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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 13. Jaenner 2010; 12:58
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Deutschland/NATO:

> Die Sicherheit am Hindukusch

Die Proteste gegen die Muenchner Siko sind heuer stark vom Einsatz der
Bundeswehr in Afghanistan gepraegt


"Den Regierungsmitgliedern der NATO-Staaten, den Militaers,
Kriegsstrategen und Ruestungslobbyisten, die sich alljaehrlich zur so
genannten Sicherheitskonferenz in Muenchen treffen, ist eines
gemeinsam: Sie sind mit verantwortlich fuer die voelkerrechtswidrigen
Kriege gegen Jugoslawien, gegen den Irak und Afghanistan mit
zehntausenden von Toten, fuer wachsenden Terror, Folter und
Fluechtlingselend." So beginnt der Aufruf zu den Protesten gegen die
46.Muenchner "Sicherheitskonferenz" (Siko) Anfang Februar.

Politisch heikel ist diese heuer ganz besonders wegen der
Kunduz-Affaere. Zur Erinnerung: 2 US-amerikanische Kampfbomber hatten
am 4.September 2008 aufgrund von Informationen der deutschen
Bundeswehr nahe der Stadt Kunduz eine Menschenansammlung bombardiert,
bei der es zumindest ueber 100 Tote gegeben haben duerfte. Diese
Nachricht platzte mitten in den Bundestagswahlkampf -- die
Bundesregierung behauptete zuerst, dass es sich um "Aufstaendische"
gehandelt habe, und danach, dass sie von den wahren Umstaenden nicht
informiert worden waere. Auch waere nie dieses Ausmass an
Blutvergiessen beabsichtigt gewesen -- selbst das kann mittlerweile
schwer in Zweifel gestellt werden, kamen doch erst im Dezember
Berichte an die Oeffentlichkeit, wonach es eine gezielte, zwischen
Bundesnachrichtendienst und CIA abgesprochene Eskalationsstrategie
geben soll, um die Taliban einzuschuechtern.

Grund genug also, dass sowohl das Aktionsbuendnis gegen die
NATO-Sicherheitskonferenz als auch Polizei von einer weitaus
groesseren Demobeteiligung als in den vergangenen Jahren ausgehen.
Demokoordinator Claus Schreer nannte die Muenchner Konferenz eine
"hochkaraetige Kriegstagung zur Rechtfertigung der
NATO-Angriffskriege". Heftige Kritik uebte er besonders an der
sogenannten "Taschenkarte" fuer deutsche Soldaten in Afghanistan.
Darin heisse es, Afghanen, die ein "sonst wie feindseliges Verhalten"
zeigten, seien als militaerische Ziele anzusehen. Dies komme einem
"Freibrief fuer praeventive Kriegsfuehrung" gleich, meinte Schreer.
Zur Forderung des Leiters der Sicherheitskonferenz, Wolfgang
Ischinger, die deutschen Truppen muessten verstaerkt werden, um das
deutsche Ansehen nicht zu beschaedigen, sagte er: "Auf kriegerisches
Ansehen Deutschlands pfeifen wir."

Divide et impera

Allerdings gibt es einige Probleme beim Zusammenhalten des
Aktionsbuendnisses. Weil Autonome eine Veranstaltung von Attac
Muenchen mit Siko-Leiter Ischinger gestoert hatten, zog sich Attac --
ohne die Kritik an der Siko abschwaechen zu wollen -- aus dem Buendnis
zurueck. Umgekehrt traegt auch nicht gerade zur guten Stimmung bei,
dass sich ein ehemaliger Bundestagsabgeordneter der Linken von
Ischinger zur Konferenz hatte einladen lassen. Norman Paech, bekannt
als harter Kritiker der deutschen Afghanistan-Politik war bis zum
Sommer aussenpolitischer Sprecher der Linksfraktion gewesen, hatte
aber nicht wieder kandidiert. Eine Rede wird Paech wohl auf der Siko
nicht halten duerfen, er will aber trotzdem mit den anderen
Teilnehmern reden: "Ich werde die Kritik an der Nato in den
Konferenzsaal tragen", meinte Paech. Andere haben da ihre Bedenken:
"Es waere schaedlich fuer uns, wenn es heisst, die Friedensbewegung
nimmt an der Sicherheitskonferenz teil", betont Bernd Michl vom
Muenchner Friedensbuero. "Das Treffen ist und bleibt auch weiterhin
eine Kriegskonferenz", warnt Hagen Pfaff von Attac.

Rechtshilfe

Die Geschichte der Proteste gegen die Sicherheitskonferenz ist
gekennzeichnet durch zumeist recht brutale Polizei-Einsaetze, die oft
Dutzende Festnahmen und viele Verletztungen zur Folge hatten. Daher
wird es auch diesmal eine Rechtshilfe (im deutschen Chargon
"Ermittlungsausschuss" genannt) und wahrscheinlich auch eine
"Beobachtergruppe" geben. Diese bestehe laut Selbstdarstellung aus
einer "Gruppe von Abgeordneten, AerztInnen, JournalistInnen,
JuristInnen, TheologInnen und Angehoerigen von Menschenrechtsgruppen",
die beobachten will, "wie die DemonstrantInnen ihr Grundrecht auf
Versammlungsfreiheit wahrnehmen, und wie die Polizei es garantiert".
*-br-*

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Geplantes: Am Freitag, 5. Februar 2010 18 Uhr finden Aktionen zum
Rathausempfang auf dem Marienplatz statt ("Mitmachorchester"). Am
Samstag, 6. Februar, 13 Uhr Marienplatz, die bundesweite
Grossdemonstration gegen die Muenchner Kriegstagung. Der
Ermittlungsausschuss wird unter der Muenchner Festnetznummer 448-96-38
erreichbar sein.

Link: http://sicherheitskonferenz.de



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