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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 24. November 2010; 04:09
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Theoretisches:

Vor einigen Wochen erreichte uns eine E-mail der Gruppe "Jimmy Boyle"
(Teil der Jungen Linken Berlin) "mit der Bitte um Veroeffentlichung".
Der angesprochene Text ist zwar elends-lang, enthaelt aber zum Teil
sehr interessante Ansaetze, die auch deutlich veranschaulicht werden.
Um euch auf den Geschmack zu bringen, drucken wir einen kleinen Teil
davon ab.

> Die Logik der Profitrate

Will das Kapital die Loehne immer nur senken?

Die Konzentration auf das Kapital ist -- oberflaechlich gesagt -- eine
Art und Weise, zu wirtschaften, in der Geld ausgegeben wird, um damit
Prozesse in die Wege zu leiten, die eine vergroesserte Menge Geld zum
Ziel haben. In unseren und anderen von Marx inspirierten Texten ist
haeufig zu lesen, dass der Lohn fuer das Kapital gar nicht niedrig
genug sein kann, weil der Lohn ein Abzug vom Gewinn sei. Diese Aussage
kann sich vor allem auf die starken Bemuehungen der letzten Jahre
seitens der Unternehmen und der Wirtschaftspolitik stuetzen, den Lohn
im Allgemeinen zu senken. Scheinbar lohnt es sich fuer manche
Unternehmen, so zu kalkulieren. Auf der anderen Seite gibt es aber
Lohnkalkulationen bei Unternehmen, die sogar freiwillig den Arbeitern
etwas mehr als den Tariflohn zahlen, z.B. in der Automobilbranche.

Auch heute ist es noch ueblich, dass Arbeiter in engen, stickigen
Raeumen arbeiten, weil das Unternehmen an Miete sparen will.
Unternehmen versuchen Kosten zu vermeiden, die nur fuer die Gesundheit
der Arbeiter aufgewendet werden muessen. Zugleich gibt es aber
Unternehmen, die stellen ihren Internetgenies einen extra Raum mit
Tischfussball und Sofas zur Verfuegung.

Diese scheinbar gegensaetzlichen Seiten haben nichts mit der Frage zu
tun, ob der Manager ein boeses, kleinliches Arschloch ist oder aber
ein fuersorglicher, grosszuegiger Menschenfreund. Beide Kalkulationen
verdanken sich der gleichen Rentabilitaetsrechnung und die heisst
nicht einfach nur, dass der Lohn so klein wie moeglich sein soll. Der
Lohn ist in der kapitalistischen Rentabilitaetsrechnung ein
Kostenfaktor und darin ist ein Widerspruch eingeschlossen, der alle
oben beschriebenen Phaenomene erklaert:

Die Bezahlung von Lohn lohnt sich - fuer die Unternehmen

Bei Kosten denkt man all zu schnell an die zweite Seite, naemlich,
dass da etwas einzusparen, zu minimieren ist. Als erstes ist ein
Kostenfaktor aber eine Summe, die man auslegt, damit man etwas
bekommt. Im kapitalistischen Sinne sind die Kosten die Summe an
Investitionen, um einen Gewinn zu erzielen. Mit Geld werden
Produktionsmittel gekauft, ein Stueck Land gepachtet und
Arbeitskraefte eingekauft. Dies zusammen unter dem Kommando des
Kapitals bringt dann in aller Regelmaessigkeit - von Krisen und
einzelnen Pleiten abgesehen - einen Warenberg hervor, der sich
gewinnbringend verkaufen laesst.

Das Geld als gesellschaftliches Kommandomittel ueber alles moegliche
versetzt den oder die Eigentuemer (sei es ein Familienbetrieb oder
eine Aktiengesellschaft) ab einer bestimmten Hoehe in die Lage alle
Sachen einzukaufen, die es braucht, damit hinterher eine groessere
Summe an Geld zurueckfliesst. Als erstes muss man also festhalten,
dass der Kapitalist nicht sparen will, sondern dass er Geld ausgeben,
eben investieren will. Der Lohn ist also nicht ein Abzug vom Gewinn,
sondern ein notwendiges und gutes Mittel, um Gewinn zu machen.

