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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 24. November 2010; 03:36
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Prozesse:
> Stocker erneut gegen Mayday
Kritik an Geschichtsfaelschung verboten?
Ein Autor faelscht ein Zitat und stellt dadurch die Gaskammer im KZ 
Mauthausen als Schwindel dar. Antifa-AktivistInnen bezeichnen ein 
solches Vorgehen oeffentlich als "Geschichtsluege". Mittels einer 
Klage will der Stocker Verlag nun diese Kritik verbieten lassen.
Seit 2005 hat der Grazer Leopold Stocker Verlag bereits drei Prozesse 
mit insgesamt vier Klagen gegen Mayday Graz wegen kritischer 
Veroeffentlichungen gefuehrt. Alle Klagen wurden nacheinander 
abgewiesen: Die Gerichte urteilten z.B., dass es ein zulaessiges 
Werturteil sei, das "Familienunternehmen Stocker" als "im Dienst des 
Rechtsextremismus" zu bezeichnen.
Jetzt hat Geschaeftsfuehrer Wolfgang Dvorak-Stocker erneut zwei Klagen 
mit einem Streitwert von je 36 000 Euro gegen eine Aktivistin von 
Mayday eingebracht. Ursache fuer die neuen Klagen ist die Broschuere 
"Das Herz am rechten Fleck. Der Leopold Stocker Verlag und die 
rechtsextreme Szene", die Mayday zusammen mit anderen 
AntifaschistInnen herausgegeben und im Juli bei Infostaenden in Graz 
aufgelegt hatte.
Moeglich wurden die jetzigen Prozesse durch die Buchhandlung Moser: Um 
moeglichst viele PassantInnen, die sich grundsaetzlich fuer Buecher 
interessieren, zu erreichen, hatten diese Infostaende u.a. neben dem 
Geschaeft stattgefunden. MitarbeiterInnen hatten die AktivistInnen 
fotografiert und Moser schickte diese Fotos dem Stocker Verlag. Der 
Verlag klagte daraufhin eine ihm namentlich bekannte Teilnehmerin.
Ein Absatz der Broschuere "Das Herz am rechten Fleck" widmet sich dem 
Buch "Das Ende der Tabus" von Rudolf Czernin, einer Sammlung 
geschichtsrevisionistischer Absurditaeten und Relativierungen: So 
meinte der Autor, der deutsche Einmarsch 1938 sei nur erfolgt, weil 
Hitler im Gegensatz zu Schuschnigg eine wirkliche "freie und geheime 
Volksabstimmung" ueber den Anschluss verlangt habe. Zur Zahl der 
juedischen Opfer unter dem NS-Regime schrieb Czernin: "... laesst die 
Vermutung zu, dass es sich bei den 6 Millionen [...] um eine Zahl der 
Sowjetpropaganda gehandelt hat". Skrupellos verfaelschte Czernin 
Zitate und Quellen, um die Existenz eines Vernichtungsplans gegenueber 
der juedischen Bevoelkerung zu leugnen, "juedischen Weltbanken" 
Mitschuld am Tod von Juden und Juedinnen zu unterstellen und die 
Existenz von Gaskammern auf Reichsgebiet zu bezweifeln.
Mayday Graz hatte in Zusammenhang mit diesem Buch den Begriff 
"Geschichtsluege" verwendet. Nun klagt Geschaeftsfuehrer Wolfgang 
Dvorak-Stocker wegen des Vorwurfs der "Geschichtsluege" auf 
Unterlassung und Widerruf.
Die zweite Klage des Verlags richtet sich gegen die Kritik am Buch 
"Reiten fuer Russland" des Rechtsextremisten Heinrich Jordis Lohausen. 
Dieses Buch verfaelscht nicht nur den deutschen Krieg gegen die 
Sowjetunion zum Befreiungsunternehmen, sondern schreibt auch noch die 
Schuld am 2. Weltkrieg Polen und den Aliierten zu. Schliesslich 
identifiziert "Reiten fuer Russland" verborgen agierende "Geldmaechte" 
als die eigentlich treibenden Kraefte hinter dem Weltgeschehen, die 
sowohl fuer die Oktoberrevolution 1917 als auch fuer die beiden 
Weltkriege verantwortlich seien. Und fuer alle, die es noch immer 
nicht kapiert haben, nannte Lohausen stellvertretend fuer diese 
"Maechte" "Mr Baruch" und "New Yorker Bankhaeuser".
Die Broschuere "Das Herz am rechten Fleck" hatte diese Passagen als 
"antisemitische Codierung" bezeichnet. Auch gegen diese Kritik klagte 
der Verlag.
Wieder schlaegt der Stocker Verlag auf den Spiegel vor ihm ein: wohl 
in der Hoffnung, dass uns die Prozesse und Kosten irgendwann zuviel 
werden.
(Mayday Graz)
Einen ausfuehrlichen Artikel dazu gibt's im aktuellen "enterhaken". Er 
steht zum download bereit unter der neuen URL von mayday: 
http://maydaygraz.wordpress.com.
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