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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 22. Februar 2012; 02:04
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> Erinnerungen an Grete
Margarete Gal ist letzte Woche verstorben -- zwei Nachrufe
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Margarete Gal hat ihr langes Leben dem Widerstand gegen 
Ungerechtigkeit und Unterdrueckung gewidmet. Sie kaempfte in 
unterschiedlichsten Zusammenhaengen, doch konstant war ihr Engagement 
fuer Gerechtigkeit, Solidaritaet und die Wuerde des Menschen.
Geboren in eine sozialdemokratische, spaeter kommunistische Familie, 
die im Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiv ist, waechst 
Margarete im politischen Kollektiv auf. Nach dem Krieg wird sie selbst 
Mitglied der Kommunistischen Partei, distanziert sich jedoch nach 1968 
wieder. Ihr politischer Kampf geht weiter, in der Gewerkschaft, bei 
verschiedenen sozialen und politischen Bewegungen, bei den Gruenen.
Im Fruehling 1999, als die NATO Jugoslawien angreift, schliesst sich 
Margarete, fuer die Jugoslawien persoenlich und politisch immer einen 
hohen Stellenwert hatte, der Protestbewegung an. Nach dem Ausbruch der 
Zweiten Intifada im September 2000 wird sie in der 
Solidaritaetsbewegung fuer Palaestina aktiv, spaeter in der 
Protestbewegung gegen den Angriffskrieg und die Besatzung des Irak.
Die Versuche, die Palaestina-Solidaritaetsbewegung durch 
Antisemitismus-Vorwuerfe zum Schweigen zu bringen, machen selbst vor 
Margarete mit ihrer Vergangenheit nicht Halt. Margarete ist 
persoenlich tief betroffen, doch sie laesst sich nicht mundtot machen. 
Auch auf die Gefahr hin, viele langjaehrige Freunde zu verlieren, 
haelt sie an ihrem Engagement fuer die Sache der Unterdrueckten fest - 
damals wie heute.
Ihr hohes Alter und zunehmende gesundheitliche Probleme hindern sie 
lange Jahre nicht daran, politisch aktiv zu sein. In ihrer Mobilitaet 
eingeschraenkt und von Schmerzen geplagt, laesst sie es sich nicht 
nehmen, an Demonstrationen teilzunehmen und dort ihre Stimme zu 
erheben. Margarete wird fuer viele von uns, die wir eine, zwei, 
manchmal drei Generationen juenger sind, zum historischen Gedaechtnis 
unserer Sache, zu einem Symbol fuer persoenliche Integritaet und 
politische Standhaftigkeit.
Mit Margarete geht eine bescheidene, doch eine ganz grosse Kaempferin 
von uns. Sie hinterlaesst eine schmerzhafte Luecke.
*Antiimperialistische Koordination*
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Margarete, wir werden dich vermissen. Viele von uns koennen es noch 
immer nicht fassen. Margarete Gal ist am 14.2.2012 eingeschlafen und 
nicht mehr erwacht. Das ist nicht nur ein schmerzhafter Verlust fuer 
ihre Familie, sondern auch fuer Ihre Freundinnen und Freunde und 
natuerlich auch fuer jene Menschen, die sich fuer eine bessere, 
gerechtere und friedliche Welt einsetzen.
Seit ihrer Kindheit war Margarete, als ungetauftes Schulkind im 
christlichen Oesterreich mit Diskriminierung konfrontiert. Aber sie 
lernte auch durch ihre engagierten Eltern zu kaempfen und sich gegen 
Ungerechtigkeiten zu wehren. Ihre linkssozialistischen Eltern lebten 
ihr Soldaritaet und soziales Engagement vor. Entsetzt sah sie 1938, 
wie Juden gezwungen wurden, die Strassen zu reinigen und gleichzeitig 
unterstuetzte sie ihre Mutter bei der Hilfe fuer verfolgte Menschen. 
1942 kam nicht nur ihre Tochter Eva zur Welt, sondern ihre Familie 
wurde von der Gestapo geholt. Mit ihrem kleinen Kind konnte sie jedoch 
bald den Morzinplatz verlassen.
Nach 1945 war es fuer sie daher selbstverstaendlich, fuer ein 
demokratisches sozialistisches Oesterreich einzutreten und so wurde 
sie Mitglied der KPOe.
Margarete wurde auch Betriebsraetin. Ihre grosse Liebe war jedoch die 
Arbeit mit Kindern und so engagierte sie sich bei Kinderland-Junge 
Garde. 1968 brach fuer sie -- wie vielen von uns -- eine Welt 
zusammen. Der "Sozialismus mit menschlichen Antlitz" wurde durch die 
Sowjetunion brutal niedergewalzt. Margarete , die immer wieder fuer 
Sozialismus, Demokratie und Menschenrechte eingetreten war, die allen 
Soldaritaetsbewegungen mit der 3. Welt verbunden war, musste zur 
Kenntnis nehmen, dass die offizielle Kommunistische Partei ihre 
Grundwerte ueber Bord geworfen hatte. Doch sie war nicht bereit, auf 
ihre Gesinnung zu verzichten. Gemeinsam mit vielen Menschen aus der 
Gewerkschaftsbewegung, der Jugend und kommunistischen Intellektuellen 
kaempfte sie weiter. So war Margarete ueberall dort zu finden, wo es 
um konkrete Initiativen gesellschaftspolitischer Art ging. Es gibt 
kaum eine Solidaritaetsbewegung, in der Margarete nicht taetig war. 
Allein die Aufzaehlung der diversen Aktivitaeten wuerde eine Seite 
fuellen. Margarete wollte sich auch weiterhin politisch engagieren und 
so wurde sie Mitglied der Gruenen Partei. Auch wenn sie sich bei den 
Gruenen engagierte, so war sie nicht unkritisch dieser Partei 
gegenueber und wuenschte sich bis zum Schluss eine radikalere Gruene 
Politik.
Margarete war fast 88 Jahre alt. So mancher von uns, der wesentlich 
juenger ist, ist muede geworden, doch Margarete nicht. Das brachte ihr 
Bewunderung und Respekt von vielen, vor allem jungen Menschen, weit 
ueber dem Kreis der Gruenen ein. Autonome, junge Linksradikale, 
engagierte Feministinnen ebenso wie unsere auslaendische FreundInnen 
waren voll Anerkennung fuer ihre Aktivitaeten. Und so ist es kein 
Zufall, dass sie an alle, die ihr spenden wollen, appeliert, dies fuer 
Ute Bock zu tun.
Es ist unmoeglich, all ihre Verdienste aufzuzaehlen. Wir koennen nur 
dankbar sein, mit einer so liebenswerten herzensguten Revolutionaerin 
befreundet gewesen zu sein.
*Schani Margulies*
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Verabschiedung von Margarete ist am 28.2. um 15h am Wiener 
Zentralfriedhof in der Feuerhalle
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