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  akin-Pressedienst.
  Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 17. November 2009; 19:39
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  Polizei/Demonstrationsrecht/International:
  
  > Managing Crowds
  
  Sicherheitskonzepte bei Gipfelprotesten
  
  Dieser Text ist der Versuch, Erfahrungen mit staatlichen
  Repressionsapparaten und polizeilichen Sicherheitskonzepten waehrend
  ausgewaehlter europaeischer Gipfelproteste systematisch auszuwerten
  und auf den G8 in Heiligendamm zu spiegeln. Dabei wollen die
  AutorInnen der Gruppe Gipfelsoli sicherlich keine endgueltigen
  Schlussfolgerungen ziehen, aber Tendenzen aufzeigen, die eine Rolle
  fuer zukuenftige autonome Interventionen spielen.
  (Zitierte Rechtsverweise beziehen sich, so nicht anders angegeben, auf
  deutsches Recht.)
  
  *
  
  Einige Ansaetze sind uns bei der vergleichenden Analyse besonders
  wichtig. Wir fokussieren auf Massenproteste seit dem unbestrittenen
  Hoehepunkt der europaeischen globalisierungskritischen Bewegungen in
  Prag, Goeteborg und Genua.
  
  Zwar unterliegt jeder Polizeieinsatz nationalen Rahmenbedingungen.
  Dennoch versuchen wir, international praktizierte Muster von
  Repression herauszufiltern. Wir zeigen auf, dass der erfolgreiche,
  teils militante Widerstand weitreichende Veraenderungen und eine
  Standardisierung europaeischer Polizeiarbeit bei "polizeilichen
  Grosslagen" zur Folge hatte. "Polizeiliche Grosslagen" bezeichnen
  Einsaetze in den Bereichen Politik oder Sport und sind in ihrem Aufbau
  sehr aehnlich. Weil uns radikaler Widerstand mehr am Herzen liegt als
  Fussball, beschraenken wir uns hier auf Gipfelproteste. Wir zeigen die
  verschobenen Koordinaten, in denen autonome Interventionen sich
  zukuenftig bewegen: Die Rolle von Raeumen bei sicherheitspolitischen
  Erwaegungen, neue Formen internationaler Polizeizusammenarbeit,
  Techniken zur Informationsgewinnung, die Rolle von Propaganda bei
  medialen Grossereignissen, den Einbezug von Militaer in
  Sicherheitskonzepte, Einsatztechnik und schliesslich die
  sicherheitspolitische Nachbereitung von Gipfelprotesten.
  
  Eine weitere einleitende Ueberlegung liegt uns besonders am Herzen:
  Ueber Repression zu schreiben hatte schon immer etwas Ungemuetliches,
  gibt es doch kein ermutigendes Bild von Aktionsmoeglichkeiten
  linksradikaler Bewegung. In einer sich globalisierenden
  "Sicherheitsarchitektur", in der der Unterschied zwischen innerer und
  aeusserer Sicherheit stets undeutlicher wird, halten wir aber die
  Auseinandersetzung mit politischer Repression von Protestereignissen
  fuer unerlaesslich. Dieser Text kann ein Einstieg sein, unser
  Gegenueber besser abzuschaetzen und dadurch leichter ueberwinden zu
  koennen. Genauso wenig wie unsere Gesellschaften auf ein Reissbrett
  passen, passen auch nicht alle AktivistInnen in ein
  Sicherheitskonzept. Mit den Worten von "Block G8" schlagen wir darum
  vor: "Wir interessieren uns nicht fuer die Polizei, sondern fuer die
  Luecken zwischen der Polizei".
  
  Geographie und Choreographie
  
  Schon bei der Wahl der Austragungsorte fuer Gipfeltreffen werden
  sicherheitspolitische Erwaegungen miteinbezogen. Ihre Verschiebung von
  Metropolen in abgelegene laendliche Gebiete ist Teil des raeumlichen
  Aspekts der Sicherheitsplanung. Nach militanten Protesten gegen die G8
  in Genua 2001 und die EU in Thessaloniki 2003 wurde kein Gipfel mehr
  in einer groesseren Stadt abgehalten. Orte wie Kananaskis in den
  kanadischen Rocky Mountains, die Insel Sea Island in den USA, das
  schottische Gleneagles am Rande der Highlands und Heiligendamm liegen
  in strukturschwachen Regionen ohne linke oder linksradikale Basis (1).
  Protestbewegungen beantworteten den Rueckzug der Gipfeltreffen mit
  einer weitraeumigen Blockadepolitik. Beim G8 in Evian und in
  Gleneagles wurden erfolgreich Zufahrtsstrassen blockiert, in
  Heiligendamm war zeitweise eine nahezu vollstaendige Blockade aller
  Landwege umsetzbar.
  
  Am deutlichsten wird der raeumliche Aspekt durch die Errichtung
  hermetisch abgeriegelter "roter Zonen", eine Taktik, die in Europa zum
  ersten Mal bei den Protesten gegen die G8 in Genua und gegen das
  Weltwirtschaftsforum in Davos angewandt wurde und in Heiligendamm mit
  einem 12 km langen, in Betonfundamente eingelassenen Zaun mit
  Bewegungsmeldern und Kameras perfektioniert wurde.
  
  Die Verraeumlichung der Sicherheitskonzepte sieht neben "roten Zonen"
  sogenannte "gelbe Zonen" vor. Diese "Pufferzonen" dienen der besseren
  Kontrolle von Infrastruktur und Verkehrswegen. Nach dem G8-Gipfel in
  Genua wies die franzoesische Praefektur Haute-Savoie fuer einen
  abgegrenzten Bereich um Evian protestfreie Zonen aus. In Heiligendamm
  wurde dies mit der sogenannten "Allgemeinverfuegung" uebernommen. In
  bis zu fuenf Kilometern Abstand rund um die eigentliche "rote Zone"
  bzw. den Flughafen Rostock-Laage sollte nicht demonstriert werden (2).
  
  Wenn der Ort einmal gewaehlt ist, geht es vor allem um zwei raeumliche
  Strategien: einerseits werden sensible Objekte identifiziert und
  Schutzmassnahmen entwickelt (in Heiligendamm z.B. fuer den Flughafen
  in Laage ueber die Autobahnen bis zur Einkaufsstrasse in Rostock),
  zudem muss der Raum um den Tagungsort in einen funktionellen
  Einsatzraum umgewandelt werden . Die eigens errichtete
  Sonderpolizeibehoerde "Kavala" unterteilte die Region um Heiligendamm
  in Dutzende Einsatzabschnitte, welche unterschiedlichen
  Polizeieinheiten unterstanden (3). In allen Zonen war das Militaer mit
  Ausruestung und Soldaten zur Stelle. Darueber hinaus wurden auch der
  Meeres- und der Luftraum in Verbots- und Schutzzonen aufgeteilt und
  von verschiedenen Einheiten, inklusive der Bundeswehr, ueberwacht.
  
  Auch wenn Gipfel und Proteste beginnen, zielen zahlreiche Massnahmen
  auf die Herrschaft ueber den Raum ab. Diese richten sich meist auf die
  Kontrolle von AktivistInnen, darunter Ein- und Ausreisesperren,
  Platzverweise, Verbot von Demonstrationen etc. Eine sich wiederholende
  Strategie in den letzten Jahren ist der Angriff der Polizei auf
  alternative Infrastruktur, um die raeumliche Organisation von
  Protesten zu stoeren. Camps und Convergence Center werden teilweise
  tagelang blockiert oder durchsucht (Prag, Goeteborg, Genua, Genf,
  Lausanne, Gleneagles, Bukarest). AktivistInnen in der Hvitfeldska
  Schule in Goeteborg wurden beim EU-Gipfel 2001 mit Schiffscontainern
  eingezaeunt und zu Hunderten verhaftet, ein Ausbruchsversuch mit
  Gewalt beantwortet.
  
  Mit der Choreographie der Sicherheitsarchitektur als zeitlichem Faktor
  verhaelt es sich aehnlich wie mit raeumlichen Planungen. Die Kontrolle
  von Zeitablaeufen soll Proteststrategien entgegenwirken, muss aber
  auch Faktoren wie der Kollision mit einer touristischen Hauptsaison
  Rechnung tragen. Gipfeltreffen finden nicht mehr an Wochenenden statt,
  um zeitgleiche Massendemonstrationen unter Beteiligung breiter
  Schichten der Bevoelkerung zu vermeiden. Der Gipfel in Heiligendamm
  fand gleichzeitig mit dem Evangelischen Kirchentag statt, wo ein
  Publikum absorbiert wurde, das andernfalls auch fuer eine
  Mobilisierung nach Heiligendamm offen gewesen waere. Protestenergie
  wird versucht durch Kulturveranstaltungen zu binden, wie etwa die
  LiveAid Konzerte von Bob Geldof und Bono beim G8 2005 oder das Konzert
  von Herbert Groenemeyer zur gleichen Uhrzeit des vor Heiligendamm
  geplanten Sternmarsches. Eine potentielle massenhafte Unzufriedenheit
  mit globalen Verhaeltnissen wird damit in ein Popkonzert kanalisiert;
  in eine Veranstaltung die wegen des Hungers in Afrika an die G8
  appelliert, die raeumlich und zeitlich fuer Sicherheitsorgane gut zu
  ueberwachen und einzuschaetzen ist. Weder Geldof, Bono oder
  Groenemeyer haben Absprachen mit den Traegern der jeweiligen Proteste
  gesucht und werden so zu Trittbrettfahrern einer
  globalisierungskritischen Bewegung.
  
