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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 2. Februar 2010; 13:32
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Mexiko/USA:

> "Die Militarisierung ist nicht der Weg um die politische Krise
> Mexikos zu meistern."

Interview von Mike Whitney mit Laura Carlsen, Direktorin des Americas
Policy Program in Mexiko-Stadt, ueber die Rolle von Barack Obama bei
der Militarisierung Mexikos.
*

- Koennen Sie erklaeren was der Plan México ist und wie er mit dem
Nordamerikanischen Freihandelsabkommen (NAFTA) zusammenhaengt?

Laura Carlsen: Der Mexiko-Plan, auch Initiative Mérida genannt, ist
ein von der Bush-Regierung ausgearbeiteter und im Oktober 2007
vorgestellter Dreijahresplan fuer eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet
der regionalen Sicherheit. Der Plan entstand durch die Ausweitung der
NAFTA auf Sicherheitsfragen, bekannt als Nordamerikanische Allianz
fuer Sicherheit und Wohlstand ASPAN (Alianza para la Seguridad y
Prosperidad de América del Norte). Eigentlich sollte der Mexiko-Plan
im Rahmen des Gipfels der drei ASPAN-Mitgliedsstaaten verkuendet
werden, was aber aufgeschoben wurde. Er wird dargestellt als Antrag
des mexikanischen Praesidenten Felipe Calderón auf US-Hilfe im
Anti-Drogenkampf, aber in Wirklichkeit wurde er in Washington
vorbereitet als eine Erweiterung des Sicherheitsgebietes der USA; das
heisst, Mexiko sollte sich um die Sicherheitsprioritaeten der USA
kuemmern unter Einbeziehung der polizeilichen Kontrollen an der
Suedgrenze und ermoeglichen, dass Sicherheitsfirmen und US-Agenten an
mexikanischen Geheimdienst- und Sicherheitsoperationen teilnehmen
konnten. Der Mexiko-Plan veranschlagte 1,4 Mrd. US-Dollar, vornehmlich
vorgesehen fuer auslaendische Militaerfinanzierung. Er wird
beschrieben als ein Vorschlag bestehend aus
"Drogenbekaempfungs-Einheiten, Anti-Terror-Einheiten und Grenzschutz."

- Nach seiner Wahl zum Praesidenten begann Felipe Calderón das
Militaer im sogenannte Krieg gegen die Drogen einzusetzen. Seitdem gab
es einen staendigen Anstieg der eingesetzten Truppen und eine
Eskalation der Gewalt. Welche Rolle spielt Washington in dieser
andauernden Operation zur Aufstandsbekaempfung?

LC: Die Obama-Regierung hat den Plan unterstuetzt und sogar vom
Kongress zusaetzliche Mittel beantragt und bekommen, mehr als das, was
die Regierung Bush beantragt hatte. In den drei Jahren seitdem
Calderón den Krieg gegen die Drogen in Mexiko mit der Unterstuetzung
der USA begann, hat die Gewalt im Drogengeschaeft zugenommen und die
Berichte ueber Menschenrechtsverletzungen haben sich versechsfacht.
Mehr als 45.000 Soldaten wurden in Gemeinden und auf der Strasse in
ganz Mexiko stationiert. Washington raeumt ernste Probleme mit dem
Modell des Anti-Drogenkrieges ein, besteht aber absurderweise darauf,
dass die Zunahme der Gewalt in Mexiko ein gutes Zeichen sei. Denn es
zeige, dass die Kartelle unter Druck gesetzt seien, so das Argument.
Der Plan an sich beinhaltet kein wirkliches Kriterium, an dem die
Leute sehen koennen, ob er erfolgreich ist oder nicht. Und zwar damit
er trotz seines Scheiterns weiterhin finanziert werden kann.
Vor der Vergabe von 15 Prozent der Mittel wurde beim Innenministerium
(Departamento de Estado) ein Menschenrechtsbericht angefragt, der
vergangenen Sommer schliesslich vorgelegt wurde. Doch obwohl der
Bericht fehlende Fortschritte im Bereich der Menschenrechte
kritisierte (unter Einbeziehung von Berichten ueber ungestrafte
Folter, fehlende zivile Rechtsprechung fuer Militaerangehoerige,
Ermordung von Zivilisten und Korruption), genuegte die simple
Tatsache, dass der Bericht vorgestellt worden ist, um die Geldmittel
zu bewilligen.
Bis jetzt gelten diese Massnahmen noch nicht als Aufstandsbekaempfung,
weil es in Mexiko keine allgemeine Aufstandsbewegung gibt. Aber die
Angriffe in den letzten Jahren auf fuehrende Oppositionsfiguren der
Basis lassen befuerchten, dass diese bereits Zielobjekt der zunehmend
militarisierten Gesellschaft sind.

