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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 20. April 2011; 01:04
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Buecher:
> Von Spinoza zu Marx
Ulrich Grober:
Die Entdeckung der Nachhaltigkeit.
Kulturgeschichte eines Begriffs.
Verlag Antje Kunstmann, Muenchen 2010.
299 Seiten. 22,50 Euro
Die atomare Katastrophe in Japan zeigt drastisch , was es mit der Maer
vom "billigen, sauberen und sicheren Atomstrom" auf sich hat. Wer
tiefer schuerfen will und fuer einen nachhaltigen Umgang mit der Natur
optiert, fuer den/ die ist das Buch von Ulrich Grober die ideale
Lektuere.
Insbesonders seit der fruehen Neuzeit ist die Ideologie des totalen
"Herr-Seins" ueber die Natur Kernelement buergerlichen Denkens.
Descartes spricht unverbluemt von "Herrn und Eigentuemer (!) der
Natur" (S.70).
Der Mainstream der aufstrebenden und in die ganze Welt expandierenden
Bourgeoisie sah in der Natur nichts als "Rohstoff" fuer ihre auf dem
Profitprinzip basierende Produktion. Die Vorratskammer der Natur wurde
und wird buchstaeblich ausgeraeumt bis zum Geht-nicht-mehr. Am Raubbau
des Holzes und dem Rueckgang / Verschwinden der Waelder wird dies
besonders deutlich.
Ulrich Grober schildert mit viel Detailwissen wie es zu den ersten
Gegenreaktionen kam - u.a in Venedig, Frankreich und England.
Geistig wird dabei insbesonders an Spinozas Pantheismus - "substanstia
sive natura sive deus", die Substanz ist gleich der Natur ist gleich
Gott - angeknuepft, ja auf Franz von Assisi und dessen
geschwisterlichen Umgang mit der Natur ("Bruder Sonne, Schwester
Mond") zurueckgegriffen. Bei ihm finden sich auch die ersten Vorformen
des Begriffs "Nachhaltigkeit" (S.43 ff).
Das nicht ausbeuterische Verhaeltnis zur Natur ist oft mit Gedanken
ueber nicht-ausbeuterische Gesellschaftsformen kombiniert -- etwa in
der "Ethik" Spinozas (S.74 f.)
Eine wichtige Rolle kommt John Evelyn zu. Sein Schluesselwerk "Sylvia"
(Wald) wird zum Bezugspunkt fuer viele.
Bei Hans Carl von Carlowitz 1713 taucht zum ersten Mal der Begriff
Nachhaltigkeit auf: "Conservation und Anbau des Holtzes, dass es eine
continuirliche und nachhaltende Nutzung gebe" ( S.116).
Allmaehlich verdichtet sich der Begriff, gewinnt an Farbe und
Konturen. Bei Herder, in der Weimarer Klassik und bei Alexander
Humboldt findet er die schoenste Ausgestaltung.
Ulrich Grober zitiert auch den Kardinalsatz von Marx aus dem
"Kapital": "Die kapitalistische Produktion entwickelt nun die Technik
und die Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem
sie zugleich die Springquellen allen Reichtums untergraebt: die Erde
und den Arbeiter" (S.186). Ein schoenes Beispiel, dass Marx und der
"Waermestrom des Marxismus" keiner "produktivistischen Ideologie"
anhingen und auf die Natur "vergassen".
Die Entdeckung der fossilen Brennstoffe verschaffte dem
kapitalistischen Produktions- und Konsummodell eine "energetische
Atempause" - wenn auch mit schlimmen Auswirkungen fuer Mensch und
Natur. Bereits 1930 (!) fand in Berlin eine "Weltenergiekonferenz"
teil, wo diese Entwicklung problematisiert wurde. Einer ihrer
Teilnehmer war niemand geringerer als Albert Einstein. Aus Anlass der
Konferenz mahnte der Nobelpreistraeger im "Berliner Tagblatt". "Die
fossilen Kohlen sind ein einmaliges Erbe, das uns zugefallen ist, und
sind der Erschoepfung ausgesetzt"( S.192).
Heute ist es voellig obsolet, den fossilen und nuklearen Energiestrang
weiterverfolgen zu wollen. Eine solare "kopernikanische Wende" ist -
bei Strafe des Untergangs fuer den Planeten - unerlaesslich.
Wenn eine - solidarische - Kritik an dem hervorragenden und mit viel
Liebe zum Thema geschriebenen Buch anzubringen ist, dann vielleicht
die, dass es zu positiv mit dem Brundtlandreport und seinem Konzept
der "sunstainanble development" verfaehrt (S.249ff).
Das Buch nimmt jedoch ebenso stark Bezug auf Evo Morales, die
globalisierungskritische Bewegung und zitiert explizit die Losung vom
Klima-Gegengipfel in Kopenhagen: "resist, mobilize, transform"(S.282).
Mein Tipp: jeder/jede, der nach Alternativen zum kapitalistischen
Energie-Schlammassel sucht wird in Ulrich Grobers Buch vielfach
fuendig.
*Hermann Dworczak*
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