**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 26. Jaenner 2011; 00:38
**********************************************************

Migration/Asyl/Polizei:

> Wieder Abschiebung per Sammelcharter

46 Personen wurden in der Nacht von 19. auf den 20. Jaenner bei einer
Frontex-Sammel-Abschiebung nach Nigeria abgeschoben. - Protestaktionen
und Polizeikessel.


Laut Innenministerium waren 11 EU-Staaten an der Aktion beteiligt,
zwoelf Menschen wurden aus Oesterreich abgeschoben, sagt BMI-Sprecher
Rudolf Gollia. Der Flieger "sammelte" an mehreren Flughaefen die
abzuschiebenden Personen ein, bevor er von Wien mit Zwischenstopp in
Malta nach Lagos, Nigeria flog.

Der Charterflug hob um 1:00 in der Nacht vom Flughafen Wien Schwechat
ab. Die zuvor in Wien in Schubhaft gefangenen Personen wurden bereits
um 15:00 Uhr abgeholt. Die Rechtsberaterin betreut zwei Spieler des FC
Sans Papiers, die sich unter den Abgeschobenen befanden.

Durch das Vorgehen der Polizei konnten ihre Klienten den fuer diesen
Tag anberaunten Rechtsberatungs-Termin nicht wahrnehmen, um einen
Antrag auf humanitaeren Aufenthalt zu stellen. Wollte die Polizei
dadurch verhindern, dass es im Zuge einer ausgerufenen
Spontandemonstration wieder zu Blockaden kommt, wie bei der versuchten
Abschiebung eines Spielers des FC Sans Papiers am 29. April 2010?

Menschenhandelsopfer, Brandanschlagsopfer, Fussballspieler

Mit an Bord der Sammelabschiebung waren auch jene Personen, deren
Schicksale in den letzten Tagen ueber zahlreiche Berichte in Medien
bekannt wurden:

Zum Beispiel wurde eine von Menschenhaendler_innen in Oesterreich zu
nicht freiwilliger Sexarbeit gezwungene 27-jaehrige Frau nach Nigeria
abgeschoben. Sie hatte es nach Jahren der Ausbeutung und Peinigung
gewagt, sich allen Drohungen zum Trotz hilfesuchend an die Polizei zu
wenden. Die Behoerden reagierten prompt - und schoben die Frau nach
Nigeria ab. Ein Verfahren ueber humanitaeres Bleiberecht bei der
zustaendigen Magistratsabteilung 35 ist im Laufen. Das Ergebnis wird
die Frau nicht mehr erfahren, womoeglich nicht mehr erleben. Die
Fremdenpolizei wartete auf keine Entscheidung, die Frau flog in der
Nacht auf den 20. Jaenner einer ungewissen Zukunft entgegen und hat
aufgrund der vor den oesterreichischen Behoerden getaetigten Aussagen
das Schlimmste zu befuerchten.

Ein Mittelfeldspieler und ein Stuermer des FC Sans Papiers, Tshika und
Carlos, konnten sich am Mittwoch gerade noch telefonisch von Di-Tutu
Bukasa, dem Obmann des Fussballklubs, verabschieden, als sie nach fast
zehn Jahren Aufenthalt in Oesterreich Hals ueber Kopf zum
Abschiebeflieger nach Nigeria gebracht wurden. Mittwoch wollte der
Verein Purple Sheep Antraege auf Erteilung einer
Niederlassungsbewilligung stellen. Kurz davor wurden die beiden in
Schubhaft genommen. Beide wurden nach Nigeria geflogen.

In einer Wohnung des Vereins Ute Bock im Meidlinger Kabelwerk konnte
sich ein Mann im letzten Moment durch einen Sprung aus dem Fenster der
polizeilichen Inschubhaftnahme entziehen. Er liegt nun mit
Wirbelsaeulenverletzungen im Krankenhaus. Die Fremdenpolizei ging aber
nicht mit leeren Haenden wieder fort, sondern nahm seinen Freund mit.
Der wurde in der Nacht auf den 20. Jaenner abgeschoben. Beide hatten
oesterreichischen Rassismus schon einmal hautnah erleben duerfen, als
2008 das Fluechtlingsheim in Klagenfurt/Celovec, in dem sie wohnten,
in Brand gesteckt worden war. Damals konnten sich beide durch einen
Sprung aus dem Fenster retten, berichtete der Blogger Bernhard Jenny.
An den Folgen litten beide immer noch. Nun musste einer von ihnen nach
Nigeria.

Spontandemonstration gegen Abschiebungen - von Polizei eingekesselt

Gegen diese und ueberhaupt alle Abschiebungen wurde Mittwoch am Abend
nach mehreren ueber Twitter und aehnliche Kanaele kursierten Aufrufen
in Wien demonstriert. Nur zirka 65 Personen waren gekommen. Als sie
sich nach einer Kundgebung vor dem Polizeianhaltezentrum Rossauer
Laende auf die Fahrbahn begaben, erklaerte die Polizei die Versammlung
fuer aufgeloest, weil sie den Verkehr behindere. Nach weiteren zehn
Minuten wurde die Demonstration Ecke Hoerlgasse/Liechtensteinstrasse
eingekesselt. Mehr als eine Stunde dauerte es, bis die Polizei die
Personalien aller Beteiligten und zufaellig in den Kessel geratener
Passant_innen aufgenommen hatte. Dazu wurden beide Strassen von der
Polizei fuer den gesamten Verkehr gesperrt. Festgenommen wurde
keine_r.
(no-racism.net/bearb.)

Quelle: http://no-racism.net/article/3642/



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero@gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero@gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin