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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 17. November 2009; 19:26
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Asyl/Recht:
> Hilfe, wir bleiben ueber!
von *Michael Genner, Asyl in Not*
Vorige Woche war ich auf dem "Asylforum", einem 
gesamtoesterreichischen NGO-Treffen; es stand ganz im Zeichen der 
Gesetzesverschaerfung, die am 1.1.2010 in Kraft tritt, und der 
Subventionsstreichung fuer die grossen Organisationen.
Asyl in Not hat ja zum Glueck schon laengst keine Foerderungen mehr zu 
verlieren. Indirekt sind wir aber trotzdem betroffen. Eine (im 
uebrigen sehr nette) Kollegin von der Volkshilfe hat mich gleich mit 
den Worten begruesst: "Weisst eh, ich schick' jetzt alle Leute zu 
euch, denn wir haben ja keine Rechtsberatung mehr"...
Weniger vermissen werden wir die Caritas, die schon bisher trotz hoher 
Subventionen unser Wartezimmer mit Weggeschickten fuellte, deren 
"Faelle" sie fuer aussichtslos hielt; schlimmer kann es von dieser 
Seite kaum werden.
Unvergessen bleiben mir fuenf Menschen, die in Eisenstadt wochenlang 
in Schubhaft sassen, unter Caritasbetreuung, ohne Schubhaftbeschwerde, 
bis ich zufaellig von ihnen hoerte und Haftbeschwerden schrieb; danach 
waren sie in wenigen Tagen frei. Aber das nur am Rande.
Dramatisch hingegen ist die Totalstreichung der Subvention fuer die 
Diakonie in Traiskirchen (fuenf Arbeitsplaetze). Die KollegInnen dort 
machten bisher mit grossem Engagement das Gleiche wie wir, naemlich 
vor allem Beratung tschetschenischer Fluechtlinge, insbesondere 
"Dublin-Verfahren".
Wenn sie zusperren (oder auch nur abbauen), werden ihre KlientInnen zu 
uns wollen. Genau das werden sie aber wegen der Gebietsbeschraenkung 
nicht koennen: sie duerfen ab 1.1. im gesamten Zulassungsverfahren den 
Bezirk Baden nicht verlassen, widrigenfalls werden sie eingesperrt.
Wie genau das zugehen wird, wissen wir noch nicht; wahrscheinlich 
faengt die Polizei die Leute dann aus der Badnerbahn heraus. Die 
Beschwerdefrist im Dublinverfahren wird von zwei auf eine Woche 
verkuerzt. In so kurzer Zeit werden die Leute nur schwer jemanden 
finden, der fuer sie ein Rechtsmittel ergreift.
Die gefoerderte Rechtsberatung in Traiskirchen hat das 
Innenministerium dem Ecker-Verein geschenkt. Dieser Verein der 
Polizeifreunde hat jetzt quasi ein Staatsmonopol auf Subventionen; wie 
die Beratung aussehen wird, koennen wir uns denken.
Mir liegt jetzt schon ein Fall vor, wo ein tschetschenischer 
Fluechtling ein Formular dieses Vereins unterschrieben und angekreuzt 
hat: "Hilfe und Beratung - JA, ich moechte mit einem Mitarbeiter des 
Vereins Menschenrechte Oesterreich sprechen"; bald darauf unterschrieb 
er einen Rechtsmittelverzicht. Er wurde abgeschoben. In die Slowakei, 
wo die Anerkennungsrate Null Prozent betraegt...
Ein grosser Teil der Fluechtlinge wird sehr rasch in der Schubhaft 
verschwinden. Die Traiskirchner Fremdenpolizei wird das neue Gesetz 
als Freibrief auffassen. Sie uebt jetzt schon fleissig: Vor zwei 
Wochen kamen wir zufaellig drauf, dass sie fuenf afghanische 
Fluechtlinge - nach heutigem Gesetz voellig rechtswidrig! - bei der 
Asylantragstellung in Traiskirchen verhaftet hat.
Unseren Schubhaftbeschwerden gab der Unabhaengige Verwaltungssenat 
(UVS) Wiener Neustadt offenkundig zaehneknirschend und nur unter dem 
Druck der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs statt. Ab 1. Jaenner 
wird das wohl nicht mehr so sein.
Wir werden dann wieder, wie zu Prokops Zeit, flaechendeckend 
Schubhaftbeschwerden schreiben, die wir leider, wie damals, in erster 
Instanz beim UVS verlieren und erst Monate spaeter (so hoffen wir) 
beim Verwaltungsgerichtshof gewinnen werden.
Ich habe daher auf dem "Asylforum" angekuendigt, dass Asyl in Not 
daran denkt, einen Beratungstag pro Woche in Traiskirchen 
durchzufuehren. Die (wie wir vom Staat voellig unabhaengige) 
Deserteurs- und Fluechtlingsberatung hat das Gleiche vor.
Die Diakonie wird, wie wir hoeren, das Buero in Traiskirchen nicht 
zusperren, aber vermutlich Personal abbauen. Ihr Buero wird daher, so 
hoffen wir, auch uns und der Deserteursberatung zur Verfuegung stehen. 
Wenn nicht, stellen wir uns mit Klapptisch, Laptop und Kohlenoeferl 
vor das Lagertor.
Diese neuen Herausforderungen bedeuten viel mehr Arbeit fuer unser 
kleines, ohnedies voellig ueberlastetes Team. Daher muessen wir 
aufstocken. Wir nehmen weiterhin PraktikantInnen auf (vorzugsweise 
JusstudentInnen, aber auch aus anderen Fachbereichen). Wir suchen fuer 
naechstes Jahr (ab Februar) einen Zivildiener mit abgeschlossenem 
Studium.
Wir wollen aber auch, wenn das Geld nur irgendwie reicht, zusaetzliche 
RechtsberaterInnen anstellen - auf Teilzeit oder wenigstens 
geringfuegig beschaeftigt.
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Spendenkonto: Raiffeisen (BLZ 32000), Kontonummer 5.943.139, Asyl in 
Not. Und bitte, nicht vergessen: KUNSTASYL - die Kunstauktion fuer 
Asyl in Not!, Donnerstag, 3. 12. 2009, ab 19h; Theater Nestroyhof 
Hamakom, 1020 Wien, Nestroyplatz 1
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