**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 9. November 2010; 22:56
**********************************************************

EU:

> Transport-Lobby will Gigaliner

Offensichtlich voreilig waren die Entwarnungen oesterreichischer
EU-Abgeordneter und von Infrastrukturministerin Doris Bures bezueglich
einer europaweiten Zulassung von Gigalinern, also LKWs mit 60 Tonnen
Nutzlast und 24 Metern Laenge.

Eine Lobby von Transportwirtschaft und Nutzfahrzeugindustrie draengt
unter Berufung auf die vier Grundfreiheiten der EU darauf, die in
Schweden und Finnland zugelassenen Fahrzeuge EU-weit auf die Strasse
zu bringen. Dazu laufen in Daenemark -- jetzt bis 2016 verlaengerte
und von hundert auf tausend Fahrzeuge aufgestockte -- Pilotversuche,
ebensolche auch in den Niederlanden und in Deutschland.

Der schwedische Konzern Scania ist (neben dem deutschen MAN-Konzern)
der fuehrende Hersteller von Megatrucks. In Schweden wird von den
Verkehrsbehoerden sogar mit LKWs der Groesse X-Large mit 90 Tonnen
Nutzlast und 30 Metern Laenge experimentiert, die mehr als doppelt so
schwer sind als das derzeit geltende Limit von 40 Tonnen Gesamtgewicht
und 18,75 Meter Laenge.

Als Auswirkungen solcher Zulassungen muessten ein wachsendes
Sicherheitsrisiko durch Sichtbeschraenkungen und laengere Ueberhol-
und Bremswege befuerchtet werden. Ebenfalls notwendig waeren teure
Investitionen in die Infrastruktur, etwa der Umbau von Bruecken,
Tunnels, Autobahnabfahrten, Rastplaetzen, Kreisverkehren und
Kurvenradien, die EU-weit auf 46 Milliarden, davon in Oesterreich auf
eine Milliarde Euro geschaetzt werden.

In Schweden sieht die Sache anders aus: Dort sind solche 60-Tonner
schon seit vierzig Jahren unterwegs -- in den duennbesiedelten
Gegenden im Norden mit geringer Verkehrsbelastung ist das auch weniger
problematisch. Auch gibt es dort in den Binnengebieten wegen der
klimatischen Bedingungen mit Ausnahme der Strecke nach Narvik keine
Eisenbahnverbindungen.

In Daenemark will man diese Unterschiede allerdings nicht so recht
sehen: Der dortige Verkehrsminister Hans-Christian Schmidt meinte,
Gigaliner wuerden der Umwelt helfen, weil "zwei Riesenlaster statt
drei normaler LKW" unterwegs seien.

Auch Deutschland ist dicht besiedelt. Deswegen hatten dort auch die
Laenderverkehrsminister die Einfuehrung abgelehnt. Dennoch kommt es
jetzt in noerdlichen Bundeslaendern zu erweiterten Pilotversuchen.
Studien und Gegenstudien wechseln sich dazu ab: Gigaliner seien
sicherer und umweltfreundlicher als normale Brummis, behauptet etwa
eine Studie der Rheinisch-Westfaelischen Technischen Hochschule (RWTH)
Aachen zusammen mit dem TUeV Rheinland, die waehrend des Feldversuchs
in Nordrhein-Westfalen entstand. Dagegen zieht eine Untersuchung des
deutschen Bundesverkehrsministeriums ganz andere Schluesse: Beim
Einsatz der Megatrucks komme es zu Verkehrsverlagerungen von der
Schiene zurueck auf die Strasse. Der Strassenverkehr wuerde "keine
nennenswerte Entlastung, gegebenenfalls sogar noch eine weitere
Belastung" erfahren, heisst es in der Analyse. Zur gleichen
Schlussfolgerung kommt das Karlsruher Fraunhofer Institut fuer System-
und Innovationsforschung (ISI) in einer Studie fuer die EU.

Und in Oesterreich? Da besteht Johannes Hoedlmayer von der
oestereichischen Wirtschaftkammer sogar auf das Wort "Oekoliner" fuer
die Strassenmonster. Der Druck Richtung Gigaliner wird also auch in
Oesterreich steigen. (diverse/akin)

Quellen u.a.: KPOe-Aussendung,
Financial Times Deutschland http://www.ftd.de/50191642.html
Die Presse http://diepresse.com/home/wirtschaft/international/606677



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin