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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 5. Oktober 2010; 22:04
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Wien/Wahl/Debatte:
> Wir stehen vor der Wahl
Fast eine Wahlempfehlung
Was waehlen wir? Und wozu waehlen wir? Wenn Wahlen etwas veraendern 
koennten, waeren sie laengst verboten. Bislang habe ich noch kein 
Argument gehoert, das mich davon ueberzeugt haette, dass der Satz 
prinzipiell falsch waere. Die Verhaeltnisse werden bestimmt durch die 
militaerische, oekonomische und buerokratische Macht sowie durch 
technische Entwicklungen. Und durch die Moral. Da aber hakt es, denn 
das ist die Einschraenkung des anarchistischen Sprichworts. 
Wahlergebnisse bewirken eine mediale Praesenzverschiebung der 
wahlwerbenden Gruppierungen. Damit machen sie in Fragen des 
oeffentlichen Bewusstseins sehr wohl etwas aus. Klar, auch hier 
verfaelscht die veroeffentlichte Meinung der kapitaleigenen Medien die 
Statements fortschrittlicher Gruppierungen, aber sie werden nicht 
wirklich unterdrueckt, wenn sie irgendwo "eine G´schicht" sind.
Vielleicht sollte man es anders formulieren: Die Aenderung der 
Zusammensetzung von Regierungen im buergerlichen Staat bewirkt nichts, 
sonst wuerde sowas strikt verboten. Denn Regierungen, egal ob auf 
Bundes- oder Landesebene, koennen nur innerhalb des Systems operieren. 
Sich fortschrittlich gerierenden Parteienvertretern bleibt meist 
nichts anderes uebrig, als den Geruch der Scheisse, die sie verzapfen, 
mittels schoener Worten zu parfuemieren -- das ist der ganze 
Unterschied zu rechten Regierungen.
Oppositionsstimmen aber koennen etwas anderes: Sie sind in der Lage 
die Hegemonie in den oeffentlichen Debatten zu brechen. Leider fuehrt 
uns das seit fast einem Vierteljahrhundert die FPOe mit Bravour vor --  
dieser Einfluss auf die Stammtische, Familiengespraeche, Rauchpausen, 
aber auch Zeitungskolumnen war nur in einer kurzen Periode deutlich 
geschwaecht, naemlich der der Regierungsbeteiligung der F-Partei. 
Ansonsten tut sie immer noch genau das, was Haider einmal so treffend 
formuliert hat: Sie treibt SPOe und OeVP vor sich her.
Warum koennen das die Linken und die Gruenen nicht auch? Natuerlich 
kann man nicht mit aehnlich vereinfachenden Parolen operieren. Aber 
man kann aggressiv sein und klar, deutlich und vor allem laut 
aussprechen, was Sache ist. Auf Bundesebene gibt es eine solche Stimme 
kaum mehr, denn das Kritischste was dort zu hoeren ist, ist Eva 
Glawischnig. Auf Wiener Landesebene aber haben die Gruenen verdammt 
gute Oppositionsarbeit geleistet -- es waere schade, wenn sie diese 
Erfolge jetzt zu Gunsten von ein paar Poestchen wegwerfen wollten.
Daher also nochmal zum Ausgangspunkt: Was waehlen wir? Wir waehlen 
keinen Buergermeister und keine Regierung. Wir waehlen keine 
Veraenderung der Verwaltung und wir waehlen keine Obrigkeit. In Wien 
wird nach den Wahlen alles so weiterlaufen wie bisher, egal ob alle 
Regierungsgesichter SPOe-Mitgliedern gehoeren oder nicht. Worum es 
geht: Wie sieht die Opposition aus? Und daher hier mein Wahlaufruf: 
Waehlt nicht die vermutlichen Sieger und auch nicht die moeglichen 
Regierungsparteien, sondern waehlt die, von denen ihr glaubt, dass sie 
in der naechsten Legislaturperiode die beste fortschrittliche 
Oppositionsarbeit leisten koennen. Vielleicht ist das sogar eine 
Partei, die dann gar nicht ins Rathaus einzieht, aber es koennten nach 
einem -- durchaus moeglichen -- reinigenden Gewitter auch die Gruenen 
sein.
Gestaltende Veraenderung in Richtung einer besseren Welt ist mittels 
Ministeraemtern und Stadtratsposten nicht zu machen. Aber der Protest 
ist formulierbar. Denn, um mit einer anderen schoenen Weisheit zu 
schliessen: Wir koennen die Schweine nicht zwingen, die Wahrheit zu 
sagen, aber wir koennen sie dazu zwingen, immer dreister zu luegen...
*Bernhard Redl*
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