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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 12. Jaenner 2011; 01:18
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Nachruf:
> Ludwig Raffelsberger 1922-2011
Vorweg: Der Rafferl war sehr liebevoll, das Gegenteil von geizig,
tolerant und ueberhaupt nicht nachtragend. Also man konnte auch einen
Konflikt mit ihm haben. Der wurde nach einer Aussprache total
geloescht.
Der Rafferl oder auch Wickerl wie ihn viele Freunde nannten, wurde
1922 geboren. Er wuchs bei Pflegeeltern auf, seinen Vater kannte er
nicht. Er wurde katholisch erzogen und war aktives Mitglied div.
katholischer Kinder und Jugendorganisationen. Er lernte Spengler.
Enttaeuscht und entsetzt darueber, dass es gegen den Einmarsch Hitlers
auch von Seiten der Kirche keinen Wiederstand gab und durch viele
Diskussionen mit einem Freund, wurde er Mitglied der KPOe.
Unter dem Vorwand, etwas fuer das Deutsche Reich leisten zu wollen,
meldeten sie sich freiwillig und schlugen vor, in einem
Ruestungsbetrieb zu arbeiten. So kam er ins Wr. Neustaedter
Flugzeugwerk (Hermann Goering-Werke). Dadurch kamen sie nicht an die
Front und hatten die Moeglichkeit, Widerstand zu leisten.
In dieser Gruppe waren auch Maedchen, unter anderem seine Freundin und
spaetere Frau Martha Ivanschitz.
Sie fertigten hauptsaechlich Flugblaetter fuer Wr. Neustadt an. Die
Maedchen lockten den Soldaten, die im Urlaub waren, die
Feldpostnummern heraus, dann schickten sie ihnen anonym diese
Flugblaetter oder die neuesten Nachrichten der sogenannten Feindsender
an die Front.
Rafferl hatte durch seine Arbeit die Moeglichkeit, Fehlerquellen in
die Flugzeuge einzubauen.
Von dieser Sabotage hat die GESTAPO nie etwas erfahren.
Am 1. Mai 1942 wurde er im Flugzeugwerk von der GESTAPO verhaftet.
Auch seine 2 Freunde der Gruppe wurden verhaftet. Es gelang ihnen,
sich nicht gegenseitig zu beschuldigen, nur das zuzugeben, was man
ihnen nachweisen konnte und die Maedchen in ihrer Gruppe ganz zu
verschweigen. Seine Freundin Martha wurde trotzdem verhaftet, weil sie
zur GESTAPO ging, um sich nach ihm zu erkundigen. Nach einem halben
Jahr wurde sie entlassen.
Durch mehrere glueckliche Umstaende und nicht zuletzt durch einige
anonyme Helfer, ich nenne sie "Bockerer", wurde er zu 10 Jahren
Zuchthaus verurteilt. Im Zuchthaus Ludwigsburg gab es auch eine
Widerstandsgruppe, der er sich anschloss und er hatte wieder bei der
Arbeit die Moeglichkeit zur Sabotage.
Nach der Befreiung kam er nach Wr. Neustadt zurueck heiratete "seine
Martha" und sie bekamen sehr bald eine Tochter, die Gisi. Nach dem
Krieg arbeitete er bis zu seiner Pensionierung bei der Oesterreichisch
sowjetischen Gesellschaft. Nach der Geburt seines Enkelsohnes, der ihm
neben seiner Frau und seiner Arbeit das Wichtigste war, konnte er mit
ihm, so hatte man den Eindruck, seine Kindheit und Jugend nachholen.
Als Martha und er in Pension gingen, uebersiedelten sie wieder von
Wien nach Wr. Neustadt zu ihren Jugendfreunden.
Er ging in Schulen als Zeitzeuge, war politisch weiter aktiv und
engagierte sich immer mehr beim KZ-Verband.
Nach dem Tod seiner Frau Martha unternahm er mit seiner Familie (Gisi,
Wickerl und Herbert) noch viele Reisen nach Kreta, wo er auch sehr
rasch beliebt war und auch noch viele Freunde fand.
Die letzten Jahre hatte er das Glueck eine neue Lebenspartnerin, die
Anni, zu finden und mit ihr noch einige glueckliche Jahre mit
Ausfluegen und Urlauben zu verbringen. Auch sie konnte er noch fuer
Kreta begeistern.
Die letzten 3 Jahre wohnte er im Pensionistenheim bei Anni, die sich
bis zum Schluss genau wie seine Tochter Gisi und sein Enkelsohn
Herbert um ihn liebevoll gekuemmert haben.
*Klaus Wickerl*
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