- In Ihrem Artikel sagen Sie, dass die Initiative Mérida die direkte
Konsequenz der nationalen Sicherheitsdoktrin ist, welche Mexiko in den
bilateralen Beziehungen aufgezwungen wurde. Bedeutet dies, dass die
Bush-Regierung den Krieg gegen die Drogen und den Terror benutzt hat,
um die wirklichen politischen Zwecke zu verschleiern? Wenn ja, welche
Zwecke waeren das?

L.C.: Die Bush-Regierung hat das Paradigma des Antiterrorismus dazu
benutzt, die US-Praesenz in strategischen Gebieten auszudehnen. In
Mexiko ging es um den Abschluss lukrativer Vertraege im Verteidigungs-
und Geheimdienstbereich, indem man der rechtsgerichteten Regierung
geholfen hat; denn diese hatte aufgrund der unaufgeklaerten
Betrugsvorwuerfe bei den Wahlen 2006 immer noch mit ernsthaften
Legitimationsproblemen zu kaempfen.

- Gibt es Geheimdienste, Spezialkraefte oder Soeldner aus den
Vereinigten Staaten, welche Kommandos zur Aufstandsbekaempfung in
Mexiko durchfuehren? Bittet man Mexiko, diese US-Kommandos mit Hilfe
von Sicherheitsvertraegen bzw. Handelsabkommen zuzulassen?

L.C.: Mexiko duldet keine US-Soldaten auf seinem Territorium. Dennoch
gibt es eine steigende Praesenz der Drogenbekaempfungsbehoerde DEA
(Drug Enforcement Administration) sowie anderer US-Agenten im Land,
ebenso privater Sicherheitsunternehmen. Wir haben keine ausreichenden
Moeglichkeiten, um diese Praesenz und die Aktivitaeten dieser fuer
Sicherheitsmassnahmen und Trainingszwecke unter Vertrag genommenen
privaten Firmen zu ueberwachen. Das ist ein schwerwiegendes Problem.

- Was fuer Auswirkungen hatte die Militarisierung bisher auf die
politische Meinungsaeusserung? Wie sind die Basisorganisationen,
Gewerkschaften und indigenen Gruppen betroffen? Gab es einen Anstieg
der Gewalt in Zusammenhang mit den Militaers, wie z.B.
Vergewaltigungen, koerperliche Misshandlungen, Folter und Morde?

L.C: Es gab eine Zunahme der Menschenrechtsverletzungen durch das
Militaer. In einigen Regionen wurden Dissidenten vom Militaer
angegriffen. Frauen, Indigene, Migranten, Dissidenten und Jugendliche
sind besonders verletzbar.*
Mehr als 50 mexikanische Menschenrechtsorganisationen haben beim
US-Kongress eine Petition eingereicht, damit dieser der Initiative
Mérida seine Unterstuetzung entzieht. Woertlich heisst es: "Mit vollem
Respekt bitten wir darum, dass der Kongress der Vereinigten Staaten
und das Innenministerium den Streitkraeften keine Mittel oder
Direktprogramme zuweist, weder im Rahmen der Initiative Mérida noch in
anderen Programmen fuer die oeffentliche Sicherheit in Mexiko (...)
Wir bitten die Vereinigten Staaten dringendst, die Unterstuetzung
einer ganzheitlichen Loesung des Sicherheitsproblems in Betracht zu
ziehen, die sich mit den Ursachen der Gewalt beschaeftigt, sowie auf
dem Respekt der Menschenrechte basiert und nicht auf der Logik des
Krieges."

- Haben Sie irgendeine Besserung oder Veraenderung der Politik seit
der Wahl Obamas beobachtet?

L.C: Nein. Die Regierung hat dem gescheiterten Anti-Drogenkrieg ihre
volle Unterstuetzung ausgesprochen. Aber es gibt Anzeichen einer
Reform der nationalen Drogenpolitik, die Auswirkungen auf die
auslaendischen Bemuehungen haben koennte. Die Rhetorik von der
"Mitverantwortung" ist nicht wirklich neu, und den Bemuehungen, dem
Waffenschmuggel sowie der Nachfrage nach Waffen beizukommen folgte
keine neue Politik. Der Schwerpunkt liegt nach wie vor auf Militaer
und Gewalt, ohne dass irgendwelche Mittel in den Plan Mérida fuer
eventuelle Gesundheitsprogramme wie Behandlung oder Praevention von
Drogenabhaengigkeit geflossen waeren.
(poonal / leicht gek.)


* Anm.: "Die Militarisierung Mexikos hat zu einem starken Anstieg der
Morde in Verbindung mit dem Anti-Drogenkrieg gefuehrt. Sie hat zu
Vergewaltigungen und Missbrauch der Frauen durch Soldaten in Gemeinden
im ganzen Land gefuehrt. Die Menschenrechtsbeschwerden gegen die
Streitkraefte haben sich versechsfacht. Die mexikanischen
Streitkraefte unterliegen nicht dem Zivilrecht, sondern ihren eigenen
Militaertribunalen, die nur in seltenen Faellen Urteile verhaengen."
Aus: "The Perils of Plan Mexico", Laura Carlsen, Counterpunch.



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