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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. April 2010; 19:48
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Debatten:

> Bitte keine neue linke Partei mehr!

Wir brauchen keine neue Linkspartei! Was wir wirklich brauchen, ist
eine linke Wirtschaft! Eine nachhaltig funktionierende, die jenen, die
in ihr arbeiten ein zumindest ebenso gutes Leben beschert wie jenen in
einer kapitalistischen Wirtschaft Arbeitenden.

Seit dem Niedergang des realen Sozialismus mit seiner katastrophalen
Wirtschaft beschraenken sich linkspolitische Heilslehrer darauf, dem
boesen Kapitalisten zu predigen was sie machen sollen. Fuer eine
reale, funktionsfaehige, nichtkapitalistische Wirtschaft bleiben sie
allerdings den entsprechenden "experimentellen Nachweis" schuldig.
"Wer nichts versucht, macht keine Fehler und wer keine Fehler macht,
macht alles richtig". Den proletarischen Massen reicht das aber heute
nicht mehr. Lieber haben sie ein schlechtes Leben, welches aber
gewisser ist, als jenes, indem es ungewiss ist, ob man ueberhaupt
leben kann.

Die Wirksamkeit der Standortdiskussion mit ihren Forderungen zeigt,
dass die reale Macht nicht wirklich bei der "reinen" Politik liegt.
Wer die Wirtschaft beherrscht, kann jederzeit jenen realen "Sachzwang"
herstellen, welchem die Politik dann folgen muss. (Die Notwendigkeit
in der letzten "Krise" des Kapitalismus, die Banken retten zu muessen,
war allgemein anerkannt). Zusaetzlich stellen diese Maechtigen ja auch
eine Mehrheit in den Parlamenten und Regierungen in der EU, (Gut, sie
wurden "demokratisch" gewaehlt, aber welche Wahl hatten die Waehler,
wie z.B. nach Konsum oder BAWAG oder gerade jetzt in Ungarn?) Auch
unterhalten sie eine Unzahl von Denkschulen zum Erhalt der Hegemonie
sowohl in der Begriffsbestimmung sowie im allgemeinen Denken.

Die Aufgabe des buergerlichen Staates ist es, die Eigentumsrechte an
Produktionsmittel zu sichern und soweit wie moeglich auszuweiten. Die
repraesentative Demokratie als dessen Ausdrucksform ist richtiggehend
praedestiniert dazu, entmuendigt und reduziert sie doch den
Stimmbuerger auf den reinen Wahlakt und uebertraegt den Rest des
Handelns dem Repraesentanten. Die EU mit ihren Vertraegen zementiert
beides in vollendeter und fuer alle Mitgliedsstaaten gleich gueltigen
Form ein, mit der Freiheit des Kapitalverkehrs als zentrales Dogma;
Arbeitskaempfe duerfen von Seiten der Arbeitnehmer laut EuGH nur mehr
in "angemessener" Form stattfinden. Kein Einzelstaat, auch wenn sein
"politisches" Spektrum dies erlauben wuerde (was ja ohnehin schon
unwahrscheinlich genug ist), koennte dagegen an. Die Politik kann und
darf, selbst wenn sie es wollte, in der EU der kapitalistischen
Profitmaximierung und somit seinen katastrophalen Krisen keine
Reglementierung entgegen stellen. Die EU ist eben ein kapitalistischer
Super - Nationalstaat. Von dem bereits verebbenden grossen Geschrei,
was nicht haette sein duerfen, werden nur Alibihandlungen uebrig
bleiben. Das business-as-usual hat ja schon wieder begonnen.

Es bleibt aus meiner Sicht nichts anderes uebrig, als eigene
Moeglichkeiten der antikapitalistischen Produktion zu finden und diese
subversiv und erfolgreich auch innerhalb der von der EU vorgegebenen
Moeglichkeiten aufzubauen: Der Arbeitnehmer muss persoenlich und
direkt Eigentuemer der Produktionsmittel werden. Seine Eigentumsrechte
muss er selbst ausueben und nicht ueber einen Repraesentanten, der nur
seinem eigenen Gewissen, seiner Laune verantwortlich ist und sonst
niemandem, nicht einmal seinen Waehlern. Schuechterne Ansaetze hiezu
gibt es, wie z.B. Genossenschaften zur Bedarfsdeckung ihrer
Genossenschafter und aehnliche Konstrukte. Natuerlich, das soziale
Verhalten in solchen Eigentumsstrukturen will erst gelernt, geuebt
sein, so manches Scheitern ist wohl vorprogrammiert.

Wenn eine politisch "demokratische" Uebernahme der Produktionsmittel
nicht moeglich und eine revolutionaere allein schon um des dabei
entstehenden Leides willens nicht wuenschenswert sein wird, bleibt nur
ein friedlich subversiver Weg. Aber dazu braucht es keine Parteien,
schon gar keine "linken", linke Politik ergibt sich von alleine. Eine
Linke, die ihre Existenzberechtigung daraus zieht, im Arbeitskampf den
Kapitalismus menschenwuerdig zu machen, will ihn ja nicht beseitigen,
weil sie die Eigentumsfrage im Handeln selbst ausklammert; insofern
waere sie auch nicht antikapitalistisch und schon gar nicht radikal,
weil sie nur Symptome lindert.
*Diethelm Gauster*


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