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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 9. Februar 2011; 02:38
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Debatten/Medien:
> Die Revolution der zwitschernden Muslimbrueder
Was sich in Aegypten derzeit abspielt? Einerseits wissen wir es alle
und andererseits haben wir keine Ahnung. Aber die Schlagzeilen
hierzulande sind recht spannend. Okay, das beruechtigte "Oesterreich"
macht es einem leicht, zu spotten. Fuer dieses Blatt berichtet Karl
Wendl, der Reporter aus allen Kriegen, wieder einmal aus der "Hoelle".
Diesmal ist es halt die "Hoelle in Aegypten". Wo Wendl hinfaehrt, ist
immer die Hoelle. Auch der Oesterreich-Aufmacher "Aegypten: Auslaender
werden totgepruegelt!" verdient Beachtung. Faellt jemandem auf, dass
so etwas in Oesterreich auch schon hie und da vorgekommen ist? Aber in
Aegypten sind halt wir Europaeer die Auslaender und da ist das dann
schon was ganz was anderes.
Auch ansonsten sind sehr seltsame Toene zu hoeren. Als erstes
natuerlich, wie schon in Tunesien, kommt die bange Frage nach der
Muslimbruderschaft. Ja, natuerlich, ist die Gefahr einer
theokratischen Machtuebernahme vorhanden -- nach dem Sturz des Schahs
im Iran hatte man ja auch nicht damit gerechnet. Nur: Die
Muslimbruderschaft duerfte in Aegypten zwar etwas staerker sein als in
Tunesien, ist aber weder die fuehrende Kraft der Proteste noch homogen
und geschlossen.
Ein wundervoller Blogbeitrag (englischsprachig, 1) ist dabei zu
erwaehnen: "Ein Leitfaden: Wie man es vermeidet, Dummes ueber Aegypten
zu sagen". Darin meint der Blogger zu seinen US-amerikanischen Lesern,
dass es etwas ungut anmutet, wenn man meint, man muesse vor
demokratischen Wahlen in Aegypten warnen, weil ja dann die Islamisten
an die Macht kommen koennten. "Stellt euch vor, die Welt wuerde das
ueber Amerika sagen. Die Tea Party beeintraechtigt die
Weltstabilitaet, so wie es schon mit der Bush-Regierung war. Wie
wuerdet ihr euch fuehlen, wenn andere dies als Grund anfuehrten, einen
Autokraten zu unterstuetzen, der alle Oppositionsparteien verbietet?"
Und selbst mit manchen seltsamen Formen positiver Ueberraschung hat
der Blogger meines Erachtens zu recht ein Problem: Denn das Erstaunen
darueber, dass da nicht alle Maenner mit Hadsch-Baerten oder alle
Frauen mit Kopftuch herumlaufen oder zumindest wie aus tausendundeiner
Nacht aussaehen, sage vor allem etwas ueber die Erstaunten aus, die
die Aegypter auf das Bild von "Jihadisten", "Ali Babas" oder
"Terroristen" reduzierten.
Ein anderer spannender Topos, den wir jetzt auch schon aus Tunesien
kennen, ist der Twitter-Hype. Ja, natuerlich wurde das Internet
mitgenutzt, um den Protest zu organisieren. Aber die Menschen haben
sich wohl auch gegenseitig beim Tee im Strassenlokal informiert --
doch niemand redet von einer "Tee-Revolution". Abgesehen davon haben
in Aegypten gerade mal 20% der Bevoelkerung Zugang zum Internet.
Weiters blockierte das Regime schon nach den ersten massiveren
Protesten Facebook und Twitter, kurze Zeit darauf wurden fast alle
Internetprovider abgeschaltet. Dann aber erst kamen die groessten
Demos in Kairo zustande...
Naja und selbst das mit der "Revolution" ist ein bisserl uebertrieben.
Eine grossartige Revolte, ja, aber Mubarak ist noch immer Praesident
und selbst sollte der 82-jaehrige noch vor September abtreten, stehen
die juengeren seiner Garde schon bereit, die Macht zu uebernehmen.
Momentan sehe ich keinen echten Systembruch, da also von "Revolution"
zu reden, ist wohl dann doch etwas verfrueht. Muss es um der
Schlagzeile willen unbedingt eine Revolution sein?
Die Welt ist kompliziert. Wir brauchen Erklaerungsmuster. Diese dann
aber mittels laut hinausposaunten Vereinfachungen schaffen zu wollen,
macht das Verstaendnis der Welt nicht einfacher.
*Bernhard Redl*
(1) https://sarthanapalos.wordpress.com/2011/01/31/a-guide-how-not-to-say-stupid-stuff-about-egypt/
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