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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 2. Februar 2010; 13:44
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Debatte:
Weitere Stellungnahme zur Totschlag-Glosse von Bernhard Redl in
akin 2/2010 (http://akin.mediaweb.at/2010/02/02recht3.htm).
> Selbstbestimmung ist unantastbar
Elfriede Hammerl hatte zu diesem Thema eine Glosse fuer das "profil"
verfasst, in dem sie aehnlich argumentierte wie die meisten anderen
KommentatorInnen: "Was letztlich ausschlaggebend war fuer dieses
Urteil, das derzeit fuer heftige Debatten sorgt, der Sexismus der
Urteilenden oder ihre Einschaetzung von Auslaendern als Menschenschlag
mit speziellen Sittenvorstellungen, wird nicht geklaert werden
koennen. [...] Vielleicht war der Verweis auf die Ethnie des Taeters
ja nur eine faule Ausred' dafuer, dass es nach Ansicht der Richtenden
grundsaetzlich eine Provokation ist, wenn eine Frau sich
scheiden lassen will. Oder aber es steht hinter dem Urteil vor allem
eine massive Verachtung auslaendischen Menschen gegenueber,
derzufolge einzukalkulieren und zu billigen sei, dass in diesen
Kreisen ein Frauenleben nicht viel wert ist."
profil-und akin-Leser Kurt Winterstein schrieb ihr darauf ein Email,
mit dem er Redls Text mitschickte, worauf sich ein Briefwechsel
entspann, den wir mit Zustimmung von Hammerl und Winterstein hier
wiedergeben:
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Sehr geehrte Frau Hammerl,
vorweg, es ist dies wirklich das erste Mal, dass ich nicht Ihrer
Meinung (also im wesentlichen) bin. Zugegeben, als ich Ihren Artikel
zum ersten mal las, war ich Ihrer Meinung, wie (hoffentlich) doch
nicht so wenige andere OesterreicherInnen auch. Dann allerdings habe
ich einen Artikel, der in der AKIN (einer Wochenzeitschrift mit einer
Minimalstauflage) gelesen und bin ins Gruebeln gekommen. Ich bin auch
jetzt noch nicht ganz sicher, ob ich mit dem Autor voellig
uebereinstimme.
Ich kann Ihnen versichern, dass Bernhard Redl die oesterreichische
Judikatur stets ausserordentlich kritisch betrachtet und es
gewissermassen sensationell ist, wenn er einmal ein Gerichtsurteil
nicht voellig in der Luft zerreisst. Ich moechte Sie ersuchen, den
nachfolgenden Artikel zu lesen und mir Ihre Reaktion mitzuteilen.
mit freundlichen Gruessen
Kurt Winterstein
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Sehr geehrter Herr Winterstein,
ich habe die Argumentation Redls aufmerksam gelesen, kann mich ihr
aber nicht anschliessen. Verstaendlich wird der Affekt des Taeters ja
nur, wenn man - diesfalls unter Beruecksichtigung seines
ethnischen/kulturellen Backgrounds - die Menschenrechte seiner Ehefrau
einschraenkt, wenn man es also/ verstaendlich/ findet, dass er ihr
kein Recht auf Scheidung zubilligt. Das aber widerspraeche unserer
Rechtsordnung, derzufolge die Selbstbestimmung eines Menschen ein
unantastbares Rechtsgut darstellt, das auch dann nicht zur Disposition
steht, wenn ein anderer (z.B. der Ehemann) es (z.B. infolge seiner
religioesen/kulturellen Praegung) in Frage stellt.
In diesem speziellen Fall hat der Taeter, wie ich von informierter
Seite weiss, seine Frau fortgesetzt misshandelt. Weil sie sich
deswegen von ihm scheiden lassen wollte, griff er zum Messer und in
der Folge zum Stahlrohr, und zwar, nachdem er eine Stunde zuvor
angekuendigt hatte, dass sie ihre Absicht bereuen wuerde. Von einer
den Taeter selbst ueberraschenden Gemuetsbewegung (wie sie zum Affekt
wohl gehoert) kann also eher keine Rede sein.
Aber selbst wenn der Fall anders gelagert waere: Dass einer oder eine
mit der Absicht einer/eines anderen nicht einverstanden ist, kann
Gewalt nicht/ verstaendlich/ machen, zumindest nicht im juristischen
Sinn.
Nehmen wir an, ein Ehemann erschlaegt seine Frau, weil ihm die Suppe
zu heiss war: Totschlag in verstaendlichem Affekt? Weil eine zu heisse
Suppe aus der subjektiven Sicht des Taeters eine toedliche Beleidigung
darstellte?
Mit freundlichen Gruessen und in der Hoffnung, dass uns dieses Urteil
nicht entzweit
Elfriede Hammerl
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Sehr geehrte Frau Hammerl,
Hmm, nachdenklich macht mich vor allem die Ankuendigung des Ehemannes,
die Sie erwaehnen, was den Affekt mehr als fragwuerdig erscheinen
laesst und von der ich nichts gewusst habe oder diese Tatsache
vergessen oder ueberlesen habe. Ich glaube schon, dass Gewalt
verstaendlich sein kann, aber natuerlich nicht gebilligt werden darf.
Und Totschlag ist ja auch kein Ladendiebstahl, wenn auch in diesem
Lande Eigentumsdelikte vergleichsweise hoeher bestraft werden als
Delikte gegen Leib und Leben und ein Ladendieb sogar von einem
Polizisten erschossen werden kann, was hoffentlich auf die schlechte
Ausbildung dieses Beamten zurueckzufuehren ist.
Ganz sicher wird uns die Beurteilung dieses Verfahrens nicht
entzweien.
mit freundlichen Gruessen
Kurt Winterstein
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Lieber Herr Winterstein,
es ist, denke ich, ein Unterschied, ob man Gewalt als Privatperson
gelegentlich emotional versteht ("Also, dem/der haett ich's aber auch
gegeben...") oder ob diese Art Verstaendnis in eine juristische
Entscheidung einfliesst.
Das Justizministerium hat auf das Utrteil jedenfalls inzwischen mit
einem Erlass reagiert, in dem u.a. festgehalten wird, dass
"Gewalthandlungen im Zusammenhang mit Scheidungs- oder
Trennungsankuendigungen regelmaessig gegen eine allgemeine
Begreiflichkeit einer heftigen Gemuetsbewegung sprechen".
Mit freundlichen Gruessen
Elfriede Hammerl
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