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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 8. Juni 2010; 19:38
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Kultur/Politik/Glosse:

> Der Kitsch des Boesen

Ich hab die Ausstellung von Bildern aus Nordkorea (noch) nicht
gesehen. Eigentlich hatte ich auch nicht die Absicht, aber jetzt
kommen von rechts die Verurteilungen und Zwischenrufe, man duerfe doch
einem Diktator keine Buehne bieten usw., und das MAK und Peter Noever
wuerden ein Unrechtsregime hofieren. Und dann kommentiert die SP diese
rechten Zwischenrufe als unernst, weil Kulturstadtrat und Wiener
Buergermeister verantwortlich gemacht wurden und nicht der Bund, weil
doch das MAK in die Kompetenz des Bundes falle. Eine
Auseinandersetzung, die den Wiener Ausdruck "tiaf" verdient, aber
eigentlich typisch ist.

Die Kunst Nordkoreas muesste der Klientel der FPOe eigentlich
gefallen: Gegenstaendlich, verstaendlich, schoen bunt, kein Sex, keine
Gewalt. Taet nicht "Nordkorea" draufstehn, dann wuessten die rechten
Recken wahrscheinlich nicht, was daran auszusetzen waere. Schliesslich
haben sie ja auch nix gegen die Sisi-Filme, gegen "Sound of Music",
die Wiener Operetten und die Eisrevue. Die sind auch schoen bunt,
verstaendlich, kein Sex, keine Gewalt. Aber weil sich Nordkorea
"kommunistisch" nennt und weil die FPOe strikt "antikommunistisch"
ist, muss das eigene aesthetische Urteil zurueckstehen hinter der
Parteidisziplin. Selber denken gehoert in diesen Kreisen nicht zur
Alltagskultur.

Eine Ausstellung zeigt, was ist. Sie zeigt im besten Fall mit
geschickter Kommentierung versehen einen Ausschnitt der Wirklichkeit,
manchmal eben kommentiert, manchmal unkommentiert. Ich nehme an, die
Kommentare sind in diesem Fall entbehrlich. Jede/r weiss wenigstens
ungefaehr Bescheid ueber die Zustaende in Nordkorea und weiss daher
auch, dass die KuenstlerInnen keine Moeglichkeiten zur Kritik haben.
Eine Ausstellung kann affirmativen Charakter haben, muss aber nicht.
Manchmal reicht schon die Art der Aufhaengung der Bilder als
Kommentar, manchmal ist Kitsch derart selbstentlarvend, dass sich
jeder Kommentar eruebrigt. Sisi-Filme zu verreissen -- das tut sich
niemand mehr an. Wir alle wissen, was wir davon zu halten haben und
wie wahr das Dargestellte ist. Trotzdem und deshalb laufen sie im
Fernsehen mit Erfolg und niemand glaubt ernsthaft, dass die
Ausstrahlung im ORF dazu fuehrt, die Habsburger-Monarchie wieder
aufzurichten.

Wenn jemand wie die FPOe alle moeglichen Forderungen nach Abhaengung
der Bilder bzw. sofortiger Beendigung der Ausstellung vorbringt, dann
hat sie uns wieder einmal bewiesen, dass eine kritische
Auseinandersetzung mit Kunst innerhalb der FPOe nicht moeglich ist.
Das Verhalten der FPOe ist gekennzeichnet von geistiger Schlichtheit,
die nicht zu unterbieten ist. Aber wie die SPOe drauf antwortet, ist
nicht viel besser.
*Ilse Grusch*


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