Wofuer muss sich der Lohn eigentlich lohnen?

Dass bei dem Standpunkt, es braucht etwas (Lohnauslage), um ein Ziel
zu erreichen (Gewinn) zugleich der Standpunkt des Sparen vorherrscht,
wie es bei einem Kostenfaktor der Fall ist, ist nicht
selbstverstaendlich. Das soll an einem Beispiel aus der Musik deutlich
gemacht werden. Wer Schlagzeuger in einer technisch versierten
Speed-Metal-Band werden will, vergleichbar mit den Bands Slayer,
Anthrax oder Metallica, der muss Zeit zum Ueben investieren. Wer
Taktwechsel auf hoher Geschwindigkeit praezise hinbekommen will, der
muss jeden Takt fuer sich eine lange Zeit auf langsamer
Geschwindigkeit ueben und erst dann langsam schneller werden, sonst
wird es auf hoher Geschwindigkeit verdammt unsauber. Die Taktwechsel
sind nochmal eine eigene Angelegenheit und muessen auch entsprechend
auf langsamen Niveau gelernt werden.

Niemand wuerde auf die Idee kommen, auf die Frage, ob der Drummer sein
Ziel erreicht hat, zu antworten: kommt drauf an, wieviel Zeit er
investiert hat. Jeder kann seine Faehigkeiten einfach am Resultat
ablauschen.

Bei dem Kapital ist das anders. Hier geht das von seiner Logik her gar
nicht, einfach zu sagen, was braucht es fuer den Gewinn und das muss
halt her.

Das liegt an dem eigentuemlichen Zweck, dem Gewinn. Dieser ist nicht
einfach ein Ziel, vergleichbar mit dem eben beschriebenen Beispiel.
Der Gewinn ist ja ein Ueberschuss ueber den Vorschuss. Ob ein Gewinn
erzielt wurde, laesst sich daher auch nicht einfach an der Geldsumme
ablesen, die ein Unternehmen durch den Verkauf von Waren erzielt hat
[dem Umsatz]. 1 Mio. EUR als Resultat des Warenverkaufs koennen einen
Gewinn von 50.000 EUR enthalten, wenn der Vorschuss, also die
Investition 950.000 EUR waren.

1 Mio EUR Verkaufserloes koennen gar keinen Gewinn darstellen, wenn
der Einsatz 1 Mio. EUR war. Sie koennen sogar einen Verlust
darstellen, wenn das eingesetzte Kapital groesser war als 1 Mio. EUR.
Ob das Ziel erreicht wurde, laesst sich immer nur durch den Bezug auf
den Einsatz feststellen.

Das unterscheidet unser Kapital von dem Schlagzeuger. Beim Kapital
koennte man zunaechst aehnlich argumentieren: Das Kapital soll einen
Gewinn abwerfen. Bei 1 Mio. EUR Vorschuss hat es dieses Ziel bereits
erreicht, wenn hinterher 1.000.001 Euro rauskommen. Es gibt einen
Gewinn von einem Euro. Ziel erreicht? Intuitiv findet wohl jeder ein
solches Ergebnis etwas mager. Aber wie ist es, wenn das Unternehmen
1,2 Mio. EUR eingenommen haette? 200.000 EUR Gewinn, Ziel erreicht?

Marxisten sagen nein, der Zweck ist masslos, er kann gar nicht hoch
genug ausfallen Dafuer gibt es einige Argumente, hier sollen auf die
Kuerze nur drei Begruendungen angefuehrt werden:

Erstens gibt es gar keinen Anlass anzunehmen, dass ein zuviel
irgendwie negativ waere. Wer zuviel Schokolade isst, der bekommt
irgendwann Bauchschmerzen. Wenn sie einfach nur rumliegt, nimmt sie
Platz weg und verdirbt. Zuviel Geld besitzen hat derart negative
Folgen nicht.

