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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. April 2010; 19:18
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Lateinamerika:

> Europas gieriger Blick nach Sueden

Abkommen der EU mit Zentralamerika droht die soziale Spaltung zu
vertiefen

Die Verhandlungspartner aus Europa und Zentralamerika geben sich
optimistisch: Bereits Anfang Mai soll das Assoziierungsabkommen
zwischen den beiden Regionen stehen. Der Putsch in Honduras vom Juni
2009 soll kein Hemmschuh fuer die Apologeten des Neoliberalismus sein.
Hinter den Kulissen habe insbesondere die costaricanische Delegation
Werbung fuer das Weiterfuehren der Verhandlungen gemacht, berichten
Insider.

All das, was die EU da seit Oktober 2007 mit Guatemala, Honduras, El
Salvador, Nicaragua und Costa Rica verhandelt - Panama hat
Beobachterstatus -, entspricht der "Lissabon-Strategie", auf die sich
Europas neoliberale Regierenden im Maerz 2000 verstaendigten. Die
Eckpunkte dieser Strategie sind zusammengefasst im Strategiepapier
"Ein wettbewerbs-faehiges Europa in einer globalen Welt" (Maerz
2006;1), eine aggressive Freihandelsagenda zu Gunsten europaeischer
Konzerne. Schwerpunkte sind:

* Oeffnung der Dienstleistungssektoren des Suedens fuer europaeischen
Konzerne;

* Sicherer Zugang zu und Kontrolle der strategischen Bodenschaetze wie
Mineralien, Erdoel, Energie, Land, Artenvielfalt und Wasser;

* Oeffnung der Beschaffungskaeufe zentralamerikanischer Regierungen
fuer europaeische Lieferanten;

* Urheberrechtsschutz zu Gunsten der Konzerne;

* Verbesserung des Schutzes von Investitionen aus Europa;

* Abschaffung staatlicher Hilfen fuer lokale Firmen in Zentralamerika;

* Faellen der Zollschranken.

Von der Freihandelszone mit Europa profitieren freilich auch
zentralamerikanische Exporte. Ganz besonders in Costa Rica, dem
zentralamerikanischen Hauptexporteur nach Europa. Im Jahr 2007
summierten sich die Exporte aus Costa Rica auf 8,2 Milliarden
US-Dollar, 50 Prozent davon generierte die Warenausfuhr nach Europa,
49 Prozent in die USA und nur ein Prozent in andere Maerkte. Die
wichtigsten Exportprodukte sind dabei Ananas, Banane, Kaffee,
Honigmelone und Mango. Mehr als die Haelfte der Ananasproduktion und
etwa ein Drittel der Kaffeeproduktion wird in die EU exportiert.

Gigantische Monokulturen

Aufgrund der relativen Kaufschwaeche der internen Maerkte in
Zentralamerika bildeten sich in allen Laendern agroindustrielle
Konglomerate, die gigantische Monokulturen unterhalten. Regenwaelder
werden abgeholzt, das Grundwasser mit Pestiziden vergiftet und
Viehbauern vertrieben. Waehrend zahlreiche Zentralamerikaner von
Hunger bedroht sind, wachsen auf diesen Feldern dann nur
Exportprodukte fuer den Nachtisch in den Industrienationen.

Der Agrarexportsektor wird potentiell vom Wegfallen der Zollschranken
profitieren. Ein Wirtschaftsbereich, in dem die Konzentration von viel
Boden in Haenden einer kleinen Elite besonders ausgepraegt ist, der
die meisten staatlichen Subventionen erhaelt und beherrscht wird von
der traditionell ultrakonservativen Landoligarchie Zentralamerikas.

Protest gegen EU-Kontakte zu Honduras

Mehr als 70 soziale und regierungsunabhaengige Organisationen haben in
der costaricanischen Hauptstadt San José eine Erklaerung
veroeffentlicht, in der sie sich entschieden gegen das geplante
Freihandelsabkommen zwischen der Europaeischen Union und den sechs
lateinamerikanischen Staaten wenden. Waehrend Bruessel die
Staatsfuehrungen mit Entwicklungshilfe und Investitionen von bis zu
einer Milliarde Euro bis zum Jahr 2013 lockt, warnen die in der
"Regionalen Kampagne gegen die Flexibilisierung der Arbeit"
zusammengeschlossenen Organisationen vor den zu erwartenden negativen
Folgen der von der EU im Gegenzug geforderten Marktliberalisierung.

In dem gemeinsamen Aufruf protestieren die unterzeichnenden
Organisationen, darunter zahlreiche Gewerkschaften, auch gegen die
Einladung der aktuellen Regierung von Honduras zu den laufenden
Vertragsgespraechen. Die Fuehrung unter dem konservativen Unternehmer
Porfirio Lobo Sosa ist international kaum anerkannt und wird in
Lateinamerika als Fortfuehrung der Diktatur gesehen, die in dem
mittelamerikanischen Land seit einem Militaerputsch Ende Juni 2009
herrschte.

Die Einladung an die Vertreter der Lobo-Regierung sei "ein weiteres
Zeichen dafuer, dass es bei den Verhandlungen nur um reine
Marktinteressen geht", heisst es in dem Appell, in dem auf die
zunehmenden politischen Morde an Aktivisten der honduranischen
Demokratiebewegung verwiesen wird.

Bruessel sucht Gespraech mit Lobo-Regierung

"Zu diesen Morden an fuehrenden Mitgliedern der Zivilgesellschaft
kommen die ersten Ernennungen hoher Staatsposten durch Porfirio Lobo",
heisst es in dem Dokument weiter. So habe der international isolierte
Staatschef General Romeo Vásquez Velásquez zum Praesidenten der
Telefongesellschaft Hondutel ernannt. Vásquez Velásquez hatte den
Putsch gegen die letzte demokratisch gewaehlte Regierung
durchgefuehrt.

Die EU erkennt die Regierung Lobo offiziell bislang nicht an. Die
Einladung zu den Freihandelsgespraechen wird jedoch als erster Schritt
hin zu einer Anerkennung gesehen.
(Torge Loeding und Harald Neuber, die Autoren haben zu dem Thema zwei
Beitraege im Portal www.amerika21.de veroeffentlicht, die die
Redaktion der "Neuen Rheinische Zeitung" zu einem zusammengefasst
hat.)

Quelle: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=15009&css=print

(1)
http://europa.eu/legislation_summaries/external_trade/r11022_de.htm



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