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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 22. Februar 2012; 01:56
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SPOe/Wien/Migration:
> Die Gespenster,
> die hinter "Wer hier leben will, muss Deutsch lernen" lauern
Die Argumentationen gegen den von der SPOe vorgetragenen oeffentlichen 
Bekenntniszwang zur deutschen Sprache verlaufen grossteils in einer 
verstehenden sie entschuldigenden Richtung -- indem ihr unterstellt 
wird, dass sie den Wahlkampf gegen die Freiheitliche Partei 
Oesterreichs zwecks der Entfremdung deren Waehlerschaft bei den 
bevorstehenden Wahlen betreibt. Warum diese Kommentatoren hinter der 
Vorhand in die Tiefenpsychologie der Parteistrategen blicken koennen, 
ist mir ein Raetsel. Um eine Aussage zu verstehen, ist wichtig, sich 
an das zu halten, was tatsaechlich geschrieben wurde. Alles andere 
produziert Gespenster, die man nicht mehr los wird.
So ein Gespenst ist der seit 30 Jahren diskursiv sehr wirksame 
Glaubenssatz, dass alle Zwangsmassnahmen, die seitens der SPOe 
initiiert, vergesetzlicht und durchgefuehrt werden, deswegen gemacht 
werden, weil die SPOe seitens der Freiheitlichen Partei Oesterreichs 
(FPOe) dazu gezwungen wurde. Aus dem oberen Satz "Wer hier leben will, 
muss Deutsch koennen!" spricht eine Sprache des Befehls. Es gibt da 
jemanden, der befiehlt, und jemanden, dem befohlen wird.
Die Rechtfertigung fuer diesen Satz kam am 13.02.2012 in einer 
Presseaussendung. Dort steht, dass es darum geht, die "Grundwerte" wie 
"Demokratie und Rechtsstaat", Laizismus, Gewaltfreiheit, 
Geschlechtergleichheit und Menschenrechte, durch diesen Befehl 
verteidigt werden sollen. Wir koennen uns da fragen, welche und wessen 
Demokratie, wenn in Oesterreich Millionen von Menschen von den Wahlen 
ausgeschlossen werden: welcher und wessen Rechtsstaat, wenn die 
Gefaengnisse voll mit "Auslaendern" sind und wir durchaus von einer 
Rassenjustiz sprechen koennen; welcher Laizismus, wenn Stephansdom in 
das offizielle Wiener Logo Eingang gefunden hat; welche und wessen 
Gewaltfreiheit, wenn diese Gewalt in Form der Diskriminierung in allen 
Lebensbereichen die Realitaet der MigrantInnen bildet; welche und 
wessen Geschlechtergleichheit, wenn die Maenner nach wie vor die 
Chefspositionen bekleiden. Nicht zuletzt welche und wessen 
Menschenrechte, wenn jaehrlich tausende und abertausende Menschen an 
Europas Grenzen umgebracht werden. Die Rechtfertigung mit den 
Grundwerten versucht eben den Blick von diesen Tatsachen abzuwenden, 
es versucht nur die Realitaeten durch Fiktionalitaeten zu ersetzen. In 
diesem Sinne waeren diese Illusionisten, im Sinne von Meister der 
Verblendung, als erstes in die Realitaet zu integrieren.
Aber, was wir noch dazu lernen sollen, ist, dass die Argumente, die 
wir gegen die befehlenden Grundwerte hervorbringen, selber ein Teil 
des Spieles der Hochsprache sind. Eines Spieles, das sich auf der 
Herrschaftsebene abspielt. Die Hochsprache hat gegenueber den 
Beherrschten nur eine Ausrichtung, sie sollen beherrscht bleiben.
(Ljubomir Bratic, Austrian Network against Racism ANAR)
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