**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 15. Dezember 2009; 20:32
**********************************************************

Nord-Sued:

> Die Sojakette --
> Globales Wirtschaften zu Lasten lokaler Bevoelkerungen

Anbau in Suedamerika und Masttieranlagen in Europa

Dass Sojamonokulturen in Paraguay und Argentinien mittlerweile die
Landschaften bestimmen, ist wahrscheinlich keine Neuigkeit. Und dass
Schweinemastanlagen zum Beispiel in Ostdeutschland in grossem Stil
aufgezogen werden, haben wir auch schon mitbekommen. Der Zusammenhang
zwischen diesen beiden Entwicklungen ist die so genannte Sojakette.
Soja wird in Suedamerika produziert, dann ueber den Ozean nach Europa
verfrachtet und schliesslich aufgrund seines hohen Proteinanteils an
Masttiere verfuettert.

Immer mehr Gemeinden verschwinden in Paraguay und anderen
lateinamerikanischen Laendern fuer den Anbau von Soja. Dafuer werden
Mio. Hektar Wald gerodet. So wurde in Paraguay im Jahr 2008 auf 2,6
Mio. Hektar Land Soja kultiviert - bei insgesamt nur 4,2 Mio. Hektar
an ausgewiesener anbaufaehiger Agrarflaeche im Land. Der Verlust von
Lebensraum und Arbeitsmoeglichkeiten durch die stark industrialisierte
Landwirtschaft macht den Menschen in Suedamerika schwer zu schaffen.
Sie fuerchten, dass sie ihre Heimat verlieren werden und in die
groesseren Staedte abwandern muessen. Schon jetzt sind sie nicht mehr
sicher, was sie von ihren eigenen Feldern ernten. Durch die Anwendung
des Pestizids Roundup-Ready, das beim Sojaanbau eingesetzt wird,
werden ihre Felder direkt belastet. Der Abstand zwischen bespruehten
Sojafeldern und den Gaerten der Einheimischen liegt teilweise bei
knapp zehn Metern. Die Folgen sind unter anderem die Wasser- und
Bodenvergiftung und dramatische Gesundheitsprobleme. Nicht selten
leiden BewohnerInnen der Anbaugegenden unter Kopfschmerzen, Durchfall
und Hauterkrankungen. Die Krebs- und Fehlgeburtenrate ist hoeher als
in anderen Gebieten. Auch gab es bereits Todesfaelle, die direkt mit
den Spruehungen des Pestizids in Verbindung gebracht werden koennen.

Der Anbau von Monokulturen festigt gleichzeitig auch die ohnehin schon
ungleiche Verteilung von Land in Paraguay. Dreiviertel des Landes sind
im Besitz von nur 1 Prozent der Bevoelkerung. Landflucht und Armut
sind die Folgen. Immer mehr Land wird an auslaendische Investoren
verkauft, waehrend den Campesin{AT}s nicht einmal genug Anbauflaeche fuer
die eigene Versorgung bleibt.

Die Menschen demonstrieren gegen den exzessiven Anbau von
genmanipuliertem Soja, gegen die massiven Pestizidspruehungen und fuer
eine intakte Umwelt und die Zukunft ihrer Kinder. Dabei ist es immer
wieder zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen.
Schwerverletzte und Tote sind auf der Seite der DemonstrantInnen zu
verzeichnen.

Am anderen Ende dieser Sojakette wird das in Paraguay angebaute Soja
an Masttiere verfuettert. So zum Beispiel in den Schweinemastanlagen
in Deutschland. Auf dem Gelaende von ehemaligen
LPG-Tierproduktionsbetrieben werden nun wieder Schweinezucht- und
Schweinemastanlagen geplant. In Alt-Tellin in Mecklenburg soll eine
Anlage fuer 250.000 Ferkel entstehen, die von 10.000 Muttersaeuen
"produziert" werden. In Immenrode im Kyffhaeuserkreis leben 500
Menschen, der Investor Henry von Asten plant eine Mastanlage mit
14.000 Tieren.

Die Mitglieder der Buergerinitiative Immenrode befuerchten, dass die
Boeden und das Wasser infolge der Guellemassen vergiftet werden, der
Gestank und das hohe Verkehrsaufkommen die TouristInnen in Zukunft
fern halten wird und kleinere Betriebe aufgrund der Preiskonkurrenz
eingehen werden. All das kann nicht durch die angekuendigte Schaffung
von Arbeitsplaetzen gerechtfertigt werden: Faktisch sollen nur 4,5
Arbeitsplaetze entstehen.

Die PolitikerInnen stehen auf kommunaler Ebene hinter den
ImmenroderInnen, die Landesregierung jedoch ist in gutem Kontakt mit
dem niederlaendischen Investor Henry von Asten: Bauland wird van Asten
zugesprochen, dass noch kurz zuvor als Aufforstungsgebiet genutzt
werden sollte. Die Landesregierung kann damit nur glaenzen.
Schliesslich wird das BIP in Thueringen gesteigert, wenn die Ferkel
werden in Nordhausen "produziert", in Immenrode gemaestet und
schliesslich in Weimar geschlachtet werden. Seit Jahren wehren sich
die ImmenroderInnen - bislang erfolgreich - dagegen, dass diese
Politik zu ihren Lasten gemacht wird.

An beiden Enden der Sojakette gibt es - wenn auch in unterschiedlichem
Masse - Arbeitslosigkeit, Vertreibung, Umweltverschmutzung und
entgegengesetzte Positionen von BuergerInnen auf der einen und
PolitikerInnen auf der anderen Seite. Und auf beiden Seiten der Welt
gibt es den festen Willen, sich gegen die Profitgier von einigen und
fuer den eigenen Lebensraum einzusetzen. Mit einer
Videobotschaften-Aktion der niederlaendischen NGO "A Seed" konnten
sich die betroffenen BuergerInnen in Paraguay und Deutschland und den
Niederlanden gegenseitig ihre Lage erzaehlen und sich Mut machen - und
sich somit trotz der Entfernungen solidarisieren.
(Laura Zierke, NPL / poonal)

Vergleiche hierzu auch den Audiobeitrag der Autorin im Rahmen der
Kampagne "Knappe Ressourcen? - Gemeinsame Verantwortung!" der
kostenlos angehoert und heruntergeladen werden kann unter der URL
http://www.npla.de/onda/content.php?id=976



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin