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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 6. Maerz 2012; 21:47
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Termin/Kommentar:
> Kubas neuer Aufbruch zum "Sozialismus":
> Eine Staatsreform in Richtung Drittweltkapitalismus
Gegenstandpunkt & Diskussion: 
Mit H.L. Fertl, Donnerstag 15. Maerz 2012, 19:00, 
Neues Institutsgebaeude (NIG), HS 2, Universitaetsstrasse 7, 1010 Wien
Voriges Jahr hat die kubanische KP radikale Reformmassnahmen 
beschlossen: Die schrittweise Entlassung von bis zu einer Millionen 
Staatsbediensteter, die sich nun in der ausgeweiteten privaten 
Kleinwirtschaft auf eigene Rechnung durchschlagen sollen; baldige 
Abschaffung der immer armseligeren garantierten Grundversorgung; 
Verpflichtung der Betriebe auf gewinnorientierte 
Produktionsmassstaebe; mehr Leistungslohnanreize; mehr Kleinbauern und 
freier Handel mit den knappen Lebensmitteln. Die staatliche Planung 
soll vorrangig auf die Entwicklung Devisenbringender Branchen - 
Tourismus und Rohstoffe - ausgerichtet und auswaertiges Kapital zum 
Investieren animiert werden.
Diese Reform streicht grossen Teilen der Bevoelkerung ersatzlos ihre 
bisherige Reproduktion als nicht laenger tragbare staatliche 
Haushaltslast, verweist das Volk auf privates Wirtschaften mit kaum 
vorhandenen Mitteln und richtet grosse Abteilungen der Wirtschaft 
nicht mehr am inneren Bedarf, sondern auf die Erwirtschaftung von 
Weltmarktertraegen aus. Das alles mit Verweis auf die Devisennot des 
Staates und die Belastungen des Staatshaushalts durch seine 
Gesellschaft, sowie deren mangelnde Leistungen fuer den Staat. Dass 
Kuba in der heutigen imperialistischen Welt die Mittel fehlen, wirft 
die Fuehrung sich und ihrem Volk vor - und macht sich an die Rettung 
des Staats zu Lasten der Bevoelkerung. Als Hauptschuldigen fuer die 
desolate Lage der Oekonomie und der Staatsbilanzen hat die 
kommunistische Partei das Volk ausgemacht, das durch Staatsleistungen 
verwoehnt und dem Arbeiten entwoehnt worden sei. Die Fuehrung spart 
nicht mit Kritik an Schlendrian, Faulheit und Anspruchsdenken und 
macht die staatliche Organisation der Oekonomie fuer den mangelnden 
Arbeitseinsatz der Kubaner haftbar. Das will sie abstellen und ihre 
Massen durch ihre Reformen zu mehr Leistung fuehren. Das und die 
Mobilisierung der nationalen Ressourcen fuer mehr Weltmarkterfolge 
soll die Staatsnot abwenden. Mit all dem wollen die Verantwortlichen 
immer noch den 'Aufbau des Sozialismus in Kuba' voranbringen. Die 
Kapitulation vor den Sachzwaengen eines Weltmarkts, der Kuba 
inzwischen zum internationalen Schuldenfall gemacht hat und ein 
Selbstbehauptungsprogramm, welches das Volk als leistungsunwillige 
Kostgaenger eines zu freigiebigen Staats in den Blick nimmt, das 
propagieren die Verantwortlichen als Rettung des Sozialismus und neuen 
Aufbruch in eine bessere sozialistische Zukunft unter Fuehrung einer 
klueger gewordenen und nach wie vor dem Volk verpflichteten Partei- 
und Staatsfuehrung.
Fuer die buergerliche Oeffentlichkeit ist die Sache klar: Wenn Kubas 
Fuehrung soziale Leistungen dem Staatserhalt opfert und beschliesst, 
sich mehr an Weltmarktbeduerfnissen auszurichten und am Volk zu 
sparen, dann beweist das, wie grundverkehrt sie mit ihrem ganzen 
Sozialismus immer schon gewirtschaftet und regiert hat. Man macht 
keinen Hehl daraus, dass die Masse der Bevoelkerung in Kuba besser 
gestellt war und immer noch ist als in den einschlaegigen 
Armenhaeusern des Kapitalismus; aber ohne kapitalistisches 
Wirtschaften, ohne freien Zugriff des Dollar- und Eurokapitals, ohne 
eine politische Herrschaft, die sich ganz an dessen Interessen 
ausrichtet, kommt ein Land nicht voran.
Linke Anhaenger Kubas halten dagegen am Vorbild Kubas fuer den Kampf 
gegen Armut, Unterentwicklung und US-Imperialismus fest und dem Land 
seine schwierige Lage zugute. Sie teilen zumeist das 
Selbstverstaendnis der kubanischen Fuehrung, mit den Reformen wuerde 
darum gekaempft "selbst unter sehr komplizierten Bedingungen den 
Sozialismus zu erhalten und zu entwickeln" und die "beispielhaften 
Errungenschaften fuer das Volk zu erhalten", die gerade abgeschafft 
werden. Offenkundig ist auch fuer sie selbstverstaendlich, dass die 
radikalen Reformen zu Lasten der Bevoelkerung der richtige Weg zur 
Bewahrung des Fortschritts in schwerer Zeit sind.
Die Veranstaltung zieht kritisch Bilanz ueber die Lage Kubas und die 
aktuellen Reformen, mit denen sie bewaeltigt werden soll; damit auch 
ueber den Weltmarkt und die Weltordnung, in denen sich Kuba behaupten 
muss und will.
(Gegenstandpunkt)
http://www.gegenstandpunkt.com
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