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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 22. Februar 2012; 01:59
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Friedensbewegung:
> Syrien darf kein zweites Libyen werden
Die Situation in Syrien ist wie ein Albtraum. Das Toeten von Menschen, 
Folterungen und massenhaftes Elend nehmen mit jedem Tag zu. Das Regime 
von Bashar al-Assad will sich mit aeusserst brutaler Gewalt an der 
Macht halten. Die syrische Oppositionsbewegung hat seit einem Jahr 
versucht, ohne Anwendung von Gewalt fuer Reformen auf demokratischem 
Wege einzutreten. Mit Beginn des Jahres 2012 haben paramilitaerische 
Kraefte den Kampf gegen das Assad-Regime und die regulaere syrische 
Armee aufgenommen. Die "Freie Syrische Armee" (FSA) veruebt 
Anschlaege, nimmt Regierungspersonal unter Feuer und legt in 
Taliban-Manier Sprengfallen. Diese Gegengewalt fuehrt zu aeusserst 
brutalen Gewaltexzessen auf Seiten der syrischen Armee, wie vor allem 
der tagelange Beschuss der Stadt Homs zeigt. Die meisten Menschen 
sterben aufgrund der Kampfhandlungen zwischen der FSA und den 
syrischen Streitkraeften. Hinter dem Syrischen Nationalrat, der von 
der Tuerkei aus den gewaltsamen Widerstand der FSA lenkt, stehen die 
Muslimbrueder. Viele Gruppen im Land wie Kurden, Alawiten, Kopten, 
saekulare politische Kraefte und staedtisches Buergertum sind jedoch 
mit dieser Entwicklung nicht einverstanden und haben Angst, wenn es 
dieser Seite gelingt, die Macht zu uebernehmen.
Wer ruestet die bewaffneten Oppositionskraefte aus? Woher bekommen sie 
militaerische und ideelle Unterstuetzung? Politische Kraefte in 
Frankreich und den USA haben bereits signalisiert, dass sie bereit 
sind, wie im Falle Libyens, sich auf die Seite der militaerischen 
Rebellen zu stellen. Je mehr der Buergerkrieg sich entfacht, desto 
mehr steigt - ebenfalls wie in Libyen - die Bereitschaft der 
westlichen Militaermaechte zu einer Militaerintervention. Es wird 
berichtet, dass mit Hilfe der NATO Waffen und militaerlogistisches 
Know-how an die Aufstaendischen geliefert wurde - zynischerweise auch 
aus Bestaenden Libyens. Kriegserprobte libysche Kaempfer und irakische 
Al-Kaida-Djihadisten wollen den Aufstaendischen in Syrien zu Hilfe 
kommen.
Offensichtlich verfolgen die USA und ihre Verbuendeten in Syrien und 
mit der Bewaffnung der Aufstaendischen ihre geostrategischen Ziele. 
Wird Assad als Gegner der westlichen Maechte gesehen, weil er die 
Opposition unterdrueckt oder weil er ein Verbuendeter des Iran ist? 
Jedenfalls gilt: Faellt das Assad-Regime, dann faellt zugleich der 
wichtigste Verbuendete des Iran. Dies passt zu den wiederholten 
Andeutungen, dass die USA zu einem Angriffskrieg gegenueber dem Iran 
bereit sind. Der Weg nach Teheran fuehrt ueber Damaskus . Das Beispiel 
Libyen zeigt, welcher Preis bei einer Militaerintervention zu zahlen 
waere. Die bewaffneten Auseinandersetzungen haben in Libyen bis zu 
40.000 Menschenleben gefordert. Syrien zaehlt dreimal so viel 
Einwohner, entsprechend hoeher wuerden die Opferzahlen sein.
Was wuerde geschehen, wenn die Muslimbrueder, unterstuetzt von 
Djihadisten aus Libyen oder dem Irak, die Macht in Syrien ergreifen 
wuerden? Die Gefahr von ethnischen Saeuberungen waere gegeben, was vor 
allem die 10 Prozent Christen in diesem Land treffen wuerde.
Die Komitees der syrischen Protestbewegung haben stets vor einer 
Militarisierung des Aufstands gewarnt. So heisst es in einer 
Stellungnahme des Zusammenschlusses der lokalen Komitees: "Eine 
Militarisierung der Revolution wuerde die Unterstuetzung und 
Beteiligung an der Revolution durch das Volk minimieren. ... 
Militarisierung wuerde die Revolution in eine Arena tragen, wo das 
Regime einen deutlichen Vorteil hat und die moralische Ueberlegenheit 
erodieren, die die Revolution seit ihren Anfaengen charakterisiert 
hat." Die internationale Gemeinschaft muss Wege finden, den 
berechtigten zivilen und gewaltlosen Protest der Buerger und 
Buergerinnen Syriens zu unterstuetzen.
Eine friedliche Loesung in Syrien waere moeglich. Die internationale 
Gemeinschaft muesste alles daran setzen, dass alle Kontrahenten an 
einen Verhandlungstisch kommen. Solange westliche Politiker eine 
Militaerintervention nicht ausschliessen und damit zu einem 
bewaffneten Aufstand ermutigen, wird dies erschwert. Eine 
Friedensloesung kann auch nicht geschehen, wenn Assad isoliert und 
umgangen wird. Frieden setzt nicht auf Kapitulation der gegnerischen 
Seite. Jedes Einlenken des Assad-Regimes auf eine Demokratisierung, 
auf Zugestaendnisse zu einer Verfassungsaenderung oder auf freie 
Parlamentswahlen kann als Hoffnungszeichen gesehen werden.
Primaer gilt es jetzt, eine internationale humanitaere Hilfe 
(humanitaerer Korridor) - ohne Militaerintervention und mit Zustimmung 
von Damaskus - fuer die Not leidende Bevoelkerung in Syrien zu 
organisieren. Damit verbunden braucht es unabhaengige 
Beobachtermissionen, die weder mit russischen noch mit westlichen 
Interessen verknuepft werden koennten. Saudi Arabien mit seiner 
repressiven Politik und seinen westlichen Interessen sowie der 
sunnitischen Orientierung ist ein schlechter Vermittler in einem Land, 
das aufgrund seiner Partnerschaft mit dem Iran eine schiitische Option 
ergriffen hat. Neben den Vereinten Nationen koennten aber andere 
Staaten oder anerkannte Staatspersonen eine Vermittlerrolle einnehmen. 
Hier laege auch eine spezifische Rolle eines kleinen neutralen Landes 
wie Oesterreich. Auf jeden Fall gilt: Gewalt ist keine Antwort, da sie 
grundlegendste Menschenrechte ausser Kraft setzen wuerde. Kein zweites 
Libyen in Syrien! Nein zur Bewaffnung der Aufstaendischen, Nein zu 
Buergerkrieg und Militaerintervention! Ja zur Unterstuetzung der 
gewaltfreien Protestbewegung und zur Demokratisierung Syriens.
(Der Vorstand von Pax Christi Oesterreich)
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