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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 30. November 2010; 22:37
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Wirtschaft/EU:
> Krisenproteste aktuell
D: Berliner Protest gegen Sparpolitik
Deutschland, 26. November: Zeitgleich zu den Haushaltsberatungen im 
Bundestag protestieren in der Hauptstadt mehrere tausend Menschen 
gegen die Sparpolitik der schwarz-gelben Regierung. Aufgerufen hat das 
Buendnis "Wir zahlen nicht fuer eure Krise". Unterstuetzt wird der 
Protest von migrantischen Organisationen, Antifa-Gruppen, 
Arbeitsloseninitiativen sowie Gliederungen von DGB, ver.di und 
Linkspartei.
Laut Buendnis ziehen etwa 4.000 Menschen bei Schneeregen vom 
Brandenburger Tor zur Siegessaeule, die Polizei zaehlt halb so viele 
TeilnehmerInnen. Auf der Strasse des 17. Juni stoesst eine am 
Potsdamer Platz gestartete Demo aus 1.000 SchuelerInnen dazu und 
schliesst sich dem Protest gegen das Sparpaket an. Die 
OrganisatorInnen des Schulstreiks haben mit deutlich mehr 
TeilnehmerInnen gerechnet. Jedoch sei der Protest von den Schulen 
behindert worden, die zeitgleich Klausuren angesetzt haben.
Saemtliche Aktionen am Reichstag sind verboten worden, die 
angekuendigte Belagerung des Parlaments faellt aus. Alle Versuche, aus 
der Demonstration heraus ins Regierungsviertel vorzudringen, werden 
von der Polizei verhindert. Spaeter blockieren etwa 400 Menschen 
spontan die CDU-Zentrale.
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GR: Neue Proteste in Athen
Griechenland, 26. November: Seit fuenf Tagen streiken die Seeleute. 
Die Faehren zu den hunderten von Inseln des Landes liegen in den 
Haefen. Da der Transport zum Festland ausfaellt, bleiben die dortigen 
Baeuerinnen und Bauern auf ihren Erzeugnissen sitzen. Zugleich werden 
die Lebensmittel knapp. Waehrend die groesseren Inseln aus der Luft 
versorgt werden, haben die kleineren den Kontakt zum Festland 
verloren. Die kommunistisch orientierte Gewerkschaft der Matrosen, 
PNO, protestiert mit dem Ausstand gegen die Sparpolitik der Regierung. 
Die PNO fordert hoehere Loehne und droht mit der Fortfuehrung des 
Arbeitskampfes.
Nachdem in Athen schon seit Tagen die Muellabfuhr streikt, legen am 
25. November die Beschaeftigten im oeffentlichen Nahverkehr fuer drei 
Stunden die Arbeit nieder. Mittags demonstrieren zeitgleich zu den 
Gewerkschaftern auch Studierende im Zentrum der Hauptstadt. Am 15. 
Dezember soll erneut ein Generalstreik stattfinden.
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UK: Zweiter grosser Studierendenprotest
Grossbritannien, 24. November: Zehntausende SchuelerInnen und 
Studierende demonstrieren erneut gegen die geplante Erhoehung der 
Studiengebuehren. Bei Protesten im ganzen Land wenden sie sich auch 
gegen das Sparpaket der liberal-konservativen Regierung.
Im Londoner Regierungsviertel kesselt die Polizei etwa 5.000 
DemonstrantInnen fuer mehrere Stunden ein. Zuvor haben Studierende 
versucht, Absperrungen zu ueberwinden und dabei auch ein 
Einsatzfahrzeug angegriffen und mit Graffiti versehen. In der Umgebung 
gehen mehrere Scheiben zu Bruch, auf der Strasse werden Feuer 
entzuendet.
Demonstriert wird auch in Manchester und Brighton, wo laut BBC jeweils 
etwa 3.000 Menschen auf die Strasse gehen, sowie in Liverpool. Dort 
protestieren mehr als 2.000 Studierende, 300 von ihnen blockieren drei 
Hauptverkehrsstrassen im Stadtzentrum. In Winchester, Cambridge, Leeds 
und London verlassen SchuelerInnen den Unterricht und gehen auf die 
Strasse.. An mindestens zwoelf Universitaeten kommt es zu Besetzungen.
