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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 2. November 2011; 22:52
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Wien/Repression:

> "Ich glaube, meine Festnahme war eher Zufall"

*Tilman Ruster* ist Aktivist bei der Sozialistischen LinksPartei
(SLP). Im Rahmen der Proteste 2011 gegen den Ball des "Wiener
KorporationsRings (WKR)", einen Ball rechtsextremer, deutschnationaler
Burschenschaftler, wurde er festgenommen. Nun erwartet ihn ein
Strafverfahren. Am 8.November steht er vor Gericht. Auf der
SLP-Homepage schildert er das Geschehene:
*

Gemeinsam mit ca. 200 weiteren AntifaschistInnen demonstrierte ich von
der U6 Burggasse aus Richtung Innenstadt. Als wir auf der
Westbahnstrasse waren stuermten ploetzlich hunderte Polizisten in
voller Kampfmontur auf uns zu. Wie viele Andere auch versuchte ich vor
diesem Angriff in ein Lokal zu entkommen. Da packte mich ein Wega
Beamter und ich wurde heftig auf den Boden geworfen und von mehreren
Beamten niedergehalten. Obwohl ich vor Schmerz geschrien habe, haben
die nicht locker gelassen.

Die Polizei schirmte mich von fremden Blicken ab. Von da an wurde mir
staendig der Arm verdreht und mir wurde in die Waden getreten. Warum
ich festgenommen wurde sagte mir lange Niemand. Ich habe mehrmals nach
der mir zustehenden Vertrauensperson verlangt - vergeblich. Spaeter
wurde ich dann auf die Rossauer Laende in eine Zelle gebracht. Ich
musste mich fuer eine Durchsuchung ausziehen und alles was ich bei mir
hatte wurde mir abgenommen. Ich war mehrere Stunden alleine in der
Zelle - ich hatte die ganze Zeit das Gefuehl es geht darum, mich zu
demuetigen und fertig zu machen.

Zuerst hiess es ich haette an einer aufgeloesten Versammlung
teilgenommen, das waere eine Verwaltungsstrafe gewesen. Spaeter kam
die Polizei offenbar darauf, dass sie die Versammlung nie aufgeloest
hatte. Nach fuenf Stunden Haft wurde mir dann endlich beim Verhoer
gesagt ich haette einen Beamten "taetlich angegriffen", also einen
Polizisten vor die Brust gestossen. Ausserdem haette ich mich
gegenueber der Polizei "aggressiv verhalten", ich haette Demosprueche
gerufen und mit den Haenden gefuchtelt.

Ich glaube meine Festnahme war eher Zufall: Die Polizei hat versucht
die Kontrolle ueber die Situation zu bekommen und wollte vielleicht
die Leute in meiner Umgebung mit der Festnahme einschuechtern. Um mich
persoenlich ging es vermutlich gar nicht, sondern darum die Proteste
zu unterdruecken.

Die Hoechststrafe fuer den "taetlichen Angriff" sind sechs Monate
Haft. Moeglich ist aber auch eine Geldstrafe, da geht es bis ungefaehr
1000€ rauf, ausserdem waere ich vorbestraft. Das bleibt lange in den
Akten und kann in Zukunft grosse Probleme machen, z.B bei der
Jobsuche. Sollte ich von diesem Vorwurf freigesprochen werden greift
die Sache mit dem "aggressiven Verhalten". Da droht dann noch eine
Verwaltungsstrafe von bis zu ca. 250€.

Teuer ist aber vor allem die Verteidigung durch einen Anwalt. Der
Tarif liegt bei rund 400€ fuer 30 Minuten Verhandlung. Ich bin
Student - bitte woher soll ich das Geld nehmen? Finanzielle
Verfahrenshilfe wurde mir auch nicht gewaehrt, da beim Bezirksgericht
keine Verteidigungspflicht besteht. Ich hab das Gefuehl, dass hier
politische - speziell antifaschistische - Arbeit bestraft wird. Das
ist absurd. Nach Eigendefinition hat sich dieser Staat den
Antifaschismus zum Ziel gemacht. Bei jedem Anlass, wie der
Mauthausen-Befreiungsfeier oder dem November-Progrom-Gedenken wird das
betont. In der Praxis sieht das aber doch anders aus: da wird dann
brutal gegen die Anti-WKR Proteste vorgegangen.

Die Staatsanwaltschaft hat mir angeboten 40 Sozialstunden zu leisten.
Dazu waere dann noch die Verwaltungsstrafe gekommen. Selbst der mir
von der Staatsanwaltschaft vermittelte Vermittler von Sozialarbeit
meinte das sei sehr hoch bemessen - ausserdem ist dass ja auch so was
wie ein Schuldeingestaendnis. Ich habe aber nichts getan, als
friedlich gegen den WKR-Ball zu demonstrieren.

Das eigentlich Absurde an der Sache ist aber der Versuch mir
gemeinnuetzige Arbeit fuer mein antifaschistisches Engagement zu
verpassen. Tatsaechlich sehe ich meine politische Arbeit auch als
gemeinnuetzig, sonst wuerde ich sie nicht machen.
(gek.)


Quelle: http://www.slp.at/artikel+M52460e63325.html

*

Nachtrag 6.11.2011:
Demotermin:
Dienstag, 08.11.2011 10:00, Wien 8, Bezirksgericht Josefstadt (Florianig. 8) (Nähe U2 Rathaus)


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