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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 31. August 2011; 00:13
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Prozesse:

> Polizeieinsatz gegen Grazer DemonstrantInnen rechtswidrig

UVS verurteilt flaechendeckende Kontrollen gegen NoWKR-AktivistInnen -
anonyme Denunziation begruendet keinen Tatverdacht.

Am 28.1.2011 blockierten Einsatzeinheiten einen Bus der OeH, mit dem
GrazerInnen nach Wien zu den Demonstrationen gegen den rechtsextremen
WKR-Ball fahren wollten. Alle TeilnehmerInnen wurden durchsucht, ihre
Namen aufgeschrieben.

Diese Massnahmen waeren nur gesetzlich gedeckt gewesen, wenn die
Betroffenen in Zusammenhang mit einem gefaehrlichen Angriff gestanden
waeren. Genau das war aber nicht der Fall, wie der UVS Steiermark mit
Bescheid vom Juli 2011 feststellte.

Im Zuge der Verhandlungen hatte die Polizei ein anonymes Mail
vorgelegt, in dem eine unbekannte Person angab, unbekannte
DemonstrantInnen haetten bei einem oeffentlichen Vorbereitungstreffen
Anschlaege mit "Sprengsaetzen" geplant.

Dem UVS reichte dieses Email nicht als Rechtfertigung: Es gebe keinen
Zusammenhang zwischen den BeschwerdefuehrerInnen und dem Inhalt des
Emails. Ausserdem habe die Behoerde selbst so agiert, als ob sie die
Ankuendigung im Email nicht ernst genommen haette.

Der Einsatz gegen den Bus diente somit keiner Gefahrenabwehr,
sondern - so der UVS - es ging der Polizei einzig um die Feststellung
der Identitaet der einzelnen AktivistInnen. Ein solches Handeln ist
aber durch das Gesetz nicht gedeckt. Eine flaechendeckende
Personalienfeststellung und Durchsuchung von TeilnehmerInnen einer
politischen Versammlung sei durch ein solches Email nicht zu
rechtfertigen.

Hoechst seltsam war auch die Art und Weise, in der das Email verfasst
worden ist, was auch dem Verwaltungssenat auffiel: Der Verfasser sei
nicht nur bemerkenswert rechtskundig, heisst es im Bescheid, sondern
sei auch "offensichtlich in Kenntnis der Organisation des
Polizeiwesens".

Ein Verfassungsschuetzer mit Erinnerungsluecken

Einen negativen Eindruck hinterliess die Aussage des jetzigen
Polizeidirektors und damaligen Leiters des steirischen
Verfassungsschutzes, Alexander Gaisch. Das zweite Argument der
Behoerde fuer den Polizeieinsatz war - neben dem Email - die
Beteiligung von SteirerInnen an frueheren Demonstrationen gegen den
WKR gewesen. Gaisch nannte angebliche Straftaten, konnte aber auf
Nachfrage nicht einmal angeben, ob sich die Betroffenen wirklich einer
Straftat schuldig gemacht hatten oder bloss nicht mehr rechtzeitig
aufgeloeste Kundgebungen verlassen konnten (was lediglich eine
Verwaltungsuebertretung darstellt). Ueber die BeschwerdefuehrerInnen
lagen ihm ueberhaupt keine konkreten Informationen vor. Befragt auf
den von ihm unterstellten Zusammenhang zwischen "Linksextremisten" und
den Busreisenden, verwies er bloss auf ungenannte Quellen und
Amtsgeheimnisse. Der UVS akzeptierte diese Argumentationen nicht:
Gaisch habe "haeufig Erinnerungsluecken" oder verweise auf Akten, die
nicht zur Verfuegung stehen, so der UVS. Ein konkreter Hinweis, der
eine flaechendeckende Kontrolle saemtlicher steirischer
TeilnehmerInnen rechtfertigen wuerde, sei aus dieser Einschaetzung
nicht abzuleiten.

Kritisch vermerkt der UVS auch, dass Gaisch offen heraus erklaerte,
dass es vor der Identitaetsfeststellung keinen Verdacht gegen die
AktivistInnen gab und er vielmehr erst die Namen benoetigt haette, um
einen solchen Verdacht eventuell zu belegen. Damit stellte er jedoch
das Gesetz auf den Kopf, welches erst bei Vorliegen eines konkreten
Verdachts eine Personalienfeststellung erlaubt.

Passt aufeinander auf...

Wieder einmal gelohnt hat sich die ausfuehrliche filmische
Dokumentation des Polizeieinsatzes durch die Betroffenen: Wesentliche
Argumentationen der BeschwerdefuehrerInnen konnten dadurch gestuetzt
werden. Mehrere Behauptungen der Polizei erwiesen sich hingegen als
falsch und als haltlose Legitimationsversuche.Im Bescheid des UVS
heisst es woertlich: "... sind diese Aussagen nicht nachvollziehbar und
durch das Filmmaterial eindeutig widerlegt."

(Mayday graz/bearb.)

Quelle:
http://maydaygraz.wordpress.com/texte-%C2%A0aussendungen/201107-uvs-graz-rechtswidrig-polizeieinsatz-gegen-grazer-demonstrantinnen/



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