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P: Historischer Streik
Portugal, 24. November: Ein Generalstreik laehmt das Land. Die beiden 
grossen Gewerkschaften haben erstmals seit 22 Jahren gemeinsam zum 
allgemeinen Ausstand aufgerufen. Die kommunistisch orientierte CGTP 
und die den SozialistInnen nahe stehende UGT eint die Kritik am harten 
Sparkurs der Regierung. Das Minderheitskabinett um den sozialistischen 
Premier José Sócrates will nicht zuletzt die Gehaelter der 
Staatsbediensteten um bis zu zehn Prozent kuerzen und die 
Mehrwertsteuer von 21 auf 23 Prozent erhoehen.
Laut den Gewerkschaften legen im oeffentlichen Dienst bis zu 90 
Prozent der Beschaeftigten die Arbeit nieder. Schulen bleiben 
geschlossen, in den Haefen ruht die Arbeit, zahlreiche Fluege werden 
annulliert. Am Vormittag fallen etwa 80 Prozent des oeffentlichen 
Nahverkehrs aus. Stark betroffen ist auch der Privatsektor. In den 
Autofabriken etwa treten bis zu 90 Prozent der Beschaeftigten in den 
Ausstand, so im Volkswagen-Werk bei Lissabon. Der CGTP zufolge 
beteiligen sich im ganzen Land 85 Prozent der Beschaeftigten am 
Generalstreik. Drei Millionen Menschen seien in den Ausstand getreten. 
Joao Proença, Generalsekretaer der UGT, spricht vom bisher "groessten 
Streik". Waehrend die Gewerkschaften auf Demonstrationen verzichten, 
gehen am Abend in Lissabon prekaer Beschaeftigte aus dem Kulturbereich 
auf die Strasse.
Wie zuletzt auch in Spanien und Frankreich beginnt die portugiesische 
Regierung einen Krieg der Zahlen. Sie beziffert die Streikbeteiligung 
im oeffentlichen Dienst auf magere 19,4 Prozent. Am Rande eines 
Ministertreffens in Bruessel kommentiert Wirtschaftsminister Vieira da 
Silva sogar: "Objektiv war das kein Generalstreik, es war ein 
partieller Streik".
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F: Schluss nach der neunten Runde
Frankreich, 23. November: Ein erneuter Aktionstag gegen die 
Rentenreform endet mit schwacher Beteiligung. Laut Innenministerium 
gehen bei 153 Demonstrationen in ganz Frankreich 52.000 Menschen auf 
die Strasse. Die vorangegangenen acht Protesttage sind mit bis zu 3,5 
Millionen TeilnehmerInnen deutlich groesser ausgefallen. Die Reform 
ist seit dem 10. November offiziell in Kraft.
Einige Gewerkschaften beteiligen sich diesmal nicht am Aktionstag, 
darunter die Force Ouvrière. Ihr Generalsekretaer Jean-Claude Mailly 
bemaengelt, man habe "nicht alles getan, was moeglich war", um die 
Reform zu verhindern. Zwischen dem 12. und 19. Oktober haetten die 
Streiks verschaerft werden muessen, so Mailly. Ein gemeinsamer 
24stuendiger Ausstand von oeffentlichem und privatem Sektor haette zu 
diesem Zeitpunkt eine erhebliche Wirkung entfalten koennen.
Schon beim achten Aktionstag am 6. November, nach der Verabschiedung 
im Parlament aber vor dem endgueltigen Inkrafttreten der Reform, ist 
der Protest schwaecher ausgefallen als zuvor. Laut Gewerkschaften 
haben im ganzen Land 1,2 Millionen Menschen demonstriert und damit 
deutlich weniger als in den Wochen zuvor.
Unterdessen hat Praesident Nicolas Sarkozy die Regierung umgebildet. 
Die Massnahme ist lang erwartet worden, gilt aber auch als Reaktion 
auf die massiven sozialen Auseinandersetzungen um die Rente. Der fuer 
die Reform zustaendige Minister Eric Woerth, ohnehin wegen einer 
Parteispendenaffaere belastet, gehoert dem neuen Kabinett nicht mehr 
an.
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Die Krisenptotestnachrichten entstammen wieder dem Blog von Steffen 
Vogel, freier Journalist aus Berlin. Vogel berichtet laufend ueber die 
Proteste gegen die Krisenmassnahmen der europaeischen Regierungen.
http://krisenzeiten.wordpress.com
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