**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 6. April 2010; 23:09
**********************************************************

Fremde/Recht/Kommentar:

> Schwachstellen bei Bleiberecht

Ein Jahr nach der Novelle: NGOs verlangen Nachbesserungen

Ein Jahr gilt nun die neue Bleiberechts-Regelung. Nachdem
Verfassungsgerichtshof und Nichtregierungsorganisation monatelang auf
eine Neuregelung des humanitaeren Aufenthalts im Fremdenrecht
gedraengt hatten, traten die neuen Bestimmungen am 1.April 2009 in
Kraft.

Zum Jahrestag ziehen Fluechtlings-NGOs in einem umfassenden Bericht,
der von Integrationshaus, Diakonie, asylkoordination oesterreich,
Volkshilfe und SOS-Mitmensch erstellt wurde, Bilanz und fordern
zahlreiche Nachbesserungen. Die Anwendungs-Praxis habe zahlreiche
Schwachstellen des Regelwerkes zu Tage gefoerdert, berichten die
Betreuungsorganisationen.

Bis 1.Maerz 2010 wurden laut der veroeffentlichten Statistik des BMI
in 1254 Faellen positiv entschieden. Hochgerechnet auf ein Jahr
bedeutet dies ca. 1400 positiv erledigte Faelle, wobei die
tatsaechliche Zahl hoeher liegen duerfte, aufgrund von
Zeitverzoegerungen in der statistischen Erfassung. Bei den positiv
abgeschlossenen Antraegen haben zwei Drittel eine unbeschraenkte
Niederlassungsbewilligung erhalten, fuer ein Drittel wurde eine
Niederlassungsbewilligung beschraenkt erteilt. Lediglich 22 Personen
erhielten nach der Altfallregelung eine Niederlassungsbewilligung. In
etwa 70 Faellen wurde negativ entschieden, wobei das Innenministerium
nur einen Bruchteil der ablehnenden Entscheidungen erfasst.

Positiv wird im Bericht hervorgehoben, dass Menschen, die auf Grund
ihres Rechts auf Privat- und Familienleben nicht ausgewiesen werden
duerfen, jetzt von Amts wegen eine Niederlassungsbewilligung erhalten.
Damit wurde eine kuriose Luecke geschlossen, die vor Abschiebung
geschuetzten Menschen einen legalen Aufenthalt verwehrte.

Besonders kritisiert wird im Bericht die so genannte Altfallregelung
fuer Asylsuchende, die seit mindestens 1. April 2004 im Land sind. Die
Huerden fuer diese Regelung wuerden sich in der Praxis als kaum
ueberwindbar erweisen, bisher haette die Innenministerin lediglich
fuer 22 Personen eine Aufenthaltsbewilligung erteilt.

Die obligatorische Patenschaft, Diskriminierung beim
Arbeitsmarktzugang und willkuerliche Aufenthaltsverbote seien die
haeufigsten Hindernisse. Im Bericht wird dies etwa mit dem Fall der
Familie Durmisi aus Roethis/Vorarlberg illustriert.

Ueber den Vater der kosovarischen Familie wurde von den deutschen
Behoerden ein Aufenthaltsverbot ausgesprochen, weil dieser seine in
Muenchen lebende Mutter besuchte. Ein Aufenthaltsverbot stellt fuer
das Bleiberecht ein absolutes Erteilungshindernis dar, Antraege werden
gar nicht erst entgegen genommen.

Empfehlungen:

* Abschiebeaufschub waehrend des Verfahrens: Das verfassungsrechtlich
vorgesehene Recht auf Verbleib im Bundesgebiet ist nur dann effektiv
gewaehrleistet, wenn keine Abschiebung droht. Seit Mai 2004 sind
negative Asylbescheide mit einer Ausweisung verbunden; mit deren
Rechtskraft geht auch eine vorhandene Beschaeftigungsbewilligung und
damit die Erteilungs-Voraussetzung "Selbsterhaltungsfaehigkeit"
verloren.

* Zugang zum Arbeitsmarkt: Personen, denen ein humanitaerer
Aufenthaltstitel gewaehrt wird, werden ihr weiteres Leben aller
Voraussicht nach in Oesterreich verbringen. Ein uneingeschraenkter
Zugang zur Erwerbstaetigkeit ist daher unbedingt notwendig.

* Generelles Bleiberecht nach 5 Jahren: Weiterhin wird eine
unbuerokratische Stichtagsregelung angeregt. Menschen, die fuenf Jahre
im Land sind und kein Aufenthaltsrecht besitzen sollen ohne weitere
Voraussetzungen ein Bleiberecht erwerben koennen.
(asylkoordination oesterreich)

Der Bericht ist unter
http://www.asyl.at/fakten_1/bleiberechtsbericht_03_10.pdf abrufbar.



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin