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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 23. Februar 2010; 20:51
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Debatten:

Seit laengerer Zeit kursiert in der Linken ein Aufruf, der immer
wieder modifiziert wurde, und nun einer breiteren Oeffentlichkeit zur
Kenntnis gebracht werden soll. Hier der Text, wie er juengst
veroeffentlicht wurde:
*

> Fuer eine Linke mit gesellschaftlicher Dimension!

Vorbemerkung zur ueberarbeiteten Version: Dies ist ein
Diskussionspapier, in dem es um die Frage nach Chancen und
Moeglichkeiten fuer eine neue linke Organisierung mit
gesellschaftlicher Dimension geht. Die Diskussion ist aus der
Unzufriedenheit mit den existierenden Strukturen der Linken
hierzulande erwachsen, aber auch aus der Hoffnung gespeist, dass ein
Neuanfang moeglich, ja notwendig ist. Trotzdem ist unsere Diskussion
zuallererst ein Versuch. Eine Linke mit gesellschaftlicher Dimension
kann nicht auf dem Reissbrett entworfen werden, sondern lebt von der
Dynamik, die sie entfaltet.


Die Linke in Oesterreich 2010 - Staerken und Schwaechen

Die radikale Linke ist heute meist in unterschiedlichsten Netzwerken
taetig. Sie stellen insofern den "modernsten" Fluegel der
gesellschaftlichen Veraenderung dar als sie die Ueberwindung des
"klassischen Typus der Partei" (mit umfassendem Anspruch der
Organisation aller Lebensbereiche) verkoerpert. Die Vielfalt dieser
Linken drueckt sich u.a. durch Themenreichtum, Selbstverstaendnis,
Geschlecht, Generation, Handlungsebene und -weise, Milieu aus.

Diese Staerke ist zugleich aber ihre Schwaeche. Durch diese
Ausrichtung besitzen diese Gruppen naemlich spezifisches Wissen und
Erfahrung und organisieren sich oft ausschliesslich nach den sie
bestimmenden Parametern. Das kann einen reduzierten Szene-Blick
foerdern und engt oftmals sowohl hinsichtlich inhaltlicher wie
organisatorischer Gesichtspunkte die Erweiterungsfaehigkeit des
eigenen Taetigkeitsbereichs ein

Das reine Aneinanderfuegen dieser Gruppen bedeutet dabei noch keine
Erreichung gesellschaftlicher Bedeutung - es besteht die Moeglichkeit,
dass diese Summe die Summe ihre Teile nicht uebersteigt (evtl. sogar
verringert) und somit keine zusaetzliche Dynamik erreicht werden kann.
Umgekehrt bedingt das Verharren nur in separaten Strukturen die
Gefahr, dass die eigene tendenzielle gesellschaftliche
Bedeutungslosigkeit aus der Innenperspektive nicht mehr ersehen und
vor allem veraendert werden kann. Der von uns angestrebten neuen
Organisierung geht es also nicht nur um eine reine Koordinierung
bestehender Initiativen, sondern um die Potenzierung emanzipatorischer
Kraefte in allen Bereichen der Gesellschaft.


Warum eine neue Organisierung (und wie kann sie entstehen)?

Wenn der "Kommunismus die wirkliche Bewegung ist, welche den jetzige
Zustand aufhebt" (Marx), so muessen Prozesse, die diese Aufhebung
anstreben, im Hier und Jetzt stattfinden. Keine Organisation kann auf
der politischen Ebene diese Prozesse ersetzen oder stellvertretend
vollziehen. Eine Herangehensweise, in der Veraenderungen nur durch
vorherige Machtergreifung und -ausuebung denkbar sind, lehnen wir
genauso ab wie eine zynische Distanzierung vom politischen Handgemenge
unter Betonung der reinen Lehre und der moralischen Ueberlegenheit.

