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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 13. April 2011; 04:59
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Moderne Zeiten/Demokratie:

> Aergerliches Volksbegehren

Nicht jede Kritik an "Big Brother" ist hilfreich

Da gibt es ein Volksbegehren mit einem durchaus wichtigen Ansatz. Es
geht um die beruechtigten RFID-Chips. Diese Funkchips werden heute
schon zur Identifikation von Waren oder Grossverpackungen verwendet
und auch zur Identifikation von Haustieren. Das nun anstehende
Volksbegehren befuerchtet, dass es bald soweit sein koennte, dass zum
Zwecke der Identifikation auch die Menschen verpflichtet werden
koennten, sich RFID-Chips einpflanzen zu lassen -- was eine
Rundumueberwachung ermoeglichen wuerde.

Dazu ist einiges zu sagen: Diese einfachen Chips koennen nur
ausgelesen werden, wenn sie in die Naehe eines Scanners kommen, sind
also, so lange die Welt nicht flaechendeckend mit solchen Scannern,
die noch dazu alle zentral vernetzt sein muessten, ausgestattet ist,
zur Suche oder zur Erstellung von Bewegungsbildern untauglich. Die
Kritik an diesen einfachen, passiven RFID-Chips, die aufgrund geringer
Reichweiten nur in Ausnahmefaellen ohne Zustimmung des Gechipten
auslesbar sind, verfaengt also unmittelbar einmal nicht. Allerdings
ist diese Rundumueberwachungsmoeglichkeit durch Handys und
Vorratsdatenspeicherung jetzt schon teilweise gegeben. Und schon vor
10 Jahren war ein Chip entwickelt worden, der mittels GPS selbst
senden konnte, wodurch eine Ueberwachung auch auf groessere Distanz
haette funktionieren koennen. Diese Chips aber, die vom
US-amerikanischen Anbieter ADS beispielsweise als Sicherung von
entfuehrungsgefaehrdeten Kindern oder verirrten Alzheimer-Patienten
angepriesen worden war, floppten gehoerig -- erstens, weil sie nicht
ganz so funktionierten wie angepriesen, zweitens, weil sie zu teuer
waren, und drittens, weil sie behoerdliche Genehmigungsverfahren nicht
ueberstanden. Genau so ein Implantat wird aber auf der Website des
Volksbegehrens abgebildet -- ein Geraet also, das so nicht in die
breitflaechige Verwendung kommen wird.

Kritik berechtigt...

Dennoch: Die Forschung an derartigen Chips geht weiter und die
Wahrscheinlichkeit, dass sie tatsaechlich bald aehnlich weitraeumig
ortbar wie Handys sind, ist ziemlich hoch. Bis dahin koennte es aber
auch passiert sein, dass die Akzeptanz der passiven RFID-Chips soweit
gediehen ist, dass auch aktiv sendende Chips mehrheitlich nicht mehr
abgelehnt werden. Von da bis zur Chip-Pflicht aehnlich der
Ausweispflicht ist es tatsaechlich nur ein kleiner Schritt. Und
natuerlich koennte auch ein nur auf kurze Distanz auslesbarer Chip,
sobald er allgemein ueblich ist, als zwingende Erfordernis fuer
Zutrittsberechtigungen oder den Zahlungsverkehr dienen -- da braeuchte
es dann tatsaechlich nur einen passiven Chip, um
Ueberwachungsmassnahmen zu ermoeglichen.

... aber bitte nicht so

Nur leider bringt das erwaehnte Volksbegehren all diese Moeglichkeiten
voellig durcheinander -- was wohl dazu fuehren wird, dass es ins
Weltverschwoerungseck getrieben werden wird. Und dieses Begehren hat
auch noch einen Namen, der fuer die Einschaetzung als "Spinner" sicher
sehr hilfreich sein duerfte: "Genozid-Vorbeuge-Volksbegehren"! Die
Betreiber koennen das zwar einigermassen begruenden, in dem sie vor
der "auf uns zukommenden Gefahr einer Totalkontrolle und einer damit
verbundenen Moeglichkeit der Ausgrenzung Andersdenkender, bis hin zu
einem Genozid (Voelkermord)" warnen, doch wird ein derartiger
Alarmismus oeffentlich kaum positiv verfangen.

Was aber das Schlimmste ist: Das Volksbegehren wird nicht von
serioesen ueberwachungskritischen Gruppen mit der notwendigen
technischen Expertise getragen, sondern von den Parteien "Neutrales
Freies Oesterreich" und "Die Christen" sowie der "Plattform Pro Leben
Anti-Gen-Technik" -- also Leuten, deren Weltbild eher reaktionaer ist
und die zum Teil auch schon die EU-Kritik desavouiert hatten.

Ja, wir brauchen Ueberwachungskritik und zwar dringend. Sonst sind wir
spaetestens in 20 Jahren wirklich alle gechipt. Aber diese Kritik muss
serioes und schlagkraeftig erfolgen und nicht so.
*Bernhard Redl*



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