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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 31. August 2011; 00:16
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Initiativen/Soziales/Kommentare:
> Ethnic Profiling beim AMS
Das AMS will sensible Daten von MigrantInnen, um diese mit
Zwangsmassnahmen zu begluecken
In der Pressekonferenz unter dem Titel "MigrantInnen am
oesterreichischen Arbeitsmarkt" praesentierten heute Sozialminister
Rudolf Hundstorfer und die beiden AMS-Vorstaende Herbert Buchinger und
Johannes Kopf ein paar Zahlen zu den doppelt so oft von
Arbeitslosigkeit betroffenen MigrantInnen, und nicht naeher
spezifierte Betreuungsangebot. So nebenbei wurde dann der vermutlich
eigentliche Grund der Pressekonferenz angesprochen: Um
Foerdermassnahmen besser auf MigrantInnen abzustimmen sei es
notwendig, Daten ueber die Ethnie von MigrantInnen zu erheben.
Laut Buchinger sind Daten ueber die ethnische Herkunft von
MigrantInnen im Datenschutzgesetz als besonders sensible Daten
geschuetzt und duerfen nur mit expliziter gesetzlicher Regelung vom
AMS erhoben und verarbeitet werden. Besonders wuerden Daten ueber die
zweite Generation der MigrantInnen fehlen. Da manche die Datenerhebung
als Stigmatisierung empfinden koennten, sei der Gesetzgeber gefordert,
dann sei es auch kein Problem die Daten ohne Zustimmung der
Betroffenen zu erheben.
Laut Kopf brauche das AMS eine Vollerhebung der ethnischen Daten aller
MigrantInnen um mit den Sozialpartner bis auf kleine Bezirksstaedte
die arbeitsmarktpolitischen Zielsetzeung zu bestimmen, wie viele
MigrantInnen z.B. in Zwettl zur Arbeitsaufnahme im Wege der vom AMS
gefoerderten Arbeitsverhaeltnisse vorgesehen werden. Die Daten sollen
automatisch vom Hauptverband der Sozialversicherungen geliefert
werden. Laut Buchinger zielen die Massnahmen dahin, die MigrantInnen
moeglichst rasch in Beschaeftigung zu bringen.
Hundstorfer rechtfertig das obrigkeitsstaatlich Vorgehen damit, dass
nur so speziell auf Gruppen geschaut werden koenne, wie es bereits bei
Frauen und Jugendlichen gemacht werde. Viele Probleme der MigrantInnen
seien keine sprachlichen Probleme sondern kulturelle Probleme. Daher
bringe er im Herbst einen entsprechenden Gesetzaenderungsvorschlag in
das Parlament ein.
Damit setzt das AMS die Zwangsmassnahmen gegen die Arbeit Suchenden
fort. Anstatt die ArbeitnehmerInnen zu fragen, was sie wollen, werden
wieder hinter verschlossenen Tueren Massnahmen ueber die Betroffenen
hinweg festgesetzt. Das Arbeitsmarktfoerderungsgesetz sieht aber vor,
dass die "aktive Arbeitsmarktpolitik" sich nach den Beduerfnissen der
einzelnen Menschen zu richten habe. Die ethnischen Daten - die alleine
noch keine grosse Aussagekraft haben - sollen daher als Rechtfertigung
fuer Massnahmen dienen, von denen vermutlich in erster Linie die oft
partei- und sozialpartnernahen Kurseinrichtungen profitieren.
Damit setzt der Sozialminister die menschenrechtswidrige und oft auch
gesetzeswidrige AMS-Planwirtschaft fort. Hundstorfer betonte in der
Pressekonferenz, MigrantInnen wuerden Oesterreichern keine
Arbeitsplaetze wegnehmen, weil sie jene Arbeiten machen wuerden, zu
denen kein Oesterreicher bereit sei. So soll anscheinend die
neoliberale Politik der Entwertung von Arbeit weiter von der Politik
gefoerdert werden. Anstatt die Arbeitsbedingungen - insbesondere die
Loehne - zu verbessern, damit auch die bereits 300.000 offiziell
Arbeit suchend gemeldeten Menschen (Dunkelziffer ca. 500.000) eine
passende Stelle finden, von der sie auch leben koennen, wird der Druck
auf MigrantInnen erhoeht, als Lohndruecker schlecht bezahlte Arbeit
ohne weiter Perspektiven anzunehmen und so die restlichen
ArbeitnehmerInnen unter Druck zu setzen. Im Grunde eine durchaus
rassistische Politik zur Steigerung der Gewinne der Unternehmen.
Letzten Endes werden die MigrantInnen durch die "segmentierten"
Programme des AMS wieder diskriminiert ...
(Aktive Arbeitslose/gek.)
Quelle:
http://www.aktive-arbeitslose.at/news/20110822_ams_hundstorfer_ethnic_profiling.html
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Hintergrund: Rechtslage
Nach der auch von Oesterreich ratifizierten und als Bundesgesetzblatt
355/1972 veroeffentlichten ILO-Uebereinkommen 122 (ILO = International
Labour Organisation der UNO) ist laut Artikel 1 Ziel der "Aktiven
Arbeitsmarktpolitik" dass "fuer alle Personen, die fuer eine Arbeit
zur Verfuegung stehen und Arbeit suchen, eine solche vorhanden ist"
und "dass die Wahl der Beschaeftigung frei ist und jeder Arbeitnehmer
alle Moeglichkeiten hat, die notwendige Befaehigung fuer eine ihm
zusagende Beschaeftigung zu erwerben und seine Fertigkeiten und
Anlagen bei dieser Beschaeftigung zu verwenden, und zwar ohne
Ruecksicht auf Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Glaubensbekenntnis,
politische Meinung, nationale Abstammung oder soziale Herkunft."
Weiters regelt Artikel 3: "sind Vertreter der Personen, die von den
beabsichtigten Massnahmen betroffen werden, und insbesondere Vertreter
der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in bezug auf die
Beschaeftigungspolitik anzuhoeren, damit deren Erfahrung und Meinung
volle Beruecksichtigung finden und damit ihre volle Mitarbeit bei der
Ausarbeitung dieser Politik und somit die Unterstuetzung dieser
Politik gesichert werden."
Text des Uebereinkommens:
http://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10008265
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