Die Befreiung von Unterdrueckungs- und Herrschaftsverhaeltnissen kann
unseres Erachtens nach aber nicht allein Ziel unseres Handelns sein,
sondern muss im umfassenden solidarischen Umgang miteinander ihren
Ausdruck finden. Die Ueberwindung herrschender
Geschlechterverhaeltnisse, rassistischer Zuschreibungen und des
Kapitalverhaeltnisses - also die Perspektive eines guten Lebens fuer
alle - bedarf vor allem und ganz konkret des Eingreifens in Politik,
Oekonomie, Medien, Kultur und Alltag. Es geht uns also um "Kritik im
Handgemenge" und um das Produzieren und Vertiefen gesellschaftlicher
Brueche. Es geht uns um den Aufbau von Formen nachkapitalistischer
Vergesellschaftung wie um das Eingreifen in existierende Bewegungen
zur Ueberwindung von Ausbeutung und Herrschaft - in allen
Lebensbereichen!

Die Vorteile der kollektiven Organisierung ueber die Zusammenhaenge
hinaus, in denen wir individuell und/oder als Gruppen bereits jetzt
taetig sind, liegen

- in der erhoehten Wahrnehmung groesserer Strukturen,

- in der besseren Nutzung gemeinsamer Ressourcen,

- in einer relevanteren Mobilisierungsfaehigkeit,

- in der Moeglichkeit eines breitenwirksamen publizistischen
Auftretens,

- in der besseren Koordinierung von Aktionen und Kampagnen.

Wir erkennen hierin die Chance, ueber gezielte Interventionen und
Debatten die kritische Schwelle der "gesellschaftlichen Dimension" zu
durchbrechen und auch in den zyklischen Flauten sozialer Bewegungen
fuer die Sichtbarkeit und Diskussion von Alternativen zu sorgen!

Je mehr Gruppen, Initiativen und Individuen dieses Projekt
unterstuetzen, desto mehr Personen werden sich dafuer interessieren.
Alle AkteurInnen bringen ihr Wissen und Kontakte, ihre Forderungen und
Erfahrungen ein - es liegt an der Plattform selbst, hieraus Dynamik zu
entwickeln.

Keinesfalls entsteht die Organisierung als Wahlinitiative. Zwar kann
sich die Organisierung nicht unpolitisch zu Wahlen verhalten, doch
wird sie sich unter keinen Umstaenden auf Minderheitenfeststellungen
einlassen.


Wofuer will die Organisierung stehen?

Fuer ein gutes Leben fuer alle! Es gibt keinen Kapitalismus mit
menschlichem Antlitz! Fuer ein Gemeinwesen frei von Kapital,
Ausbeutung und Staaten, frei von geschlechtlichen Zuschreibungen,
rassistischen Zumutungen und subjektiven Zwangsverhaeltnissen.

Gegen das Kapitalverhaeltnis zu sein, beinhaltet die Kritik und
angestrebte Abschaffung von Lohnarbeit, Privateigentum an
Produktionsmitteln, Grundeigentum sowie sexistischer und rassistischer
Modi der gesellschaftlichen Arbeitsteilung. Klar ist auch, dass
Geschlechterhierarchien und Rassismus nicht auf das Kapitalverhaeltnis
reduziert werden koennen. Alle Formen herrschaftlicher
Vergesellschaftung gilt es zu ueberwinden.

Die Funktion unserer Organisation waere es, all jene im Prozess der
Selbstermaechtigung zu unterstuetzen, die mit der gegenwaertigen
autoritaeren und ausbeuterischen Struktur von Wirtschaft und
Gesellschaft zusammenstossen. Unsere Aufgabe ist es, ihre Erfahrungen
zu verallgemeinern, sowie die Bedingungen und Ursachen einer
umfassenden Kritik zu unterziehen. Sinnvolle Aktionen sind daher immer
solche, die auch Selbstvertrauen, Autonomie, Initiative, Teilnahme,
Solidaritaet, egalitaere Tendenzen und Eigenaktivitaet in sozialen
Auseinandersetzungen staerken.

Aus unseren Aktivitaeten, Diskussionen und Analysen ist eine
Programmatik zu entwickeln, die der Vielfalt unseres Denkens und
Handelns gerecht wird und gleichzeitig eine Perspektive kollektiver
Veraenderung in den Blick nimmt. Startpunkt hierfuer ist unser
gemeinsames Experiment und nicht eine von allen in allen Punkten
geteilte "Weltanschauung".


Wie koennten die Strukturen aussehen?

