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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 21. Dezember 2011; 01:34
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Medien/Glosse:
> Die Jugend, der Ostblock und die Radikalen
Von Zeit zu Zeit ist es notwendig, sich ueber die
Mainstream-Berichterstattung in Oesterreich aufzuregen. Diese Woche
gab es wieder einmal genuegend Grund dazu:
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Diese heutige Jugend!
Wenn Vaclav Havel nicht gestorben waere, haette man in der
sonntaeglichen ORF-Sendung "Im Zentrum" statt ueber den Tod des
Politikers und die aktuelle Lage in Tschechien ueber "Party, Chillen,
Shoppen - Tickt so unsere Jugend?" diskutiert. Dank Havels Tod ist
also ein peinlicher Kelch an uns voruebergegangen, denn das Lamento
ueber "die heutige Jugend" blieb uns erspart.
Der Ausloeser fuer diese wieder einmal entflammte Debatte ist eine
Studie, die medial grosses Aufsehen erregte, wonach unsere Jugend sich
nicht mehr fuer Politik interessiere, rassistische und antisemitische
Tendenzen zeige und ansonsten sehr konservativ sei. Gelesen hat diese
Studie allerdings ausserhalb des "Instituts fuer
Jugendkulturforschung" kaum jemand, denn sie wurde erst vor ein paar
Tagen veroeffentlicht. Aber es reichte ein Beitrag im
ORF-Mittagsjournal um den Chor anzustimmen: "Diese heutige Jugend! Wir
damals..."
Eigentlich sollten wir, die wir nicht mehr Jugendliche sind, diesen
Chor kennen und wir sollten uns auch daran erinnern, wie wir diesen
Chor gehasst haben -- egal, ob wir heute 40, 60 oder 80 sind. "Als ich
so alt war wie du..." Ja, das hat einen doch total gefreut, so etwas
zu hoeren. Muss das jede Generation ueber sich ergehen lassen?
Natuerlich ist die Positionierung heute eine andere -- waehrend man
sich frueher eher aus einer konservativen bis reaktionaeren Warte aus
anhoeren durfte, dass man als junger Mensch nichts tauge, beschweren
sich heute -- dem Augenschein nach -- linksliberale
Sozialwissenschafter darueber, dass die heutige Jugend halt nicht mehr
aus lauter kleinen Dutschkes bestuende.
Aber war das frueher soviel anders? Schon vor dreieinhalb Jahrzehnten
jammerte Konstantin Wecker in seinem "Willy": "Heute denkens ja schon
mit 17 an die Rente!" War es nicht auch frueher nur eine jugendliche
Avantgarde, die die politische Szenerie aufmischte? Meine Eltern --
und wohl die Eltern der meisten meiner Generation -- waren, obwohl im
richtigen Alter, bestimmt keine "68er".
Sicher, die Ausdrucksformen haben sich zum Teil geaendert, aber das
sagt noch nichts ueber die politische Haltung und ueber den Willen zur
Veraenderung aus. Und ja, 1968 ging ein enormer Ruck durch die
Gesellschaft -- aber der resultierte wohl auch daraus, dass viele der
damals schon aelteren Mitmenschen ebenfalls etwas veraendern wollten.
Wenn man heute fragt: "Wo sind die Dutschkes?" muss man auch fragen:
"Wo sind die Adornos?"
Vor allem aber: Was war denn zwischen 1968 und heute? Ich war in den
fruehen 80ern ein Jugendlicher -- die Zahl jener Mitschueler, die
nicht konservativ waren, war ueberschaubar. Und trotzdem besetzte
diese Generation 1987 die Universitaeten. Genauso wie 2009 die heutige
Jugend das auch tat.
Ich habe natuerlich diese Studie auch nicht gelesen. Aber allein zu
hoeren, wie das Forschungsinstitut seine Studie ankuendigt, reicht
aus, das Schlimmste anzunehmen. Doch sozialwissenschaftliche Studien
sagen oft genug weniger ueber die beobachteten Objekte aus als ueber
diejenigen, die die Studie erstellt haben. Ab einem gewissen Alter
moechten viele Menschen einfach glauben, dass die heutige Jugend
nichts mehr tauge, egal, ob man das jetzt von einem linken oder einem
rechten Standpunkt aus sieht.
Es wird Zeit, dieses Muster zu durchbrechen.
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Der ukrainische Grubenhund
Die EM-Hundekiller in der Ukraine waren ja wochenlang der Schlager in
den dieversen Internetforen und Sozialen Netzwerken. Die Empoerung war
gross, denn die Behauptung die ukrainische Verwaltung liesse tausende
oder zigtausende Hunde grausam umbringen, nur um zur
Fussball-Europameisterschaft ein hundefreies Sportfest bieten zu
koennen, war wirklich ein Renner. Niemand fragte: Stimmt das
ueberhaupt? Schliesslich hatte man ja Bilder aus den Tiefen des
Internets und sogar Youtube-Videos, die so wirklich schockierten. Und
wer die Geschichte anzweifelte, konnte ja wohl nur ein Hundehasser
sein.
Irgendwann berichtete dann die deutsche ARD darueber. Dann "Der
Standard" -- allerdings zurueckhaltend und nur unter der Verwendung
offizieller Statements. Mit der ueblichen Verspaetung sprang dann aber
auch das bewaehrte Duo Krone-ORF auf diese Geschichte an --
selbstverstaendlich ohne jegliche Zurueckhaltung oder Skepsis. Denn
weder Skepsis oder Recherche ist da noetig. Schliesslich kann man das
durch Empoerung ersetzen. Zuerst verwendete Maggie Entenfellner, die
Tiertante der Kronenzeitung, diese Bilder. Schliesslich hechelte das
ORF-Magazin "Konkret" hinterher und brachte die Youtube-Videos. Die
FPOe war dann natuerlich auch gleich mit von der Partie und brachte
das Ganze ins Parlament.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte immer noch niemand mit echten Recherchen
begonnen. Der Medienbeobachtungsseite Kobuk.at und ihrem Publikum ist
es zu verdanken, dass die Geschichte als Riesenschwindel enttarnt
wurde. Die Bilder stammten unter anderem aus Bosnien, Mexiko und
Indien, waren schon einige Jahre alt und teilweise sogar gestellt.
