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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 8. Maerz 2011; 22:05
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Deutschland:

> Sind Soldaten keine Moerder mehr?

Der Stellvertretende Landessprecher der Linken-Partei in Nordrhein-Westfalen
Thies Gleiss, wird von der Justiz wegen Soldatenbeleidigung verfolgt.

Die muendliche Hauptverhandlung im Strafverfahren gegen Thies Gleiss,
wurde vom Amtsgericht Tiergarten in Berlin auf den 29. Maerz
festgesetzt. Gleiss hatte Einspruch gegen einen Strafbefehl wegen
"Beleidigung anderer Personen" in Hoehe von Euro 5400,- plus
Verfahrenskosten eingelegt. Thies Gleiss hatte im Mai 2010 in der
Zeitung "Junge Welt" einen Artikel zu den Sondierungsgespraechen
zwischen SPD, Gruenen und Linke nach den Landtagswahlen in NRW
geschrieben. Dort stellte er eine kritisch-rhetorische Frage an die
Sondierungspartner:
"Zur nuechternen Betrachtung gehoert auch die simple Erkenntnis, dass
SPD und Gruene mit den Linke im Grunde auch gar nicht verhandeln
wollen. Wie anders ist es zu erklaeren, dass als erste Bedingung an
uns die hirnrissige Forderung erhoben wird, wir muessten unser
Verhaeltnis zur DDR klaeren. Sollen wir etwa mitspielen: An der
Berliner Mauer starben 136 Menschen eines gewaltsamen Todes, das ist
unmenschlich und verbrecherisch, aber in Afghanistan haben von SPD und
Gruene geschickte Moerdersoldaten schon deutlich mehr Menschen
umgebracht. Vielleicht sollten SPD und Gruene am ersten
Verhandlungstag erst einmal ihr Verhaeltnis zum Krieg klaeren - und
dann? Warten auf Godot?"
In dieser Frage an die die heutigen Regierungsparteien sehen
Staatsanwalt und Gericht eine Ehrverletzung der in Afghanistan
stationierten Bundeswehrsoldaten.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Auseinandersetzung in
Deutschland mit dem Tucholsky-Zitat "Soldaten sind Moerder". Dieses
Zitat wurde in der Friedensbewegung an Anfang der 1980er sehr populaer
und seine Verwendung fuehrte auch zu etlichen Gerichtsverfahren. 1994
entschied das Bundesverfassungsgericht im Fall eines Pazifisten, der
waehrend des Golfkrieges 1990/91 sein Auto mit drei Aufklebern
versehen hatte, darunter einer mit dem Tucholsky-Zitat. Das
Hoechstgericht hob ein Urteil des Amtsgerichts Krefeld auf, das den
Angeklagten zu einer Geldstrafe verurteilt hatte.

Damals allerdings hatte das Bundesverfassungsgericht unter anderem
damit argumentiert, dass "Moerder" nicht in seiner juristischen
Definition verstanden werden muesse, dass der Gesamtzusammenhang der
Aufkleber nicht ausreichend gewuerdigt worden sei und dass ein
spezieller Bezug zur Bundeswehr nicht bestehe. Letzterer ist aber in
diesem Falle aber eindeutig gegeben.
(Aussendung Linke-NRW, akin)


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