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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 14. September 2010; 21:10
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Wien/Wahlen/Glosse:

> Rassismus und sonst nur Fadesse

Am 10. Oktober wird in Wien gewaehlt. Nach den Nationalratswahlen
handelt es sich um die zweitwichtigsten Wahlen. Waehrend zentrale
inhaltliche Fragen - die sozialen und oekologischen Krisen des
Kapitalismus - weitgehend ausgeblendet bleiben, setzt die FPOe voll
auf Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

"Mehr `Wiener Blut` -- Zuviel Fremdes tut niemals gut", "Wir vertrauen
auf unsere Jugend- die SPOe auf Zuwanderung", "Wir schuetzen freie
Frauen - die SPOe den Kopftuchzwang" lauten die zentralen Parolen der
FPOe. Sie fordert ein "Bauverbot fuer Minarette und Islamzentren" --
in einem Land in dem es neben tausenden Kirchen ganze vier Minarette
gibt. Die FPOe macht sich fuer den Rassisten Thilo Sarrazin stark und
wird dabei massiv von der "Kronenzeitung" (mit "Bild" vergleichbar)
unterstuetzt. Selbst ihre Stilisierung als "soziale Heimatpartei"
kommt kaum zum Tragen. In der Steiermark, wo bereits am 26.September
der Landtag gewaehlt wird, stellte die FPOe ein "Spiel" ins Netz, bei
dem Minarette und Muezzins abgeschossen werden koennen. Die
Staatsanwaltschaft untersagte das moerderische Spiel, worauf es prompt
auf einer Neonazi-Homepage auftauchte ...

Offizielle Politik leistet der Fremdenfeindlichkeit Vorschub

Trotz der aktuellen Krisen plaetschert der Wahlkampf der Grossparteien
dahin und erschoepft sich zu einem Gutteil in Platitueden. Der
sozialdemokratische Buergermeister Michael Haeupl will eine
"lebenswerte Stadt fuer alle", die OeVP sehnt sich nach "mehr frischem
Wind" -- sagt aber schon jetzt , dass sie nach der Wahl mit der SPOe
gemeinsame Sache machen wird ...

Die offizielle Politik -- garniert mit einigen demokratischen
Lippenbekenntnissen -- leistet dem Rassismus der FPOe Vorschub. Soeben
wurden von SPOe und OeVP weitere Verschaerfungen gegen Asylsuchende
beschlossen: sie werden in Asylzentren eine Woche eingesperrt (mit
entsprechenden Sanktionsmoeglichkeiten bei "Zuwiderhandeln"). Um
diesen infamen Verfassungsbruch zu kaschieren wird von "
Mitwirkungspflicht" der Asylsuchenden gefaselt. In diesen xenophoben
Kontext passt das OeVP-Plakat: "Reden wir ueber Bildung -- Am besten
auf Deutsch".

Gruene blass

Die Gruenen sind inhaltlich blass und von internen Querelen
gezeichnet. Der Umstand , dass ihr bisheriger Bundesrat Schennach von
einem Tag auf den anderen "ohne poltische Gruende" zur
Sozialdemokratie wechselte, spricht Baende. Die Wiener Gruenen -- und
nicht nur die Parlamentsriege und die Gruenen in anderen
Bundeslaendern -- sind weit von einer "Bewegungspartei" entfernt.

Die KPOe erhebt soziale Forderungen wie Mindestlohn, Gratisfahren auf
oeffentlichen Verkehrsmitteln, Einrichtung von Sozialmaerkten und
widersetzt sich dem Rassismus. So verlangt sie das Wahlrecht fuer in
Wien lebende AuslaenderInnen (auch ich werde diesmal bei ihr
ankreuzen). Sie agiert jedoch alleine und zeigt fuer ein gemeinsames
Projekt der Linken wenig Interesse. Eventuelle Stimmen- und
Mandatsgewinne (auf Bezirksebene) werden so kaum bundespolitische
Relevanz haben.
Obwohl der Rassismus der FPOe ein duemmliches Haider-deja-vu ist,
hundert Jahre nach dem Demagogen Lueger (1) die Parallelitaet von
Antisemitismus und Islamophobie (2) mit Haenden greifbar ist und Wien
stets ein "Schmelztiegel der Nationen" (3) war, werden der FPOe 20
Prozent und mehr vorausgesagt. Daran zeigt sich klar, dass der Hydra
Rechtsextremismus und Rechtspopulismus mit Aufklaerung und
Erinnerungskultur allein nicht wirksam zu begegnen ist. Es bedarf
einer anderen, konsequent linken Politik und einer entsprechenden --
pluralen -- Organisation, die die realen Arbeits- und
Lebensverhaelnisse veraendert und so der Suendenbock-Ideologie den
gesellschaftlichen Naehrboden entzieht.
*Hermann Dworczak*

(1) Siehe Anna Ehrlich: Karl Lueger. Die zwei Gesichter der Macht.
Almathea, Signum Verlag Wien 2010.
(2) Siehe John Bunzl/ Farid Hafez ( Hrsg.): Islamophobie in
Oesterreich. Studien Verlag Innsbruck 2009.
(3) Siehe Regina Wonisch( Hrsg.): Tschechen In Wien - Zwischen
nationaler Selbstbehauptung und Assimilation. Loecker Verlag Wien



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