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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 17. November 2009; 19:44
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Tuerkei:
> Gewerkschaft als Terrororganisation
"Mitgliedschaft in einer Terrororganisation"! So lautet der Vorwurf 
der tuerkischen Justiz gegen 22 Mitglieder der KESK, einem 
Gewerkschaftsbund fuer den Oeffentlichen Dienst -- ein Vorwurf, der so 
vage ist, dass eine Anklage nicht schwerfaellt. Der Verdacht liegt 
aber nahe, dass da andere Dinge dahinterstecken.
Seit Jaenner 2009 waren mehrere Dutzend Telefone von 
Gewerkschaftsbueros und Privathaushalten abgehoert worden. Die 
gesammelte Gespraechsprotokolle reichten den Verfolgungsbehoerden Ende 
Mai fuer ausgedehnte Hausdurchsuchungsaktionen und 36 Festnahmen.
Anfang Juni wurden 14 der Festgenommenen wieder freigelassen, der Rest 
sitzt seither in U-Haft. Dieser Tage ist vor dem Gerichtshof fuer 
Kapitalverbrechen Anklage gegen die 22 Inhaftierten erhoben worden.
Die konkrete Vorwuerfe duerften eher nebensaechlich sein -- aehnlich 
wie in Oesterreich muss ja bei solchen Verschwoerungsdelikten keine 
Einzeltat nachgewiesen werden.
Interessant dabei ist allerdings, dass die KESK in letzter Zeit den 
Behoerden ziemlich auf die Nerven gegangen sein duerfte: Im November 
2008 und im Februar 2009 organisierten sie Demos in Ankara und 
Istanbul gegen die damals geplanten Tarifvertraege und vor allem gegen 
die Art der diesbezueglichen Verhandlungen. Tuerkische Beamte duerfen 
naemlich nicht nur nicht streiken, sondern ihre Gewerkschaften haben 
auch kein Mandat zu Tarifverhandlungen. Wobei dies ja sowieso ein 
Fortschritt ist, denn bis 2005 durften Beamte nicht einmal 
gewerkschaftlich vertreten sein. Damals wurde auf Druck auch der 
Internationalen Arbeitsorganisation, aber vor allem der EU ein 
Zulassungsgesetz beschlossen -- nur halt leider mit jenen 
Einschraenkungen.
Seither wurden immer wieder "Tarifgespraeche" gefuehrt -- mit 
handverlesenen Gewerkschaftern, die die KESK wohl nicht zu unrecht als 
"gelbe" einstuft. Aber auch diese Gespraeche sind eben keine 
Tarifverhandlungen, deren Ergebnisse also mit keinerlei 
Rechtswirksamkeit versehen. Gegen diese Gespraeche laeuft die KESK 
seit 4 Jahren Sturm.
Ein besonderer Dorn im Auge der Regierung duerfte speziell auch die 
EGITIM-SEN sein. Das ist die Bildungs-Einzelgewerkschaft innerhalb der 
KESK. Die hatte die Frechheit, "Erziehung in der Muttersprache" zu 
fordern -- wenn die Muttersprache nicht Tuerkisch ist, ist das in der 
Tuerkei immer noch ein grosses Problem. Auch wandte sie sich strikt 
gegen den Einfluss kreationistischer Schoepfungslehre im Unterricht.
Vor Gericht stehen neben einigen einfachen Mitglieder auch 
Funktionaere, wie der fruehere KESK-Generalsekretaer und drei 
Frauenbeauftragte von KESK und EGITIM-SEN.
Die KESK ist Mitglied im Europaeischen und im Internationalen 
Gewerkschaftsbund.
*Bernhard Redl*
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