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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 2. November 2011; 22:57
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Ueberwachung:

> Schwarzer Montag fuer Oesterreichs Bevoelkerung

Es wurde ein gigantisches Datenbankprojekt geschaffen, das in einem
Basisregister 100e Millionen Einzeldaten ueber die BuergerInnen
fuehrt. Seit 6 Jahren wird intensiv auf diesen Stichtag zugearbeitet,
viele dutzend Millionen Euro in diversen Ministerien und
Landesdienststellen fuer die Inventur aufgebraucht. Allein die
Statistik Austria verrechnet heuer 10 Millionen Euro.

Schon 2005 schwaermte die Bundesregierung in der Regierungsvorlage zum
Registerzaehlungsgesetz vom Inventurcharakter dieser faelschlich
bezeichneten "Zaehlung": "Gleichzeitig mit Volkszaehlungen werden in
einer Art Inventur die Grunddaten ueber die Bevoelkerung
(Erwerbsstatuts, Ausbildungsstand, Familiensituation) sowie die
Wohnsituation, die Arbeitstaetten und die Gebaeude- und
Wohnungssubstanz eines Landes erhoben und ausgewertet (Volkszaehlung
im weiten Sinn)." (1)

Eine Formulierung mit frappante Parallelen zur Stellungnahme eines
Herrn Direktor Burgdoerfer, Leiter des deutschen Statistischen
Reichsamtes, der von der "Durchfuehrung einer neuen Inventur des
deutschen Volkes und der deutschen Volkswirtschaft" sprach. Freilich
bezog er sich auf die deutsche Volkszaehlung 1933, diese wird populaer
als NS-Volkszaehlung bezeichnet (siehe auch 2).

Offener Brief an Landeshauptleute

Damit diese Generalinventur ueberhaupt moeglich ist muessen dutzende
Register und Dateien reorganisiert und zusammen gefuehrt werden. Unter
anderem auch Register der Bundeslaender. Die ARGE DATEN hat daher
einen offenen Brief an die Landeshauptleute gerichtet, in dem diese
aufgefordert werden, die Teilnahme an dieser bedenklichen
Datenzusammenfuehrung und Inventur zu verweigern (3).

Zumindest ein Ziel konnte jedoch das zweifelhafte
Registerzaehlungsgesetz erreichen: Die Debatte ueber Sinn und Unsinn
einer Generalinventur, die sowohl volkswirtschaftlich teuer, als auch
grundrechtlich bedenklich ist, konnte aus den Medien herausgehalten
werden. Das System der Personenkennzahlen ist so unklar und technisch
so komplex aufgebaut, dass nur wenige Spezialisten es verstehen und es
medial sehr schlecht zu transportieren ist.

Die ARGE DATEN hat in ihrer Beschwerde an die Datenschutzkommisison
auch die wichtigsten technischen Problempunkte zusammen gefasst (4).

Der Angriff auf die Privatsphaere der Buerger ist nicht mehr durch
aggressive "Volkszaehler" sichtbar, sondern erfolgt unsichtbar,
elektronisch, digital. Zumindest in diesem Punkt unterscheidet sich
die heutige Registerzaehlung vonder NS-Volkszaehlung aus 1933.

Kritik soll mundtot gemacht werden

Wie notwendig und berechtigt die Kritik am Registerzaehlungsgesetz ist
zeigen -- mittlerweile -- diverse Klagen von der Statistik Austria und
ihres Anwalts Korn, oftmals als ORF-Medienanwalt bezeichnet. Die
Statistik Austria versuchte mit einer Klage die Kritik an der
Volks-/Registerzaehlung zu unterbinden.

Zuletzt sollte die Berichterstattung sogar durch eine
Urheberrechtsklage (!!) unterbunden werden. Rechtsanwalt Korn -- fuer
den die Unschuldsvermutung gilt -- moechte die Klage der Statistik
Austria als urheberrechtlich geschuetztes Werk
sichern, den Zugang der Oeffentlichkeit und damit eine oeffentliche
Diskussion ihres Inhalts unterbinden.
(Arge Daten/bearb.)
*

Kasten:

> Aus dem Offenen Brief an die Landeshauptleute:

Die Grundrechtswidrigkeit ergibt sich aus vielfaeltigen Gruenden, die
an dieser Stelle nur beispielhaft aufgezaehlt werden:

- Personenbezogene Speicherung der Erhebungsdaten ueber den
Auswertungsstichtag hinaus (§ 6 Registerzaehlungsgesetz), die
EG-Verordnung verlangt als kleinste Auswertungseinheit nur Gemeinden,
meist jedoch groessere Einheiten, wie Regionen (NUTS 1) oder
Bundeslaender. Auch fuer Zwecke des Finanzausgleichs oder der
Bestimmung von Mandatsverteilungen ist die Gemeindeebene als hoechster
Detaillierungsgrad ausreichend.

- Jederzeitige Rueckfuehrbarkeit der Daten auf eine natuerliche Person
(§ 6 Abs 6 Registerzaehlungsgesetz).

- Erfassung zusaetzlicher Merkmale, als die EU-Verordnung vorgibt,
u.a. Ausbildungsart, -form und -fachrichtung sowie die genauen
Adressen der Bildungseinrichtungen saemtlicher Schueler und Studenten
(EU verlangt nur hoechste abgeschlossene Ausbildung)

- Ermittlung ob Praesenz- oder Zivildiener , ob Pensionist (nicht von
EU verlangt) Neben dem Erwerbsstatus (erwerbstaetig / nicht
erwerbstaetig) soll zusaetzlich erfasst werden ob eine Person in den
letzten 5 Jahren erwerbstaetig war bzw. welches zeitliche Ausmass eine
unselbststaendige Erwerbstaetigkeit in Anspruch nimmt (EU verlangt nur
erwerbstaetig / nicht erwerbstaetig.

- Ermaechtigung der Statistik Austria zur jederzeitigen Herstellung
eines Personenbezugs (es reichen dazu Zweifel an der Qualitaet der
Daten (§ 5 Registerzaehlungsgesetz).

- Unzureichende Determinierung wer tatsaechlich welche Registerdaten
erhaelt (siehe § 6 Abs 8 Registerzaehlungsgesetz)

- Entschluesselung und Verwendung der Sozialversicherungsnummer fuer
gesundheitsfremde Zwecke (§ 6 Abs 8 Registerzaehlungsgesetz).

Ergaenzend wird noch darauf hingewiesen, dass das
Registerzaehlungsgesetz nicht einmal ausreichende
Sicherheitsmassnahmen bei der Datenuebermittlung verpflichtend
vorschreibt.
*

(1) http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXII/I/I_01193/fname_051935.pdf
(2) ftp://ftp.freenet.at/pla/generalinventur-2011.pdf
(3) ftp://ftp.freenet.at/pla/lh-offenerbrief-inventur.pdf
(4) ftp://ftp.freenet.at/privacy/muster/musregdsk_2011.pdf



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