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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 13. Jaenner 2010; 12:36
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Sozial/Arbeit:
> Schwieriges Verhandlungsterrain
Zu den gescheiterten BAGS-Kollektivvertragverhandlungen
Der Kollektivvertrag der "Berufsvereinigung von Arbeitgebern fuer 
Gesundheits- und Sozialberufe" (BAGS-KV) gilt mittlerweile fuer etwa 
75.000 bis 80.000 (die GPA-djp kolportiert abwechselnd Zahlen in 
dieser Groessenordnung) Beschaeftigte im Gesundheits- und 
Sozialbereich. Er orientiert sich am Abschluss der BeamtInnen, daher 
ist die erste Verhandlungsrunde immer erst Mitte Dezember angesetzt.
Die Begeisterung ueber den Inhalt des erstmaligen Abschlusses des 
Kollektivvertrages 2006 hielt sich bereits vielerorts in Grenzen, 
Sozialbetriebe in Bundeslaendern wie Niederoesterreich haben aber auch 
deutlich profitiert. In bezug auf die teils schwammigen 
arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen (Kann-Bestimmungen, etwa dass die 
Auszahlung einer Erschwerniszulage von Arbeitgebern und 
BetriebsraetInnen im Rahmen einer Betriebsvereinbarung ausverhandelt 
werden koennen) hatte die Gewerkschaft versucht die Beschaeftigten zu 
beschwichtigen. Der Kollektivvertrag sei eher jung, das Rahmenrecht 
jaehrlich neu verhandelbar und verbesserbar. Ja genau. Nur: Im 
Rahmenrecht gab es bislang keine Verbesserungen, dem Drang der 
Arbeitgeberseite nach weiterer Flexibilisierung der Arbeitszeit wird 
eher nachgegeben. Die Zeitstruktur der Verhandlungsrunden ist 
dermassen knapp bemessen, dass sowohl die Arbeitgeber als auch die 
ArbeitnehmerInnenvertretung erleichtert sind, wenn sie sich auf eine 
Gehaltserhoehung einigen koennen. Fuer das Rahmenrecht bleibt wenig 
Zeit. Fuer viele Beschaeftigte der ‚Lebenshilfe Salzburg gGmbH' etwa 
hat dieser Kollektivvertrag zu deutlichen Verschlechterungen gefuehrt. 
Selbstverstaendlich ist die Geschaeftsfuehrung nicht bereit, eine 
Betriebsvereinbarung darueber abzuschliessen, eine SEG-Zulage 
(sogenannte Schmutz-Erschwernis- und Gefahrenzulage) freiwillig 
auszubezahlen. Die Gehaltstabellen lassen insgesamt eine duerftige 
Einstufung zu - soweit, so schlecht.
Fuer den BAGS-KV Abschluss 2010 haben es die Arbeitgeber (die 
Geschaeftsfuehrer diverser Sozialbetriebe) uebertrieben, zu 
unverschaemt waren ihre Forderungen, sie konnten bislang die 
ArbeitnehmerInnenvertretung nicht ueber die Klinge springen lassen. In 
der ersten Verhandlungsrunde Mitte Dezember 2009 hat die Gewerkschaft 
die Verhandlungen fuer unterbrochen erklaert, die Arbeitgeber hatten 
eine Gehaltserhoehung zwischen 0,0% und 0,5% vorgeschlagen. Die zweite 
Verhandlungsrunde ist geplatzt, die Gespraeche wurden als abgebrochen 
erklaert, in dieser Runde hatten die Arbeitgeber bereits 0,9% bis 
etwas ueber 1,1% Gehaltserhoehung vorgeschlagen. Dennoch war man nicht 
zu einer Einigung gekommen. Bevor es am 21. Jaenner 2010 zum naechsten 
Verhandlungstermin kommt, findet am Donnerstag, den 14. Jaenner ein 
bundesweiter Aktionstag statt. In zahlreichen Staedten, etwa in Wien, 
Graz, Klagenfurt und Linz werden Kundgebungen organisiert.
Es gibt keinen Abschluss fuer eine Gehaltsanpassung 2010 fuer die 
betroffenen Beschaeftigten des BAGS-KV, das spueren die 
ArbeitnehmerInnen auf ihren Lohnzettel unmittelbar. Im Sozialbereich 
sind die ArbeitnehmerInnen an einer Mitgliedschaft in einer 
Gewerkschaft in eher geringerem Ausmass interessiert, im Sprachjargon 
der Gewerkschaft heisst das dann: der Organisationsgrad ist gering. 
Entsprechend gering - behaupte ich jetzt einmal - ist das 
gewerkschaftliche Engagement, daraus ergeben sich die Resultate fuer 
die Kollektivvertraege in diesem Bereich, was wiederum zur Folge hat, 
dass sich Menschen, die im Sozialbereich taetig sind, nicht adaequat 
vertreten fuehlen. Im Kontext der hier geschilderten 
Auseinandersetzung teilen viele GewerkschaftsfunktionaerInnen und 
BetriebsraetInnen die Auffassung, dass es ein positives Signal sein 
kann, dass die Gewerkschaft gerade im Sozialbereich sich nicht 
herbeiphantasierten Wirtschaftszwaengen beugt. Die Chance, die die 
Gewerkschaften sehen, ist die, dass den Beschaeftigten zu Bewusstsein 
gelangt, dass ein Gehaltsabschluss, eine Gehaltserhoehung und bessere 
Arbeitsbedingungen keine Selbstverstaendlichkeit sind, sondern 
jaehrliche neue Verhandlungsmasse darstellen.
Die GeschaeftsfuehrerInnen der Sozial- und Gesundheitsbetriebe 
wiederum agieren nicht im luftleeren Raum, um jeden Groschen Geld 
muessen sie mit BeamtInnen und PolitikerInnen kaempfen. Die 
Geschaeftsfuehrungen empfinden sich diesem Systemrad gegenueber 
haeufig als ausgeliefert und geben den Druck, dem sie nicht in der 
Lage sind standzuhalten nach "unten", in die jeweiligen Betriebe 
weiter.
Sozialdemokratisch ist nicht sozial
Eine Gewerkschaft im Gesundheits- und Sozialbereich hat es mit den 
entsprechenden Regierenden zu tun, wenn sie ihre Aufgabe ernst nimmt. 
Hier wird es schon auffaellig: In Bundeslaendern, die 
sozialdemokratisch gefuehrt werden, lassen sich Forderungen der 
ArbeitnehmerInnenvertretung weniger umsetzen als in einem Bundesland, 
in welchem die OeVP auf dieser politischen Ebene den Ton angibt: In 
Oberoesterreich konnten dank dem Engagement von pro mente und exit 
sozial etwa Aenderungskuendigungen erfolgreich verhindert werden.
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich freu mich ueber die Kundgebungen. Ich 
bin immer noch Gewerkschaftsmitglied. Einst hatte ich vermeint, der 
Mitgliedsbeitrag ist fuer die Streikkasse, das war wohl ein naiver 
Gedanke. Und dennoch wuerde es mich freuen, wenn es gelaenge, den 
Arbeitgebern die Stirn zu bieten. Gerade im Sozialbereich.
*rosalia krenn, betriebsraetin lebenshilfe salzburg*
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