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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 11. Oktober 2011; 21:43
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Globaler Fruehling/Debatte
> Ein Posting macht noch keine Demo
Facebook ist eine tolle Sache - einmal abgesehen von der notwendigen
Kritik an einer kommerziellen Firma, die sich so verhaelt, wie sie
sich verhaelt, weil sie natuerlich mit ihrem Angebot Geld machen will.
Das Feine an Facebook und aehnlichen Diensten ist, das Web 2.0 bis an
die Grenzen seiner Moeglichkeiten auszureizen. Facebook ist quasi eine
konsequente Uebertreibung des WWW, das selbst schon eine Uebertreibung
der alten Internetdienste ist. Geruechte waren schon im Usenet und per
Massenemailverteiler leicht verbreitbar. Im klassischen "Web 1.0"
waren sie bereits bunter und daher eingaengiger. Aber immerhin
brauchte es da doch noch einen gewissen Aufwand, um etwas zu
verbreiten, und die Quellen waren eher nachzuvollziehen und oft genug
sogar ueberschaubar. Dazu kamen die ersten Blogs und um einigermassen
informiert zu sein, musste man sich durch diese durchkaempfen, den
Spreu vom Weizen trennen um sich dann auf einige wenige, gut
informierte Blogger verlassen zu koennen. Sicher, auch vor 10 Jahren
ist man erschlagen worden von der Fuelle, aber retrospektiv
betrachtet: Gegenueber Facebook, Twitter und Co. war das ja alles noch
direkt niedlich.
Chaos ist ja an sich was Gutes. Das Web 2.0 hat auch eine eingermassen
flache Hierarchie -- wer mehr Ressourcen hat, vor dem Computer zu
sitzen und zu posten, kann da zwar mehr unterbringen als die
diesbezueglich weniger oder gar nicht aktiven Mitmenschen, aber
immerhin ist das -- neben einigermassen schlauem Inhalt -- fast schon
die einzige Bedingung, die man erfuellen muss, um Gehoer zu erlangen.
Nur: Seit Beginn des "arabischen Fruehlings" tauchen speziell in
Facebook staendig neue Foren auf, die auch in Europa ein bisserl
Revolution machen wollen. Und die werden oft genug von noch eitleren
Menschen befuettert als das in der "klassischen" Blogosphaere der Fall
war. Da tauchen Leute auf, die, ohne sich mit nur irgendjemanden
abzusprechen, Kundgebungs-, Aktions- oder Demo-Termine ankuendigen.
Diese Leute sind alle so toll spontan, dass sie meinen, dass sie mit
dem Plazieren einer Kombi aus Ort, Zeitpunkt und irgendeinem Slogan
bereits eine Demo organisiert haben und sich daher nicht mehr wirklich
um das Organisieren kuemmern muessen -- und das hoechstens drei Tage
vor dem anvisierten Termin. Am naechsten Tag postet dann irgendein
anderer Irgendwer fuer den selben Aktionstag einen vollkommen anderen
Ort und Zeitpunkt, ohne auf den Vorgaenger einzugehen. Ein dritter
Irgendwer faengt dann eine Diskussion an, wo und wann denn das Ganze
denn nun stattfinden soll - worauf aber kaum jemand eingeht. Dann
reagiert doch noch jemand darauf und macht einen dritten Vorschlag --
allerdings natuerlich erst am Vorabend der Aktion. Hernach ist
Schweigen, weil der Aktionstag schon vorbei ist. Abgesehen davon waere
eh niemand gekommen, weil schliesslich und endlich diese
Facebook-Gruppe nur eine von vielen ist -- und von dementsprechend
wenigen Leuten ueberhaupt wahrgenommen wurde.
An sich waere das ja noch nicht so schlimm -- spinnen sich halt ein
paar Leute aus. Schadet das jemanden? Leider ja! Denn das Problem
dabei ist: Es herrscht totale Verwirrung, wer den jetzt wann wozu
aufruft und ob ein Aufruf mehr als nur ein Facebook-Geruecht ist. Eine
wohl vorbereitete Kundgebung inclusive polizeilicher Anmeldung,
organisiertem Demo-Material etc. kann da leicht untergehen. Abgesehen
davon werden, weil das Internet ja soooo schnell ist, die
Ankuendigungen und Planungen selbst bei einigermassen serioesen
Aufrufern immer kurzfristiger -- die Zeit, sich anzuschauen, wer da
wozu aufruft, ist nicht mehr vorhanden, auch die Einplanung in die
persoenlichen Terminkalender wird immer weniger moeglich. Es fetzen
die Termine und Schlagworte durchs Netz und selbst unsereiner, der ja
quasi professionell damit zu tun hat, ist nicht davor gefeit, einer
Ente aufzusitzen. Und ich glaube nicht, dass das alles die klandestin
arbeitenden Stapo ist, die Geruechte streut, um den Widerstand zu
schwaechen, ich schaetze eher, dass langsam die alten Traditionen
einer ordentlichen Demovorbereitung verloren gehen. Es scheint fast
so, als braeuchten wir das alles in unserer neuen, virtuellen Welt
nicht -- denn wir sind ja heute alle so spontan und flexibel...
Ja, es gibt fast schon ueberall auf der Welt aehnlich argumentierende
Demonstrationen und sie sehen von der Ferne betrachtet alle so spontan
aus. Allerdings moechte ich bezweifeln, dass sie allein durch ein paar
lustige Facebook-Postings initiert wurden. "Occupy Wall-Street"
beispielsweise war so gut vorbereitet, dass man auch in Europa bereits
drei Wochen vorher definitiv Zeit und Ort kannte -- das sieht nach
harter, konzertierter Vorbereitungsarbeit aus.
In Oesterreich ist zwar fuer den 15.Oktober wenigstens ein bisserl
ordentliche Vorbereitungsarbeit geleistet worden -- aber auch hier
wird schwer herumgewurstelt. Der Termin ist seit Monaten bekannt und
trotzdem ist seit knapp zwei Wochen erst einigermassen klar, dass es
in Wien ueberhaupt eine Demo geben wird. Und auch da herrscht
Verwirrung: Da gibt es einerseits Gewerkschaften und andere etablierte
Institutionen, die ueber die Plattform "Wege aus der Krise" in Wien
ein paar laeppische Strassenaktionen promoten und andererseits eine
Demo-Organisation "Vienna15o", deren Mobilisierung sich hauptsaechlich
in einer Facebook-Gruppe und einer wenig informativen Webseite
erschoepfen duerfte.
Vielleicht irre ich mich und in unserer modernen Zeit brauchen wir
keine Mobilisierungapparate mehr und auch keine langen Vorlaufzeiten.
Am Samstag wissen wir vielleicht Genaueres.
*Bernhard Redl*
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