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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 18. Mai 2010; 16:49
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ASF:
> Systemwandel statt Krisen
Erklaerung vom 5. oesterreichischen Sozialforum in Leoben
Leoben, am 16. Mai 2010
Hunderte TeilnehmerInnen von sozial und oekologisch organisierten 
Netzwerken, Organisationen und Einzelpersonen haben sich vom 13. bis 
16. Mai 2010 in den Raeumlichkeiten der Montanuniversitaet und der 
Arbeiterkammer von Leoben im Rahmen des V. Oesterreichischen 
Sozialforums getroffen, um die Wurzeln und Auswirkungen der Europa- 
und weltweiten Krisen des herrschenden kapitalistischen 
Wirtschaftssystems in seiner neoliberalen Form zu analysieren und 
moegliche Alternativen aufzuzeigen.
Es wurde festgehalten, dass die Finanz- und Bankenkrise bereits auf 
ganze Staaten wie Island, Ungarn, Litauen und jetzt vor allem auf 
Griechenland uebergegriffen hat. In einem Anflug von diktatorialer 
Hybris hat die Europaeische Union europaweit Massnahmen ergriffen, 
welche die Opfer der Krise an den Rand des existenziellen Abgrunds 
treiben: anstelle die Banken unter eine oeffentliche Kontrolle zu 
setzen wie es das Sozialforum seit vielen Jahren gefordert hatte, soll 
nun der gesamte Staatshaushalt Griechenlands und anderer gefaehrdeter 
EU-Staaten unter die Kuratel der EU-Kommission und des Internationalen 
Waehrungsfonds gestellt werden, wobei Deutschland und Frankreich 
Griechenland im Gegenzug noch dazu zwingen, etwa die Haelfte des 
einzusparenden Betrags wieder fuer bilaterale Ruestungsgeschaefte 
auszugeben.
Das oesterreichische Sozialforum verurteilt diese Massnahmen auf das 
schaerfste und fordert stattdessen eine radikale Umverteilung von oben 
nach unten durch eine generelle Verkuerzung der Erwerbsarbeitszeit bei 
vollem Lohnausgleich, eine Neudefinition und geschlechtergerechte 
Aufteilung der Arbeit sowie die sofortige Einfuehrung eines 
bedingungslosen Grundeinkommens und die Bereitstellung einer 
Sozialmilliarde zur Finanzierung der oeffentlichen Sozial- und 
Gesundheitseinrichtungen.
Bei aller Vielfalt der Positionen bestand der einhellige Konsens, dass 
angesichts der zahlreichen Krisen eine Fortsetzung der gegenwaertigen 
Politik unverantwortlich ist und Loesungen nur gemeinsam und 
gesamtheitlich gefunden werden koennen. Der allgemeinen Ratlosigkeit 
der Politik muss ein "Optimismus der Taten" entgegengesetzt werden, 
und zwar regional, europaeisch und global!
Deshalb wurde am oesterreichischen Sozialforum etwa die sofortige 
Einleitung eines Moratoriums zum Abbau der zu Unrecht bestehenden 
Staatsschulden sowie die sofortige Sistierung der Aufnahme neuer 
Staatsanleihen gefordert. Ein weiterer Angelpunkt fuer die 
gesellschaftliche Umgestaltung wurde in der weltweiten Klimakrise 
geortet, die den Ausbruch von immer haeufigeren Naturkatastrophen zur 
Folge hat. Die TeilnehmerInnen fordern die internationale 
Staatengemeinschaft im Anschluss an den gescheiterten Klimagipfel von 
Kopenhagen auf, sich dem Appell von Cochabamba, Bolivien, 
anzuschliessen, der den "Rechten der Mutter Erde" eine absolute 
Prioritaet einraeumt und die lebensnotwendigen Ressourcen von 
jeglicher kapitalistischen Transaktion ausschliesst.
