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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 20. April 2011; 01:03
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buecher:

> enzensbergers monster: ein schrecklicher genuss

hans magnus enzensberger
sanftes monster bruessel oder
die entmuendigung europas
edition suhrkamp

hans magnus enzensberger bringt in seinem essay "sanftes monster
bruessel oder die entmuendigung europas" das bild einer chimaere, um
das monster bruessel zu beschreiben. eine ebensolche chimaere ist sein
essay: es ist ein mischwesen, dieser text, ein mischtext also.

ein text, den zu lesen ein wahrer genuss ist, da jeder satz, jeder
absatz spuerbar scharf ueberlegt und auf hart erarbeitetem wissen
ueber bruessel beruht und dieses wissen engagiert und sprachlich
pointiert vermitteln will.

ein text aber auch, der schrecken und grausen hinterlaesst, wenn
dieses uns immer mehr beherrschende monster nicht nur raum und zeit,
sondern im speziellen unserere demokratien frisst, ohne dass wirklich
ausreichend viele menschen etwas dagegen haetten, vermutlich weil sie
gar nicht realisieren, was ablaeuft.

da vermag es kaum zu troesten, wenn enzensberger die vermeintliche
gewaltlosigkeit des ungetuems beschreibt: "Hier wird nicht an einem
neuen Voelkergefaengnis gebaut, sondern an einer Besserungsanstalt, ..."
oder den unvermeidlichen untergang des monsters prophezeit: "Allen
Imperien der Geschichte bluehte nur eine begrenzte Halbwertszeit, bis
sie an ihrer Ueberdehnung und an ihren Widerspruechen gescheitert
sind."

doch troesten, beruhigen oder beschwichtigen will enzensberger ohnehin
nicht. er will genau das gegenteil. und er macht begreiflich, dass wir
es laengst nicht mehr mit einzelnen lobbyisten, politikerInnen,
beamtInnen oder kommissarInnen zu tun haben, sondern mit einem
entfesselten programm, das sich staendig ausweitet und immer mehr
macht zentralisiert, als selbstzweck und selbstlaeufer.

dass im namen eines gemeinsamen europas, das 500 millionen menschen
verbinden sollte, unaufhaltsam die verluste sozialisiert werden,
waehrend die gewinne privatisiert werden, und quasi in tateinheit die
demokratie mittels unscheinbaren dekreten und bestimmungen immer mehr
abgeschafft wird, sollte uns aufregen.

genauer hinsehen - das hat enzensberger getan. irgendwie muss das
monster gezaehmt werden, gestoppt werden, einmal spricht enzensberger
von einer "diaet", die sich das monster selbst verschreiben sollte.
jedenfalls schnell, darueber sind sich robert menasse (der im essay
zitiert wird) und hans magnus enzensberger einig.

bernhard jenny
http://bernhardjenny.wordpress.com



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