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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 15. Dezember 2009; 20:10
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Kapitalismus/Glosse:

> Alles bleibt bestens

Jetzt ist also die Hypo gerettet, ach, was sind wir alle froh. Und wir
zahlen gerne 450 Millionen und noch mehr fuer die Sanierung der Bank.
Wobei anzumerken ist, dass vor einem Jahr schon 900 Millionen aus dem
Bankenhilfspaket als Kredit der Republik in die Bank geflossen sind.
Da hiess es, damit waere die Bank saniert und schliesslich wuerde das
Geld ja wieder zurueckgezahlt werden. Mit Zinsen! Nunja...

"Geben Sie Ihren Traeumen eine Chance." Das ist die derzeitige
Werbekampagne der Hypo. Bildlich umgesetzt mit Fesselballonen, die in
den Himmel steigen -- ja, das haben wohl auch die Manager gedacht, als
sie meinten ihre windigen Deals, fuer die sich mittlerweile
Staatsanwaltschaften in mehreren Laendern interessieren, koennten so
richtig abheben. Einer der Gruende, warum die Hypo Group Alpe Adria
gar so ins Schleuder gekommen ist, war ja ihr katastrophales
"Ostgeschaeft". Aber damit ist sie nicht allein -- Banken mit
Stammsitz in Oesterreich glauben schon seit vielen Jahren, den grossen
Reibach in jenen Laendern machen zu koennen, die sich frueher
sozialistisch nannten. In Kroatien beispielsweise ist die Hypo zwar
nicht unbedeutend, trotzdem kann man etwa in Rijeka den Eindruck
bekommen, die Stadt gehoere ganz allein der Erste-Bank -- die hat
naemlich im dortigen nicht gerade riesigen Stadtgebiet 11 Filialen; in
Zagreb sind es 18. Die Erste hat ausserdem noch Toechterbanken in
Tschechien, Slowenien, Ungarn, Serbien, Rumaenien und der Ukraine.

Die oesterreichische Raiffeisen hat sich auch sehr im "Osten"
engagiert und tut es weiter: Das neueste Projekt ist eine
"Direktbank", also eine Bank ohne Filialen, die in Ungarn taetig
werden soll -- von Wien aus und nach oesterreichischem Recht: "Die
modernen Online-Produkte und -Dienstleistungen ... werden die
Angebotspalette unseres klassischen Bankgeschaefts ideal ergaenzen und
weiter zur Staerkung der Liquiditaet unseres Konzerns beitragen"
heisst es in der Jubelmeldung des Bankenkonzerns. Die Wahrheit sieht
ein bisserl anders aus. Das Osteuropa-Wirtschaftsmagazin
"Centropolitan" aetzt: "Beobachter halten die Direktbank eher fuer
einen Plan B." Denn Raiffeisen hatte sich in Ungarn in der Krise eine
blutige Nase mit seinen Filialen geholt und musste wieder 20 davon
schliessen. Jetzt versuchen sie es halt anders bei den Magyaren --
unter anderem mittels 1,75 Mia. Euro aus dem Bankenhilfspaket.

Und so wird weiter auf Teufel komm raus von oesterreichischen Banken
in schlechter alter k.u.k.-Kolonialmanier versucht, das Geldgeschaeft
in diesen Laendern zu dominieren -- geht es gut, fliesst der Gewinn in
die Taschen der Shareholder und Manager, wenn nicht, naja, siehe
Hypo...

Tobin Tax? -- Wer´s glaubt...

Aber jetzt wird wenigstens auf einem benachbarten Schlachtfeld der
Geldwirtschaft alles anders: Denn die EU hat verkuendet, die Tobin-Tax
einfuehren zu wollen. Man weiss zwar nicht genau warum, denn die
deutsche Bundeskanzlerin spricht davon, dass dies notwendig sei, damit
"nie wieder" der Steuerzahler eine Bank retten muesse, waehrend der
EU-Kommissionspraesident meint, eine solche Steuer sei notwendig, um
den Kampf gegen den Klimawandel zu finanzieren.

Aber trotzdem: Ein Grund zum Jubeln! Naja, einen kleinen Haken gibt es
schon: So richtig einfuehren will die EU die Steuer eigentlich nicht,
Kommission und Rat haben lediglich den Internationalen Waehrungsfond
aufgefordert, sich zu ueberlegen, ob dieser nicht Vorschlaege in
ungefaehr diese Richtung machen wollte. Dass die USA ueber solche
Vorschlaege nicht sonderlich erfreut sind und ohne die USA im IWF
nichts zu wollen ist und, selbst wenn der IWF einer
Finanztransaktionssteuer naehertreten wuerde, die USA da
hoechstwahrscheinlich trotzdem nicht mitmachen werden wollen,... das
ist alles bekannt. Und ohne die USA koenne man so etwas natuerlich
nicht einfuehren, toent es aus der EU. Aber immerhin koennen dann die
Oberen auf unserer Seite des Atlantik sagen, sie haetten alles getan,
doch Washington sei schuld, dass es nicht geklappt habe. Genauso wie
man in Wien immer sagt, Bruessel sei an allem schuld, und in Kaernten
dasselbe ueber Wien.

Der Verdacht liegt nahe, dass die EU sich sehr darum sorgt, ihr Image
aufzupolieren, waehrend ihr Interesse am Vermeiden neuer
Spekulationsblasen eher gering ist -- denn daran verdienen einfach
viel zu viele ganz wichtige Leute, denen man ja doch nicht wehtun
moechte.

Egal, ob bei spekulativen Geschaeften in Osteuropa, in der Karibik
oder sonstwo: Es wird sich wohl doch nichts aendern und alles bleibt
bestens.
*Bernhard Redl*



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