Einen Hoehepunkt erreichten die Diskussionen am oesterreichischen 
Sozialforum in Leoben auch in Bezug auf die innenpolitische Situation 
in Oesterreich, als Moeglichkeiten in Erwaegung gezogen wurden, eine 
eigenstaendige politische Kraft ausserhalb der bestehenden 
Parteienlandschaft auf der Grundlage einer partizipativ-demokratischen 
Willensbildung aufzubauen, um dem insbesondere in Mittel- und 
Osteuropa stark anwachsenden rechtsextremistischen und 
rechtspopulistischen Tendenzen entgegenzuwirken.
Last, but not least bildete die Friedenspolitik einen Schwerpunkt der 
Diskussionen, in denen sich die TeilnehmerInnen zu einer aktiven 
Solidaritaet mit den unterdrueckten und Not leidenden Voelkern 
bekannten - insbesondere mit den KurdInnen und PalaestinenserInnen, 
die am oesterreichischen Sozialforum vertreten waren. Auch hier wurde 
die Notwendigkeit erkannt, den hegemonialen Anspruechen der 
Europaeischen Union, die sich zusehends auch in eine Union von 
Militaer- und Polizeiapparaten verwandelt, durch eine aktive 
Friedenspolitik von zivilgesellschaftlichen Organisationen in allen 
Erdteilen entgegenzutreten.
Aus all diesen Gruenden rufen die am oesterreichischen Sozialforum 
beteiligten Netzwerke, Organisationen und Einzelpersonen die in 
Oesterreich lebenden Menschen auf, sich in den naechsten Monaten an 
folgenden Mobilisierungen beteiligen:
* vom 1. bis 4. Juli 2010 zum Europaeischen Sozialforum in Istanbul, 
dem ein internationaler Frauenmarsch von Skopje nach Istanbul 
vorausgehen wird;
* zeitgleich soll in Oesterreich gegen das geplante 
"Terrorismuspraeventionsgesetz" mobilisiert werden, das ein weiteres 
Missbrauchpotential gegen alle jene in sich birgt, die sich fuer 
Umwelt, Frieden und soziale Gerechtigkeit engagieren.
* vom 10. bis 17. Oktober 2010 am "Marsch gegen die Armut" nach 
Bruessel, zu dem Arbeitslosenorganisationen und Gewerkschaften aus 
ganz Europa aufgerufen haben; gleichzeitig wird in Oesterreich unter 
der Devise "Wir zahlen nicht fuer eure Krise!" gegen die Sparplaene 
der Bundesregierung mobilisiert werden.
* im Oktober/November 2010 an der "GLOBAL WAVE FOR EDUCATION" gegen 
die Privatisierung und Kommerzialisierung der oeffentlichen Bildung.
* Ende November 2010 zum Alternativen Klimagipfel in Cancún, Mexiko, 
zu dem u.a. die weltweit groesste soziale Bewegung, Via Campesina, 
sowie die Regierungen von Bolivien und Venezuela aufgerufen haben;
* vom 6. bis 11. Februar 2011 zum Weltsozialforum in Dakar, Senegal, 
das diesmal unter dem Vorzeichen einer weltweiten Armutsbekaempfung 
stehen wird.
*Das Vernetzungsplenum des Oesterreichischen Sozialforums*
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> Workshop politisch relevante Linke
Ein echter Renner auf dem ASF in Leoben (13.-16.Mai) war am Freitag 
der workshop, warum es in Oesterreich noch immer keine politisch 
relevante Linke gibt. Der workshop wurde gemeinsam vom Forum fuer 
soziale Gerechtigkeit und Linke-Steiermark durchgefuehrt. Nach kurzen 
Einleitungsstatements von Trautl Brandstaller, Leo Gabriel und Johann 
Schoegler entspann sich eine aeusserst solidarische Debatte. 
Einvernehmlich wurde beschlossen die Debatte -in verschiedenen 
Bundeslaendern- weiterzufuehren und fuer Samstag den 23. Oktober in 
Wien zwischen 12 und 18 h zu einem BUNDESWEITEN RATSCHLAG 
 einzuladen.
*Hermann Dworczak*
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