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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 31. August 2011; 00:17
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Initiativen/Soziales/Kommentare:

> Stigmatisiert Wiener Tafel Arme als Stinker?!

Stopp der Vertafelung der Gesellschaft

Am 18.August uebernahm der Verein "Wiener Tafel" vom REWE-Konzern
10.000 Stueck Sets billiger Koerperpflegeprodukte aus dessen
Diskontlinie und will das als gutes Werk verkaufen. Angeblich koennten
Arme und Arbeitslose sich keine Koerperpflege leisten, wird
suggeriert, und dies bedeute, so "Wiener Tafel"-Obmann und
Sozialarbeiter Martin Haiderer, "nicht teilhaben koennen am
gesellschaftlichen Leben" und "kaum Chancen am Arbeitsmarkt" haben".

Damit uebernimmt die Wiener Tafel die neoliberale Ideologie der
Viktimisierung der Opfer des auf Wettbewerb und Profitmaximierung
gerichteten Wirtschaftssystems: Nicht die alleine in Wien fehlenden
ueber 100.000 Arbeitsplaetze waeren verantwortlich fuer die Armut,
sondern - salopp gesagt - die stinkenden Armen selbst. Auch nicht,
dass Wohnen immer teurer wird und viele Menschen entweder in
ueberbelegten Wohnungen leben oder sich keine Kategorie A Wohnung mit
zeitgemaessen sanitaeren Einrichtungen am "freien Markt" mehr leisten
koennen. Oder das Geld fuer die Reparatur der Therme oder fuer den
Einbau einer Dusche fehlt. Daran aendert sich aber Nullkommajosef wenn
die in den 220 Wiener Hilfseinrichtungen betreuten 10.000 Armen gerade
einmal ein Koerperpflegeset der billigsten Art bekommen.

Es ist zwar schoen fuer die oft paternalistisch agierenden
Hilfsorganisationen, wo die Armen auch nur rechtlose Bittsteller um
mildtaetige Gaben sind, wenn die laufenden Kosten der "Wiener Tafel"
gesenkt werden, eroeffnet den Armen aber keine echte Lebensperspektive
und schon gar nicht eine echte Teilhabe am stetig wachsenden Reichtum
der Gesellschaft.

Dass sich ausgerechnet jener Konzern mit der einmaligen Spende ins
Rampenlicht der Medien rueckt, der gerade erst vor Gericht wegen
systematischer zu niedriger Gehaltseinstufungen von KassierInnen nun
ein soziales Maentelchen umhaengen will, anstatt sein Personal endlich
ordentlich zu bezahlen, laesst auf einen billigen Marketinggag im
Sommerloch schliessen. Die Clever-Marketingleiterin will laut
Presseaussendung "mit dieser Schwerpunktaktion gemeinsam mit der
Wiener Tafel auf das aktuell brennende Thema aufmerksam machen." Die
aktuell stark gestiegenen Kosten fuer die taeglichen Lebensmittel, die
Miete und Betriebskosten - Oesterreich liegt mit einer Inflation von
3,5 % EU-weit an der Spitze - sind wohl eher die wirklich drueckenden
Probleme. Auch dass sich Arme - womoeglich mit Kindern! - keinen
Urlaub leisten koennen, wo sie sich auch einmal vom krank machenden
Ueberlebenskampf erholen koennten.

Den Gipfel der Frechheit ist der Aufruf an die Bevoelkerung,
Koerperpflegeprodukte und Waschmittel fuer Ar¬mutsbetroffene im
Einzelhandel zu kaufen und dann in den MyPlace-SelfStorage-Filialen
abzugeben. So wird den Menschen vorzugaukelt, eine kleine mildtaetige
Spende wuerde wirklich das Leben der von der herrschenden Wirtschaft
und Gesellschaft mutwillig ausgegrenzten Menschen nachhaltig
verbessern. Das erinnert uns in seiner Dreistigkeit und Sinnlosigkeit
nicht nur an das Winterhilfswerk der Deutschen Wehrmacht sondern
versinnbildlicht - auch wenn es von den Organisatoren der guten Tat so
nicht intendiert ist - das neoliberale Regime von "Sauberkeit, Ordnung
und Sicherheit" nur allzu deutlich. Nachdem die Bettler von der
Strasse vertrieben wurden, soll das schmutzige Gesicht der Armut ganz
aus dem Gesichtsfeld der medial geschoenten Werbe- und
Warengesellschaft verschwinden.

Tafeln spalten die Gesellschaft

Laut einer Studie der Caritas Nordrheinwestfahlen spalten Tafeln und
Sozialmaerkte die Gesellschaft, weil die auf mildtaetige Gaben
angewiesenen Menschen sich erst recht sozial ausgegrenzt fuehlen. So
wird das Feld fuer den weiteren Abbau des Sozialstaates und den
Rueckzug des Staates aus seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung
frei gemacht. Der politische Skandal, dass mitten in reichen
Gesellschaften, die angeblich Demokratien sein sollen, die Kluft
zwischen Reich und Arm waechst, was ja kein Naturgesetz ist, geraet so
zunehmend aus dem Blickfeld.

Das Menschenrecht auf einen angemessenen Lebensstandard wird von
freiwilligen Spenden abhaengig gemacht, statt dass endlich die
sozialen Menschenrechte in den Verfassungsrang erhoben werden. Die
repressive Mindestsicherung kann kaum als etwas anderes als Hartz IV
auf oesterreichisch gesehen werden. Denn sie erhoeht den Druck auf die
Armen, im Sinne des (neoliberalen) Arbeitszwangsregimes immer
schlechter bezahlte, prekaere (Teilzeit-)Arbeit anzunehmen. Hierber
schweigen sich die oftmals von der Politik und den Parteien
abhaengigen Hilfsorganisationen nobel aus.

Die Armen werden aber weiterhin passiv und unten gehalten. Eine
Politisierung und Widerstaendigkeit der Armen soll offenbar mit der an
das Mittelalter erinnernden paternalistischen Mildtaetigkeit
verhindert werden. Dass das auf Dauer nicht wirklich funktioniert,
zeigen aber die aktuellen Armenaufstaende in Grossbritannien, Spanien,
Portugal, Griechenland ...
(Aktive Arbeitslose/gek.)

Quelle und weitere Links:
http://www.aktive-arbeitslose.at/news/20110818_wiener_tafel_stinker.html



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