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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 13. Oktober 2010; 01:15
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Wiener Wahlen/Kommentar:
> Aufklaerung allein reicht nicht
Wien hat gewaehlt. Nach den Nationalratswahlen handelt es sich um die 
zweitwichtigsten Wahlen. Waehrend zentrale inhaltliche Fragen -- die 
sozialen und oekologischen Krisen des Kapitalismus -- weitgehend 
ausgeblendet blieben, setzte die FPOe voll auf Rassismus und 
Fremdenfeindlichkeit. Dieses Spiel mit dem Feuer ging auf.
Die SPOe hat die absolute Mehrheit an Mandaten (derzeit 49 statt bis 
jetzt 55) verloren. Die OeVP, die beim Rassismus mitnaschte ("Reden 
wir ueber Bildung -- am besten auf Deutsch"), erlebte einen 
Totalabsturz. Die zentrale Partei der Bourgeosie hat aktuell nur mehr 
13,2 Prozent! Die Gruenen in Wien -- ziemlich konturlos und 
zerstritten -- stehen nun bei 12,2 Prozent und zeigen einmal mehr, 
dass sie unfaehig und unwillens sind, eine Protestpartei zu sein.
Die Blaunen haben wieder die Staerke, die sie bereits 1996 unter 
Haider hatten. Die rechtsextreme Saat ist aufgegangen. Die FPOe hat 
fast ausschliesslich mit Rassismus Politik gemacht. Selbst ihre 
Stilisierung als "soziale Heimatpartei" kam kaum zum Tragen.
Die KPOe hat auf Gemeinderatsebene 0,3 Prozentpunkte verloren und wird 
sich ihren neuerlichen Alleingang -- hoffentlich! -- gruendlich 
ueberlegen.
Trotz der aktuellen Krisen plaetscherte der Wahlkampf der 
Grossparteien dahin und erschoepfte sich zu einem Gutteil in 
Platitueden. Der sozialdemokratische Buergermeister Michael Haeupl 
plaedierte fuer eine "lebenswerte Stadt fuer alle", die OeVP sehnte 
sich nach "mehr frischen Wind" -- sagte aber im gleichen Atemzug , 
dass sie nach der Wahl mit der SPOe gemeinsame Sache machen wird ... 
Der Rassismus der FPOe war so der einzige "Aufreger" in dieser 
Wahlauseinandersetzung.
Der Rassismus der FPOe kann deshalb so grassieren, weil die offizielle 
Politik ihn ebenfalls hofiert. SPOe und OeVP beschlossen auf 
Bundesebene weitere Verschaerfungen gegen Asylsuchende: sie werden in 
Asylzentren eine Woche eingesperrt (mit entsprechenden 
Sanktionsmoeglichkeiten bei "Zuwiderhandeln"). Um diesen infamen 
Verfassungsbruch zu kaschieren, wird von "Mitwirkungspflicht" der 
Asylsuchenden gefaselt.
Obwohl der Rassismus der FPOe ein duemmliches Haider-deja-vu ist, 
hundert Jahre nach dem Demagogen Lueger die Parallelitaet von 
Antisemitismus und Islamophobie mit Haenden greifbar ist und Wien 
stets ein "Schmelztiegel der Nationen" war, konnte die FPOe mit ihm 
reuessieren. Daran zeigt sich klar, dass der Hydra Rechtsextremismus 
und Rechtspopulismus mit Aufklaerung, liberalem Kosmopolitismus und 
Erinnerungskultur allein nicht wirksam zu begegnen ist. Es bedarf 
einer anderen, konsequent linken Politik und einer entsprechenden --  
pluralen -- Organisation, die die realen Arbeits- und 
Lebensverhaelnisse veraendert und so der Suendenbock-Ideologie den 
gesellschaftlichen Naehrboden entzieht.
Der Trend bei den Wahlen in der Steiermark wurde in Wien fortgesetzt: 
SPOe und OeVP, die politisch dahinfuhrwerkeln, verlieren. Der FPOe 
gelingt es, die "Unzufriedenheit" zu kanalisieren. Die Gruenen sind in 
sozialen Fragen kein Orientierungspunkt.
Die steirische KPOe verlor bei den Landtagswahlen rund ein Drittel 
(minus 2 Prozentpunkte) und auch die Wiener KPOe buesste Stimmen ein. 
Ein Gewinn an Bezirksratsmandaten kann kaum als "Erfolg" ausgegeben 
werden.
Die meisten Kenner der politischen Landschaft Oesterreichs sind sich 
einig, dass genuegend Platz fuer ein plurales, real in der 
Gesellschaft verankertes politisches Projekt links von 
Sozialdemokatrie und den Gruenen existiert. Warum es dennoch bislang 
nicht dazu gekommen ist, darueber wird (selbst-)kritisch und 
solidarisch zu beraten sein: am 13. November in der VHS- Ottakring: 
"Warum gibt es in Oesterreich keine politisch relevante Linke?"
*Hermann Dworczak*
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