Verbindlichkeit ist noetig, um kontinuierliche politische Taetigkeit
zu entwickeln. Deshalb soll es persoenliche Mitgliedschaften geben.
Zwecks Verfuegbarkeit notwendiger Infrastruktur sollen auch
Mitgliedsbeitraege eingehoben werden. Doppelmitgliedschaften sind
dabei selbstverstaendlich moeglich.

Wichtiger Aspekt unserer Organisierung soll insbesondere eine
Offenheit gegenueber all jenen Leuten sein, die auf Grund ihrer
Lebensumstaende nicht regelmaessig an unseren Aktivitaeten teilnehmen
koennen. Wichtig ist, dass die Partizipationsmoeglichkeiten aller
Individuen gefoerdert und unterstuetzt werden sollen, sodass sich eine
Struktur der Entfaltung und nicht eine des gegenseitigen Verhinderns
und Misstrauens entwickeln kann. Mehr als formaler Regeln braucht die
Kultur des solidarischen Umgangs eine Grundhaltung, die auf Akzeptanz
baut.

Die Bekaempfung von Machtasymmetrien - insbesondere in Bezug auf
Geschlechterverhaeltnisse, rassistische Zuschreibungen oder jene
zwischen "Insidern" und Aussenstehenden - kennt keine Patentrezepte!
Staendige gemeinsame Reflexion sowie die Anwendung unterschiedlicher
Formen herrschaftsvermeidender Kommunikation bedeuten deshalb wichtige
Hilfestellungen.

Da die linke, eine groessere Oeffentlichkeit erreichende Publizistik
voellig am Boden liegt, sehen wir Handlungsbedarf, ein derartiges
Medium (das Debatten innerhalb der Organisierung widerspiegelt, unsere
Aktivitaeten bekannt macht, in Bewegungen interveniert sowie
Gesellschaftsanalysen "bietet") zu entwickeln. ###


Unterzeichnet wurde dieser Aufruf bislang von: Amanshauser Bernhard,
Apprich Clemens, Baiculescu Michael, Bargehr Gabriele, Bartenberger
Martin, Beneder Beatrix, Bernat Regina, Birkner Martin, Bratic
Ljubomir, Dimitrova Petja, Dorfer Bernhard, Eckhart Walter, Eder
Barbara, Exner Andreas, Fleissner Peter, Forster Franziskus, Gangl
Georg, Glatz Lorenz, Grass Markus, Gruenewald Andreas, Haumer Peter,
Hoertner Pablo, Isop Utta, Jauk Daniela, Jesenitschnig Tobias, Keller
Fritz, Kerschbaum Thomas, Kranebitter Andreas, Kratzwald Brigitte,
Krondorfer Birge, Kumrow David, Lambrecht Wolfgang, Lauk Christian,
Leder Anna, Lehner Peter Ulrich, Mende-Danneberg Baerbel, Mercnik
Manfred, Mokre Monika, Monk Rainer, Naetar Franz, Nahar Renate,
Neuhold Petra, Noestlinger Franz, Oberscheider Rainer, Pfeiffermann
Karl, Pichl Peter, Presch Hedwig, Reinprecht Karl, Reitter Karl,
Ressler Oliver, Rieger Ralph, Riva Gianni, Rosenberg Laurin, Schaefer
Franz, Schandl Franz, Schmidt Wolfgang, Schneider Guenter,
Schoenberger Klaus, Schrage Dieter, Spoerl Andreas, Strutz Helmut,
Taucher Philip, Wallner Gerold, Weiss Stephanie, Weissenborn Elke,
Wollner Eveline, Ziegler Petra, Zoister Klaus

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Im Laufe des Fruehjahrs 2010 ist eine erste Konferenz "... auf dem Weg
zu einer Linken mit gesellschaftlicher Dimension" (Arbeitstitel) in
Wien geplant. Die Unterzeichnenden wuerden sich freuen, wenn sich
viele Leute aus verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen ihrem
Aufruf anschliessen wuerden, d.h. ihn auch unterzeichnen. Dies ist
unter der Kontaktadresse organisieren{AT}lnxnt.org moeglich. Einstweilige
Webadresse: http://superlinke.blog.at/



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