**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 24. November 2010; 03:34
**********************************************************
Prozesse:
> Urteile im Fekterdemo-Prozess teilweise aufgehoben
Sensibel ist der Metallscanner, der den Zutritt zum Salzburger 
Landesgericht muehsam macht. Wegen jener Kleinigkeit schlaegt er 
Alarm. Die Polizisten am Eingang sind weniger sensibel. Von den 
Beamten wird man behandelt, als waere man ein Bittsteller. Befehle 
werden herausgeblafft und mit den Worten "Aber flott!" garniert. Man 
weiss, wo man ist, die Unschuldsvermutung gilt hier nicht mal fuer 
Gerichtskiebitze.
Es steht die Berufungsverhandlung gegen jene beiden Brueder an, die 
bei der Antifekterdemo im Jaenner 2010 vor dem Wifi in Salzburg 
festgenommen worden waren -- wegen Widerstands und Koerperverletzung. 
(s. akin 2/2010). Maria Fekter hatte gleich nach der 
Auseinandersetzung klar gemacht, wie ein allfaelliges Urteil 
auszufallen habe, in dem sie die Polizisten, die sie "beschuetzt" 
haetten, oeffentlich belobigte.
Im Erstverfahren fassten die beiden Beschuldigten dann auch ordentlich 
aus. Beim Erstbeschuldigten kam noch dazu, dass er kurz nach der 
heftigen Beamtshandlung in Salzburg in eine Razzia in einer Linzer 
Disco gekommen war und reflexhaft fluechtete. Sein Fehler: Er stellte 
sich nachtraeglich der Polizei und nannte seinen Namen -- wodurch ihm 
seine kurzfristige Flucht als Wiederholungstat von der Erstrichterin 
ausgelegt werden konnte. Urteil damals: 9 Monate, davon eines 
unbedingt. Sein Bruder bekam 6 Monate bedingt. (s. akin 15/2010)
Die Staatsanwaltschaft war nicht zufrieden und berief wegen der 
Strafhoehe -- zugunsten der Beklagten. Ein Vorgang, so selten, dass 
kaum jemand nicht einschlaegig Geschaedigter gewusst hatte, dass das 
ueberhaupt moeglich ist. Auch die Verteidigung wollte das Urteil nicht 
akzeptieren, bestritt aber auch generell die Schuld der beiden.
Im Verfahren vor den Richtern des Oberlandesgerichts beruft sich 
Rechtsanwaeltin Haller auch darauf, dass im Erstverfahren saemtliche 
Entlastungszeugen als unglaubwuerdig angesehen worden waren, waehrend 
den Polizisten uneingeschraenkt Glauben geschenkt worden war. Sie 
deutet auch an, dass es sich hier um ein Politurteil handeln koennte, 
weil der Protest gegen die Innenministerin kriminalisiert werden 
sollte. Im Detail der angeblichen Koerperverletzung betonte sie noch 
einmal, dass auch die Polizisten nicht eindeutig bemerkt haben 
wollten, dass einer der Beschuldigten fuer seine Kniewunde 
verantwortlich gewesen sei -- nicht einmal der Verletzte selbst konnte 
das mit Sicherheit behaupten. Das Gericht habe dies lediglich aus den 
allgemeinen Umstaenden der tumultartigen Szene geschlossen. Haller 
wundert sich auch darueber, dass im Laufe des Verfahrens aus der 
urspruenglichen zweitaegigen Dienstunfaehigkeit des verletzten 
Polizisten letztendlich drei Wochen wurden.
Nach einer halben Stunde Beratung des dreikoepfigen Senats verkuendet 
der Vorsitzende so chaotisch und nuschelnd das Urteil, dass erst nach 
Prozessende und laengeren Debatten des Auditoriums und Befragung der 
Anwaeltin einigermassen klar wird, wie das Ergebnis der Verhandlung 
nun aussieht: Das Urteil gegen den Erstbeschuldigten wird teilweise 
aufgehoben -- die Koerperverletzung muss in erster Instanz neu 
verhandelt werden. Erst danach kann es zu einer neuerlichen 
Strafbemessung kommen. Bestaetigt wird aber der Vorwurf wegen 
Widerstands gegen die Staatsgewalt. Das erstinstanzliche Urteil gegen 
den Bruder wird inhaltlich bestaetigt, aber die Strafhoehe auf 3 
Monate bedingt halbiert. Eine vielleicht noch moegliche weitergehenden 
Herabsetzung oder die Umwandlung in eine Geldstrafe will das Gericht 
in Berufung auf generalpraeventive Gruende aber nicht gewaehren. Wie 
dieses Urteil nun im Detail zu verstehen ist, bleibt aber momentan 
trotzdem etwas unklar. Man wird auf die schriftliche Ausfertigung 
warten muessen. Und dann geht fuer den einen der beiden Brueder die 
ganze Gerichtsgeschichte wieder von vorne los.
*Bernhard Redl*
***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der 
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd 
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe 
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit 
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der 
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem 
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige 
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement 
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den 
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin