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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 1. Dezember 2009; 20:11
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Asyl:

> Ein altes Ehepaar...

Familienzusammenfuehrung? Humanitaet? Wurscht! Dublin rules und in
Polen ist es doch viel schoener...
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Letzte Woche wurden Herr und Frau D. nach Polen abgeschoben. Ein
altes, krankes tschetschenisches Ehepaar. Um der Verfolgung in ihrer
Heimat zu entgehen, waren sie ueber Polen nach Oesterreich
gefluechtet, wo ihre drei Soehne seit fuenf Jahren als anerkannte
Fluechtlinge leben und arbeiten.

Die durchschnittliche Lebenserwartung in Tschetschenien betraegt 65
Jahre. Herr D. ist 69 und leidet an Epilepsie; seine 61jaehrige Frau
ist ebenfalls schwer krank und schwach. Wie viel Zeit bleibt ihnen
noch?

In Oesterreich lebten sie bei einem der Soehne in Bregenz, wurden im
Kreis der Familie gepflegt und betreut. Angehoerige begleiteten sie
zum Arzt, dolmetschten fuer sie, unterstuetzten sie finanziell.

Das hat ihnen sehr geholfen, koerperlich und vor allem seelisch; es
ist ihnen etwas besser gegangen. Drei Monate lang. Dann stand die
Polizei in Bregenz vor der Tuer.

"Nicht zustaendig", hatte das Bundesasylamt entschieden. Wer ueber
Polen einreist, muss auch wieder nach Polen zurueck. So steht es in
der "Dublin-Verordnung". Das Asylamt fuegt noch eine Portion Zynismus
hinzu: In Polen wuerden die D.'s bestimmt eine bessere medizinische
Versorgung bekommen, als sie die Angehoerigen hier bieten koennen...

Die Soehne sind zufaellig keine ausgebildeten Aerzte. Solche werden
sich aber fuer die Eltern auch in Polen schwer finden lassen.

Die D.'s waren naemlich schon einmal in Polen, 24 Stunden in einem
Fluechtlingslager. Beide berichten von menschenunwuerdigen Zustaende,
beide wollen unter keinen Umstaenden dorthin zurueck, wo sie eine
Nacht im Stehen, ohne Nahrung und ohne Medikamente verbringen mussten.

Asyl in Not hat gegen den negativen Bescheid des Bundesasylamts
Beschwerde erhoben. Selbst die "Dublin-Verordnung" enthaelt eine
"humanitaere Klausel", die es es jedem Mitgliedsstaat erlaubt,
Familienangehoerige zusammenzufuehren, auch wenn er nicht zustaendig
ist. So etwa, wenn "die betroffene Person aufgrund einer schweren
Krankheit, einer ernsthaften Behinderung oder hohen Alters auf die
Unterstuetzung einer anderen Person angewiesen ist".

All das trifft auf die D.'s zu. Unsere Einwaende blieben ungehoert.
Der Asylgerichtshof hat die Beschwerde nicht einmal abgewiesen; er hat
einfach gar nichts getan. Nicht einmal die "aufschiebende Wirkung"
zuerkannt. Wenn er das nicht binnen sieben Tagen tut, ist der Bescheid
vollstreckbar.

Sonntag frueh hat die Polizei Herrn und Frau D. aus der Wohnung ihres
Sohnes in Bregenz geholt. Man brachte sie zunaechst nach Wien ins
Polizeigefaengnis Rossauer Laende. Sohn und Schwiegertochter fuhren
ihnen nach, sassen verzweifelt in unserem Buero, wir konnten nichts
fuer sie tun.

Man hat Herrn und Frau D. nach Polen abgeschoben. Dort sind sie
allein.
*

> Foto-Aktion zum Tag der Menschenrechte

Der 10. Dezember ist der Tag der Menschenrechte. An diesem Tag werden
schoene Worte geschrieben und gesprochen, aber die Wirklichkeit sieht
anders aus. Die Menschenrechte werden taeglich gebrochen.

Und am 1.1.2010 treten die unmenschlichen Gesetzesverschaerfungen der
Fekter-Novelle in Kraft.

Die im Dunkeln sieht man nicht. Zeigt, dass ihr hinseht. Zeigt, dass
ihr da seid. Und zeigt, dass ihr gegen Unmenschlichkeit und fuer
Menschenrechte steht.

Wir brauchen so viele Menschen wie moeglich, die uns ihr Portrait
schicken. Die Bilder werden auf der Homepage von Asyl in Not
veroeffentlicht und bei einer Videoprojektion am WUK,
Waehringerstrasse, gezeigt. Wichtig ist, dass die Augen zu sehen sind,
der Rest des Gesichtes kann verdeckt werden. Wir brauchen keine Daten
von euch. Alle Bilder werden anonym veroeffentlicht. Wer keine Kamera
besitzt, kann sich bei Asyl in Not, an der Hauptuni Wien und am
Campus/AAKH fotografieren lassen (Bitte vorher anrufen unter: 0660 /
3491830)
*Michael Genner*, Asyl in Not (gek.)

Bilder an: office{AT}asyl-in-not.org,
Waehringer Strasse 59/2/1, 1090 Wien



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