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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 17. Jaenner 2012; 23:41
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Steiermark/Prozesse:

> Antikapitalismus vor Gericht

Sebastian S., der ehem. Vorsitzende der SJ Bruck/Mur muss wegen eines
antikapitalistischen Liedtexts vor das Landesgericht Leoben.

Vergangenen Sommer postete Sebastian auf der Facebook-Seite eines
Freundes einen Rap-Text, in dem er seinen Unmut gegen die herrschenden
Verhaeltnisse zum Ausdruck brachte. In diesem Rap heisst es u.a.:""Die
Krise sie wird uns alle schnappen doch wir lassen uns nicht mehr
taeuschen durch die Politattrappen es wird Zeit aufzustehen auf die
Strasse zu gehen und ein jeder wird verstehen dass die Reichen bald
ihr Ende sehen.... Angesicht zu Angesicht werden sie geschlachtet und
ihre Gruende an Obdachlose verpachtet wir werden sie entmachten diese
Schweine wie sie ueber uns lachten doch ihren Reichtum werden wir uns
stehlen danach werden wir sie quaelen".

Die RFJ Kapfenberg vermutete in dem Gedicht den Strafbestand der
"Volksverhetzung", zeigte den Genossen an und eroeffnete eine
Kampagne, die anfangs nur auf rechtsextremen Homepages, nach HC
Straches Auftritt in den ORF-Sommergespraechen aber auch in den
Massenmedien gefuehrt wurde.

Dadurch begannen die Behoerden den Vorfall ernsthaft zu untersuchen.
Nach der Einvernahme durch die Kripo meinten die Beamten gegenueber
dem Angezeigten, dass "die Sache erledigt" sei.

Die Staatsanwaltschaft in Person von Anklaegerin Maria Sackl sieht das
anders. Schon nach der ersten Einvernahme aeusserte sie ihren Unmut,
"dass immer nur Rechte, nie aber Linke verurteilt wuerden". Der
Tatverdacht auf Volksverhetzung und Landzwang wurde mittlerweile
fallengelassen. Uebrig blieb § 282 StGB ("Aufforderung zu mit Strafe
bedrohten Handlungen", Strafrahmen bis zu 2 Jahren) vorgeladen.

Ein Vertreter der Gruppe "der funke" meint dazu: "Bei Sebastians Text
handelt sich um einen HipHop-Text (dessen Stil ist Geschmacksache wie
jener blutiger Opernstuecke ā la Macbeth), der aus marxistischer Sicht
politisch unkorrekt sein mag, aber im Sinne der kuenstlerischen
Freiheit gegen die Klassenjustiz verteidigt werden muss. Hier findet
ein Angriff auf die Jugendkultur des HipHop und der neuen
Kommunikationsformen wie Facebook statt. Unterhaltungen unter
FreundInnen auf Facebook sollen nun als ,Oeffentlichkeit' gelten und
strafrechtsrelevant gemacht werden. Die Freiheit des kuenstlerischen
Ausdrucks soll nur noch fuer Museen und Opern gelten." Und "der funke"
zitiert auch Bert Brecht: "In Erwaegung ihr hoert nur auf Kanonen,
andre Sprache koennt ihr nicht verstehn, muessen wir dann eben -- ja
das wird sich lohnen, die Kanonen auf euch drehn!" Inhaltlich ist das
kaum etwas anderes.

Der Prozess ist am 19.Jaenner.
(funke/akin)


Links:
http://www.derfunke.at/html/index.php?name=News&file=article&sid=1980
http://www.derfunke.at/html/index.php?name=News&file=article&sid=1899


NACHTRAG 19.1.:
Heute wurde Sebastian S. freigesprochen. Jetzt erst ueberlegt man sich
bei der SJ uebrigens, ob man das Sebastian im Vorfeld des Prozesses
auferlegte Funktionsverbot wieder aufheben sollte...



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