin-Englisch muss man ja aus Nigeria 
kommen. Frei nach dem Motto: "Dominica gibt es nicht, in der 
Dominikanischen Republik wird spanisch gesprochen, also kommst du 
jetzt von dort, wo ,alle' herkommen. Dominica is ka Land, du kommst 
aus Nigeria".
Mike ist fassungslos ueber seine neu gewonnene Herkunft, erhaelt einen 
negativen Bescheid, weil ihm ja in Nigeria keine Gefahr droht, er wird 
nach Nigeria ausgewiesen. Wir verfassen eine Beschwerde und versuchen 
das Missverstaendnis mit Dominica / Dominikanische Republik 
aufzuklaeren, aber keine Chance, das Ergebnis des BAA wird bestaetigt.
Mike kommt in Schubhaft, wir schreiben eine Schubhaftbeschwerde und es 
kommt zur Verhandlung vor dem Unabhaengigen Verwaltungssenat 
Burgenland. Bereits in der Haftbeschwerde wurde der Unterschied 
zwischen Dominica und der Dominikanische Republik erklaert. Aber 
trotzdem schlaegt auch hier das Unwissen wieder zu.
Mike: Ich komme aus Dominica.Dolmetscherin: Er kommt aus der 
Dominikanischen Republik.
Asyl in Not: Nein!!
Unabhaengiger Verwaltungssenat: Morgen wird er der nigerianischen 
Botschaft vorgefuehrt, schauen wir einmal, was die dazu sagen.
Nach vielen Stunden auf der Botschaft steht fest: Er kommt doch nicht 
aus Nigeria, hat naemlich einen ganz anderen Akzent, laut Auskunft des 
zustaendigen Mitarbeiters "rastafarian" - also irgendwo aus der 
Karibik. Mike wird freigelassen, weil die nigerianische Botschaft 
empfiehlt, sich zwecks Ausstellung eines Heimreisezertifikats "an den 
tatsaechlichen Herkunftsstaat" zu wenden.
Da trotzdem noch immer eine Ausweisung nach Nigeria rechtlich im Raum 
stand und die Gruende fuer das Verlassen von Dominica bzw. Haiti nicht 
geklaert wurden, ebenso wenig wie die tatsaechliche 
Staatsangehoerigkeit, stellten wir einen Antrag auf Wiederaufnahme des 
Verfahrens. Endlich, nachdem die nigerianische Botschaft noch einmal 
bestaetigt hatte, dass er sicher nicht aus Nigeria kommt, wurde dem 
Antrag stattgegeben, sein Verfahren wurde neu geoeffnet.
(gek.)
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