Die eigentliche Peinlichkeit war aber die Reaktion von ORF und Krone.
Konkret brachte auf diese Entdeckung am 16.Dezember einen Beitrag,
dass man zwar peinlich beruehrt sei, dass man falsche Bilder verwendet
habe, aber betonend, dass man in der Sache doch recht gehabt haette.
Denn auch jetzt wollte man nicht zu recherchieren beginnen. Was man
zusammenbrachte, war ein kurzes Interview mit dem ukrainischen
Botschafter, der betonen durfte, dass die Hundetoetungen nicht
stattgefunden haetten und in der Ukraine auch verboten seien -- und
den Rest des Beitrags wurde hauptsaechlich mit Statements von
Entenfellner bestritten, die in Berufung auf andere Tierschuetzer
darauf beharrte, dass in der Ukraine streunende Hunde flaechendeckend
getoetet wuerden.
Es stimmt schon, die Ukraine hat ein Problem mit herrenlosen Hunden.
Und vielleicht gibt es auch so manche Stadtverwaltung, der die
Gesetzeslage egal ist. Aber die Aussagen von ukrainischen
Tierschuetzern aus zweiter Hand als Beweis hinzustellen ersetzt keine
serioese Recherche. Zweck dieser Konkret-Sendung war offensichtlich
nur, dass sich ORF und Krone (deren Tiertante mit "Tierzuliebe"
selbstverstaendlich auch eine eigene Sendung im ORF hat) gegenseitig
rehabilitieren wollten. Wenn man bedenkt, dass dies die beiden
Leitmedien in Oesterreich sind, kommt einem das Gruseln.
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Ignorante Demokraten
Unter science.orf.at gab es neulich -- man beachte das Fragezeichen --
die Schlagzeile "Ist Ignoranz wichtig fuer die Demokratie?" Ist
natuerlich ein recht fetziger Titel. Selbst Wissenschaftsjournalismus
muss heutzutage Ruecksicht auf die Aufmerksamkeitsoekonomie nehmen.
Der Artikel selbst ist leider nicht sehr fragend oder zweifelnd
formuliert. Es geht um gruppendynamische Entscheidungsfindung.
Grundlage der verhaltensforschenden Ueberlegung ist zuallererst einmal
nicht eine Untersuchung an Menschen, sondern an Fischen, "welche
aehnlich wie menschliche Gesellschaften manchmal kollektive
Entscheidungen treffen muessen" -- so der Artikel. Bei diesen
Experimenten kam folgendes heraus: "Gibt es ausschliesslich eine
Mehrheit mit einer bestimmten Praeferenz und eine Minderheit mit einer
deutlich ausgepraegten bzw. radikalen Ueberzeugung, setzt sich in der
Regel die kleinere Gruppe durch. Erst wenn eine dritte, gewissermassen
neutrale Fraktion dazu kommt, behaelt die Mehrheit die Oberhand. ...
Den Autoren zufolge kann die Ueberzeugungskraft von radikalen
Minderheiten sehr stark sein, sodass sie selbst Anhaenger der
Mehrheitsmeinung ins Schwanken bringen oder gar auf ihre Seite ziehen
koennen. Und diesen Einfluss koennen uninformierte bzw. ignorante
Individuen am besten abfedern, mehr oder weniger emotionslos richten
sie sich einfach nach der numerischen Mehrheit."
Einmal abgesehen davon, dass es ein alter Hut ist, dass sich
Uninformierte nach dem Common Sense richten und lieber bei der
Mehrheitsmeinung dabeisein wollen, um zu "den Siegern" zu gehoeren,
sollte man sich doch erwarten koennen, dass aufgeklaerte Journalisten
und Forscher kritisieren, dass eben dieser Common Sense durch eine
notwendige Masse an nuetzlichen Idioten aufrechterhalten wird und
dadurch die bestehenden Machtverhaeltnisse vor Erschuetterungen
geschuetzt werden. Aber nein, der obzitierte Titel deutet eher an,
dass diese Machterhaltung wichtig sei fuer die Demokratie und
gesichert werden muesste, dass eine Minderheit nicht allzuviel
Einfluss in der Gesellschaft bekommen und vielleicht zur Mehrheit
werden koennte. Eine seltsame Vorstellung von Demokratie ist das. Da
kann die Redaktion auch ein schamhaft gesetztes Fragezeichen nicht
mehr vor der Kritik retten.
*Bernhard Redl*
Links
Oe1-Mittagsjournal "Studie: Jugend von Neoliberalismus gepraegt"
http://oe1.orf.at/artikel/293113
Kobuk: "Wenn die Ukraine Hunde toetet, stirbt bei uns die Wahrheit"
http://www.kobuk.at/2011/12/wenn-die-ukraine-hunde-toetet-stirbt-bei-uns-die-wahrheit/
ORF-Konkret (wahrscheinlich nur noch bis 23.12. abrufbar):
http://tvthek.orf.at/programs/1336-Konkret/episodes/3323735-Konkret--Das-Servicemagazin
"Ist Ignoranz wichtig fuer die Demokratie?":
http://science.orf.at/stories/1691896/
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