Zweitens ist der Stoff, um den sich das Kapital bei der Vermehrung
kuemmert, sehr eigentuemlich. Marx hat mal gesagt, dass Geld eine
gesellschaftliche Macht ist, die man in der Tasche herumtragen kann.
Mit Geld kann man fast die ganze nuetzliche Welt an Dingen kaufen und
fuer sich nutzbar machen - man muss es nur in der entsprechenden Hoehe
besitzen. Mit 10 EUR kann man mittlerweile auf T-Shirts aus China
zugreifen. Mit 1 Mrd. EUR kann man Produktionsstandorte rund um den
Globus aufziehen. Seiner Qualitaet nach ist das Geld totalitaer - kann
auf alles zugreifen. Von der Quantitaet haengt es dann aber ab, wie
sehr. Schon von dieser Seite kann man davon nicht genug haben - wie es
auch der Volksverstand lehrt.

Eine zweite interessante Seite hat das Geld - es ist (den
kapitalistischen Normalbetrieb unterstellt) recht bestaendig. Mit
genuegend Geld kann man sich nicht nur selber ein ruhiges Leben
organisieren, immer auf den besten Stand der Medizin zurueckgreifen,
vielleicht noch die eine oder andere Sonderattraktion mitnehmen, wie
etwa zum Mond fliegen, man kann sogar fuer die Universitaetsausbildung
der Ururur-Enkel vorsorgen. Ruehrt einen dann noch das schlechte
Gewissen, dann kann man gar nicht genug Geld sammeln und spenden, bei
soviel Elend auf der Welt.

Drittens hat dieser Stoff Geld die Besonderheit, dass alle um ihn
konkurrieren. Alle machen sich bei dem Ziel moeglichst viel Geld zu
verdienen, dieses Ziel wechselseitig madig. Lohnarbeiter unterbieten
sich in den Loehnen, um ueberhaupt an Lohnarbeit zu kommen.
Kapitalisten senken den Preis der Waren, um Absatzmaerkte von anderen
Kapitalisten zu erobern.

Kurz: Alleine das Geld bietet in dieser Gesellschaft in entsprechender
Hoehe einigermassen materielle Sicherheit. In der Konkurrenz um diese
Sicherheit machen sich alle wechselseitig das Geldverdienen und das
Leben unsicher.

Schon von diesem Standpunkt aus pflegen die Unternehmen (weil andere
kommen gar nicht in die Verlegenheit die folgende Kalkulation
anzustellen) folgenden Standpunkt:

Sie wollen ihr Geld vermehren. Das bedeutet, dass sich durch den
Produktionsprozess hindurch, das urspruengliche Geld erhalten muss und
darueber hinaus ein Ueberschuss erzielt werden soll. Alleine um das
Kapital jetzt zu erhalten, muss das Unternehmen schon einen Gewinn
machen, damit man damit die zusaetzliche Waffe in der Hand hat, um den
Markt zu erobern und auf dem Stand der Technik zu bleiben. Dieselbe
Unsicherheit, die das Unternehmen in seinen Bemuehungen allen anderen
Unternehmen liefert, schlaegt ja von diesen auf das eine Unternehmen
zurueck. Fuer alle Unternehmen gilt, dass der Gewinn gar nicht hoch
genug ausfallen kann, weil die anderen machen den ja auch und setzen
ihn als Waffe gegen einen selbst ein. Man sieht hier: Alle Vorteile
des umfassenden Geldbesitzes kommen zugleich als Zwang daher, diesen
Geldbesitz fuer den Zweck der Vermehrung einzusetzen. ###

Volltext unter: www.junge-linke.org, Klick im rechten Bildschirmrand
auf Kapital und Lohnarbeit oder
http://www.junge-linke.org/de/will-das-kapital-die-lohne-immer-nur-senken



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