**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 14. September 2011; 01:26
**********************************************************

Prozesse:

> Alles PKK oder was?

Ein alter Konflikt aus Zeiten der Wiener Integrationskonferenz brach
in der Wirtschaftskammer wieder auf
*

Tuelay Tuncel ist eine Vertreterin der jungen Generation
austrokurdischer Frauen. Zur Welt gekommen im tuerkisch beherrschten
Teil von Kurdistan, kam sie als Kind nach Oesterreich, das ihre Heimat
wurde.

Tuelay kaempft fuer die Menschenrechte und hat gemeinsam mit "Asyl in
Not" und anderen NGOs die Demonstration am 1. Mai 2009 zum Gedenken an
Marcus Omofuma ("Mord verjaehrt nicht") organisiert.

Damals war sie Vorstandsassistentin der Wiener Integrationskonferenz
(WIK); und zwar ehrenamtlich, da die Stadt Wien ihre ehemals bezahlte
Funktion nicht mehr finanzierte. Ursache fuer die Streichung der
Subvention war eine Intrige, die nun ein gerichtliches Nachspiel fand.

Schon als Tuelay sich um diese Stelle bewarb, intervenierte gegen sie
ein Herr Sami Akpinar, Funktionaer eines tuerkischen Vereins in Wien,
beim Vorsitzenden der Integrationskonferenz, Damien Agbogbe.

Diesen Akpinar hat Tuelay nun wegen Verleumdung geklagt und in erster
Instanz auf der ganzen Linie gesiegt.

Beim Prozess im Landesgericht fuer Zivilrechtssachen am 26. Mai 2011
sagte Damien Agbogbe aus, Akpinar habe ihm gegenueber allen Ernstes
behauptet, Tuelay sei Mitglied einer "terroristischen Organisation",
der PKK. Daher duerfe sie nicht angestellt werden!

Tuelay, die schon frueher integrationspolitische Funktionen
erfolgreich ausgeuebt hatte (so als stellvertretende Vorsitzende des
Auslaender-Integrationsbeirates der Stadt Linz und als
Integrationssprecherin der Jungen Generation in der SPOe), war aber
die bestqualifizierte Kandidatin.

Sie bekam daher den Job. Damien Agbogbe beugte sich nicht dem von
Herrn Akpinar ausgeuebten Druck. Damit begann ein erbitterter
Fraktionskampf, der zur Spaltung der Wiener Integrationskonferenz
fuehren sollte.

Es fanden Vorstandswahlen statt, bei denen Sami Akpinar mit einer
eigenen Liste gegen die (aus demokratisch gesinnten NGOs
verschiedenster ethnischer Herkunft zusammengesetzte) Liste von Damien
Agbogbe antrat.

Akpinar, der woertlich fuer eine "Saeuberung" der Wiener
Integrationskonferenz eintrat, verlor diese Wahl; Damien Abgogbe blieb
Vorsitzender.

Akpinar zeigte sich jedoch als schlechter Verlierer: Er weigerte sich,
die Gueltigkeit dieser Wahl anzuerkennen, beschuldigte die siegreiche
Liste des Wahlbetrugs und trat mit zahlreichen (ueberwiegend
tuerkisch-nationalen und/oder islamistischen) Vereinen aus der
Integrationskonferenz aus.

Es versteht sich von selbst, dass Herr Akpinar keinerlei Beweise fuer
Unregelmaessigkeiten bei dieser Wahl vorlegen konnte.

Aber der verbleibende Rest der Integrationskonferenz war durch die
Spaltung sehr geschwaecht; die Gemeinde Wien als Foerdergeber
behauptete, die WIK sei nicht mehr repraesentativ, und strich die
Subvention.

Tuelay fand einen anderen Job: Sie arbeitete als Trainerin in einem
Integrationsprojekt der Wiener Wirtschaftskammer. Doch auch hier
widerfuhr ihr der naemliche Sami Akpinar, mittlerweile ethnischer
Beauftragter der Wirtschaftskammer Wien. Dieser setzte sich massiv
fuer ihre Entlassung ein.

Das Projekt, in dem Tuelay arbeitete, wurde gestrichen.
Medienberichten zufolge hatte auch die tuerkische Botschaft in Wien
auf die Wirtschaftskammer Druck ausgeuebt ("Die Presse", 2.9.2011,
"News", 2.9.2011).

Diesmal klagte Tuelay. Beim Prozess am 26. Mai 2011 sagte auch die
seinerzeitige Projektleiterin der Wirtschaftskammer aus, Akpinar habe
bei ihr gegen Tuelay interveniert, und zwar mit derselben Begruendung
wie seinerzeit in der WIK: Tuelay sei Mitglied der PKK, einer
"terroristischen Organisation"!

Akpinar aber vollzog eine ueberraschende Kehrtwende und behauptete, er
habe das nie gesagt! Niemals habe er Tuelay der Mitgliedschaft in der
PKK oder sonst einer "terroristischen Organisation" beschuldigt.

Was die von ihm geplante "Saeuberung" betrifft, so habe er nicht
Tuelay persoenlich gemeint, sondern - einfach die Wiener
Integrationskonferenz!

Damit erweckte Akpinar im Publikum von ihm eher ungewollte Heiterkeit,
sodass die Richterin ihm riet, lieber still zu sein und seinen Anwalt
sprechen zu lassen.

Ich war als Beobachter bei diesem Prozess und gewann denselben
Eindruck, den offenbar auch die Richterin hatte:

Sami Akpinar, der die inkriminierten Aeusserungen beharrlich leugnete,
konnte die uebereinstimmenden, glaubhaften Aussagen der beiden Zeugen
nicht entkraeften. Somit hat er selber vor Gericht die Unwahrheit
gesagt.

Jetzt ist das Urteil ergangen: Sami Akpinar wurde wegen Verleumdung
verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskraeftig, es gilt die
Unschuldsvermutung.

Die politischen Konsequenzen werden aber schon jetzt zu ziehen sein.

Sami Akpinar hat die Wiener Integrationskonferenz gespalten, sodass
sie um ihre Foerderung kam; er hat Tuelay Tuncel (somit zumindest
indirekt - Anm. d. Red.) zweimal um Arbeitsplaetze gebracht.

Wir empfehlen daher unseren tuerkischen Mitbuergerinnen und
Mitbuergern, sich von diesem Herrn klar und deutlich abzugrenzen. Sie
haben einen solchen Repraesentanten nicht verdient.
*Michael Genner*



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero@gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.redaktion@gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin