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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 8. Maerz 2011; 22:00
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Moderne Zeiten/EU/Oesterreich:

> Vorratsdatenspeicherung -- worum es wirklich geht

Nach endlosem Zoegern und Zaudern wurde nunmehr das Gesetz zur
Vorratsdatenspeicherung im Ministerrat abgenickt. Verdachtsunabhaengig
soll aufgezeichnet werden, wer mit wem wie lange telefoniert, wer wem
eMails schreibt, wer sich ins Internet einwaehlt und von wo aus man
telefoniert.

Noch ist das Gesetz nicht beschlossen, noch koennen Parlamentarier
entscheiden, ob sie im Interesse der Buerger handeln wollen oder
Erfuellungsorgan einer zusehends paranoiden Exekutive werden.

Wird das Gesetz beschlossen, handelt es sich um die erste
praeventivstaatliche Massnahme die alle BuergerInnen unter
Kollektivverdacht stellt. In Zukunft wird sich jeder Buerger mit
"verdaechtigem" Kommunikationsverhalten freibeweisen muessen, nicht
doch - zumindest gedanklich - Teil organisierter krimineller Netzwerke
zu sein. Dazu bedarf es, wie der laufende Tierschuetzerprozess in
Wiener Neustadt zeigt, recht wenig.

Am 28.2.2011 beschaeftigte sich der Datenschutzrat zwar ausfuehrlich
mit der Vorratsdatenspeicherung, zu einer Stellungnahme konnte er sich
freilich nicht durchringen. Offenbar werden die Ueberwachungswuensche
der VP-dominierten Ministerien Justiz und Inneres durch zahlreiche
DSR-Mitglieder goutiert.

Wesentlicher Schritt zum Paranoiastaat

Das blosse gedankliche Billigen von fremden rechtswidrigen Taten
reicht und schon ist man Teil eines kriminellen Netzwerks. Verdaechtig
ist es z.B. viele kurze Telefonate mit Fremden zu haben (typisches
Telefoniermuster von Drogendealern) oder als Frau im Stundentakt
naechtens zu telefonieren (Gefahr der Geheimprostitution!).

Und - Hand aufs Herz - kann jemand wirklich die Hand fuer den
Pizzadienst ins Feuer legen, bei dem regelmaessig eine Bestellung
abgegeben wird? Wie beweist man, nichts mit den anderen Anrufern des
Pizzadienstes zu tun zu haben, wie, dass man nicht ebenfalls den
Dienst als konspirative Schaltstelle nutzte?

Echte Kriminelle oder sogar Terroristen koennen sich hingegen beruhigt
zuruecklehnen. Gesetzesentwurf und Technik lassen zahllose
Moeglichkeiten zu, ihr Kommunikationsverhalten zu verwischen.

Seit 2006 gibt es die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung,
laengstens seit 2009 haette Oesterreich die Richtlinie umzusetzen
gehabt, tatsaechlich hat sich jedoch Oesterreich jahrelang tot
gestellt und die Umsetzung verzoegert.Der Hauptgrund war die masslose
Datengier von BMJ und BMI. Die Kommunikationsdaten sollten nicht
Richtlinienkonform fuer Extremformen der Kriminalitaet, etwa
Terrorismus, Schlepperwesen oder internationalen Menschenhandel
herangezogen werden. BMI und BMJ wollen auf diese Daten nach
Gutduenken, immer wenn sie es fuer richtig erachten, zugreifen
koennen. Die bisherigen Bestimmungen der Strafprozessordnung (StPO),
die fuer die Ueberwachung konkrete Verdachtsmomente und eine
richterliche Bewilligung verlangen, werden als nicht ausreichend
erachtet.

Mailkorrespondenz der Staatsanwaltschaft entlarvt Datenwuensche von
BMJ und BMI

In einer sehr umfangreichen Mailkorrespondenz beklagen Staatsanwaelte,
dass durch das derzeitige Telekommunikationsgesetz die Ausforschung
des Internetverhaltens nicht nach Belieben moeglich ist.

Christian Walzi, Staatsanwalt: "Meine Frage: habt ihr in letzter Zeit
die gleichen Probleme gehabt und keine Auskuenfte bekommen? Sollte
dies naemlich gaengige Praxis bei den Providern werden, waere zur
Erhebung des Inhabers einer (dynamischen) IP-Adresse immer eine
TUe-Anordnung [Telekom-Ueberwachung, Anm.] noetig, die nur bei einer
ein Jahr uebersteigenden Strafdrohung moeglich ist. ... lg, Christian
"

Antwort von Staatsanwaeltin Carmen Prior: "In der Tat hat uns der OGH
in einer Entscheidung zu § 87 UrhRG ein 'Ei' gelegt, in dem er - so
wie auch der VfGH und der VwGH - mehr oder weniger eindeutig
ausgesprochen hat, dass die Bekanntgabe, zu welchem Zeitpunkt, welchem
Anschluss eine dynamische IP-Adresse zugewiesen war, nur durch
Verarbeitung von Verkehrsdaten erfolgen kann, welche dem Betreiber
jedoch verwehrt sei, weil ohne verrechnungstechnische oder sonst
betriebsnotwendige Gruende solche Verkehrsdaten unverzueglich zu
loeschen sind. ... Jedenfalls wuerde ich nochmals versuchen, durch
eine Anordnung der StA, die sich darauf stuetzt, dass es sich bloss um
Stammdaten handelt, zu den Daten zu gelangen, wobei dem Betreiber der
Nachweis oder Bescheinigung abzuverlangen waere, dass er die zur
Zuordnung notwendigen Daten tatsaechlich geloescht hat."

Doch die Staasanwaeltin sieht auch einen Hoffnungsschimmer und bezieht
sich offensichtlich auf die geplante Vorratsdatenspeicherung: "Im
Moment [2009, Anm.] stehen wir in harten Verhandlungen mit dem BMVIT,
die darauf abzielen fuer solche Auskuenfte [ueber Internetnutzung,
Anm.] eine korrespondierende Speicherverpflichtung zu schaffen; wie
rasch solche Verhandlungen zum Ergebnis fuehren, weisst Du ja aus
eigener Anschauung."

Endlich freier Zugriff auf Kommunikationsverhalten der Buerger

Mit der Enscheidung die Vorratsdatenspeicherung in der jetzigen Form
im Minsterrat zu beschliessen, wurde offensichtlich den Wuenschen der
Sicherheitsbehoerden entsprochen. Grundrechte und das
verfassungsstaatliche garantierte Recht der unbeobachteten
Kommunikation werden in Zukunft ausser Kraft gesetzt. Polizei und
Staatsanwaltschaft koennen bei beliebigen Verdachtsmomenten auf
Kommunikationsdaten zugreifen.

Fuer den Buerger wird aus der Unschuldsvermutung der Schuldverdacht.
Willkommen im Paranoiastaat!
(ARGE Daten/gek.)

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Quelle mit weiterfuehrenden Links:
http://www.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-ARGEDATEN&s=79564auj



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