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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 15. Dezember 2010; 02:44
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Debatten:
> Was bringt Rot-Gruen in Wien?
Kritik aus der KPOe
"Arbeitsplaetze fuer die Menschen, Auftraege fuer die Wirtschaft und 
Ausbildung fuer die jungen Menschen" sind die Prioritaeten fuer Wien - 
so das Koalitionsabkommen von SPOe und Gruenen. Von bewusster 
Foerderung von Klein- und Kleinstunternehmen ist die Rede und von 
gezielter Aus- und Fortbildung der ArbeitnehmerInnen. Wie Haeupl und 
Vassilakou aber Arbeitslosigkeit konkret bekaempfen wollen, wie 
Loehne, die ein Leben in Wuerde ermoeglichen, durchgesetzt werden 
sollen, dazu findet sich im 77 Seiten starken Koalitionspapier kein 
Wort. Keine Rede von einer Arbeitszeitverkuerzung beim Magistrat der 
Stadt Wien, obwohl die Gemeinde mit ueber 70.000 Beschaeftigen der 
groesste Arbeitgeber in ganz Oesterreich ist. Keine Rede von "gleicher 
Lohn fuer gleichwertige Arbeit" bei der Gemeinde, obwohl im 
Magistratsbereich der Stadt Wien Frauen um rund 15 Prozent weniger 
verdienen als Maenner. Von einer Wiederaufnahme des sozialen Wohnbaus 
durch die Gemeinde selbst ist im Koalitionspakt ebenfalls keine Rede. 
Und dies obwohl laut serioesen Berechnungen in Wien jaehrlich 
mindestens 3.500 zusaetzliche Wohnungen gebaut werden muessten.
100 Euro Oeffi-Ticket hat sich in Luft aufgeloest
Die 100 Euro Jahreskarte fuer alle Oeffis - die zentrale 
verkehrspolitische Forderung der Gruenen im Wahlkampf - hat sich mit 
dem Eintritt in die Stadtregierung in Luft aufgeloest da dies, so der 
gruene Klubobmann David Ellensohn, "angesichts der leeren Kassen" 
nicht finanzierbar sei. Dass der Stadtwerke Konzern, zu welchem auch 
die Wiener Linien gehoeren, 2009 einen Bilanzgewinn von knapp 60 
Millionen Euro auswies, wird ignoriert. Und warum nicht einfach ueber 
eine Erhoehung der laecherlich geringen U-Bahn-Steuer (0,72 Euro pro 
Beschaeftigten und Woche) oder eine spezielle Wiener Reichensteuer, zu 
welcher keine Zustimmung der Bundesregierung notwendig ist, Geld fuer 
notwendige und sinnvolle verkehrs-, bildungs- und sozialpolitische 
Massnahmen lukriert wird, erklaeren Haeupl und Vassilakou nicht.
Sehr interessant sind auch die Ausfuehrungen zum Thema Klimaschutz. 
Doch die Recherche zeigt, dass die scheinbar ambitionierten 
Zielstellungen (Reduktion der Treibhausgasemissionen um 21 % pro Kopf 
bis 2020) einzig und allein dem im Dezember 2009 beschlossenen Wiener 
Klimaschutzprogramm (KliP II) entsprechen, welches damals von gruener 
Seite noch als voellig unzureichend kritisiert wurde.
"Wiener Werte" statt gleiche Rechte
Unklar ist, was es mit dem "Wiener Vertrag" ueber die "Wiener Werte" 
(sic!) auf sich hat, welchen die Stadt mit "Neuzuwanderern" 
abschliessen will. Das aktive und passive Wahlrecht fuer alle in Wien 
lebenden Menschen bleibt jedenfalls Zukunftsmusik, da Rot/Gruen 
lediglich Wuensche an die Bundesregierung formulieren wird. Wer aber 
auf die soziale und politische Gleichstellung aller in Oesterreich 
lebenden Menschen verzichtet, der wird den Rassismus, der sich 
natuerlich auch aus Alltagskonflikten speist, nicht zurueckdraengen 
koennen.
Loeblich ist die schon verkuendete Erhoehung der Mindestsicherung fuer 
Kinder um 69 Euro. Dass damit "alle Kinder und Jugendlichen faire 
Chancen auf eine gute Zukunft haben", wie Ellensohn meint, darf aber 
bezweifelt werden. Schade ist auf jeden Fall, dass von der allgemeinen 
Anhebung der auch von gruener Seite viel kritisierten Mindestsicherung 
keine Rede mehr ist. Und bedenklich ist, dass die neue Stadtregierung 
den Heizkostenzuschuss fuer sozial Beduerftige auf 100,- Euro gekuerzt 
hat, dies jedoch in alter SPOe-Tradition als "tolle Sache" 
darzustellen versucht. Die rot-gruene Begruendung: die 
Mindestsicherung decke auch die Heizkosten ab, beim Heizkostenzuschuss 
handle es sich um eine Zusatzleistung der Stadt. Fakt bleibt aber, 
dass damit rund 60.000 Haushalte 100,- Euro pro Jahr verlieren.
Der Rueckzieher beim Thema Wahlrechtsreform oder auch das rasche 
Nachgeben der Gruenen bzgl. Oeffnung der Gemeindebauten, welche von 
Vassilakou zum "Nebenschauplatz der Politik" erklaert wurde, 
vervollstaendigen vorerst das Bild. Unbestreitbar ist natuerlich, dass 
Koalitionen immer Kompromisse erfordern. Ueber die Schmerzgrenze, was 
die Zugestaendnisse betrifft, kann mann/frau natuerlich auch 
unterschiedlicher Meinung sein. Zugleich deutet aber schon jetzt 
vieles darauf hin, dass enttaeuscht werden wird, wer von der 
blassrot-gruenen Koalition in Wien einen grundlegenden Kurswechsel 
erwartet.
*Didi Zach, Landessprecher der KPOe-Wien*
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