  Internationale Kooperation
  
  Um die Sicherheit bei polizeilichen Grosslagen in Europa besser
  kontrollieren zu koennen wurden neue Vereinbarungen geschlossen,
  Institutionen und Programme ins Leben gerufen. Europaeische
  Polizeieinheiten fuehren gemeinsame Trainings zur Kontrolle von
  Demonstrationen durch. Vor dem G8 in Heiligendamm fand in dem wegen
  Kohle-Tagebau aufgegebenen Dorf Alt-Spenrath in Nordrhein-Westfalen
  eine Uebung der deutschen, britischen und hollaendischen Polizei statt
  (4). Wasserwerfer aus den beteiligten Laendern wurden aufgefahren, um
  Barrikaden zu loeschen und als DemonstrantInnen verkleidete
  PolizistInnen zu vertreiben. Ein aehnliches Training organisierte die
  Polizei in Baden-Wuerttemberg mit der schweizer Polizei, um den
  gemeinsamen Einsatz bei der Fussballeuropameisterschaft 2008
  vorzubereiten. In den Trainings reagiert die Polizei auf neue
  Protestformen: In einer Grossuebung ein Jahr nach dem G8 wurden 1.500
  Polizisten mit 15 Statisten, die als Clowns verkleidet waren,
  konfrontiert. Bewaffnet mit Klobuerste und Deutschlandfahnen sollten
  sie die Polizei verunsichern. Die Clowns wurden eingekreist und
  "friedlich abgedraengt", um Militante verhaften zu koennen. In
  Polizei-Universitaeten wie der "Europaeischen Polizeiakademie" (CEPOL)
  in Hampshire, Grossbritannien, werden Taktiken und Zusammenarbeit
  ausgewertet. Mitgliedsstaaten der EU sind angehalten, am Programm
  "Anleitung, Training und Ausuebung" (ITE) teilzunehmen. Feldstudien
  und Seminare qualifizieren "Beamte, Teams, Organisationen und Laender"
  fuer die Kontrolle polizeilicher Grosslagen.
  
  Grundlage fuer die grenzueberschreitende Polizeikooperation war
  innerhalb einiger EU-Staaten der "Pruemer Vertrag" von 2005, zuerst
  geschlossen von Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich,
  Niederlande, Luxemburg, Oesterreich. Ziel war die "Vertiefung der
  grenzueberschreitenden Zusammenarbeit". Der multilaterale Vertrag war
  ein Testlauf und wurde "in den Rechtsrahmen der EU ueberfuehrt". Mit
  Nicht-EU-Staaten wie der Schweiz werden bilaterale Uebereinkommen
  geschlossen. Die operative Polizeikooperation ueber Grenzen hinweg ist
  bisher erst zwischen wenigen Laendern in Gang gekommen. Die deutsche
  Polizeihilfe gegenueber der Schweiz und Oesterreich duerfte dabei eine
  Vorreiterrolle spielen.
  
  Nach dem Angriff deutscher Hooligans waehrend der
  Fussballweltmeisterschaft 1998 auf den franzoesischen Polizisten
  Daniel Nivel, der seitdem querschnittsgelaehmt ist, wurde auf
  europaeischer Ebene mehr Kommunikation der Sicherheitsbehoerden und
  ein gemeinsames Vorgehen verabredet. Innerhalb der EU wird in der
  Regel einige Tage vor Beginn eines Gipfeltreffens der Schengen-Vertrag
  ausser Kraft gesetzt und Personenkontrollen an den Grenzen wieder
  eingefuehrt. Nach Austausch von Daten wurden bereits mehreren Tausend
  AktivistInnen die Teilnahme an groesseren Gipfelprotesten verweigert
  (5).
  
  Weniger bekannt ist, dass DemonstrantInnen auch von Behoerden des
  eigenen Landes an der Ausreise gehindert werden. Im Bereich von
  Gipfelprotesten kam es, soweit bekannt, anlaesslich des G8 in Genua
  2001 das erste Mal zu Reisesperren fuer polizeibekannte AktivistInnen.
  Vermeintliche deutsche "Stoerenfriede" ("Troublemakers") mussten sich
  taeglich bei der Polizei ihres Wohnsitzes melden.
  
  Nach den Gipfelprotesten in Genua und Goeteborg 2001 (und sicherlich
  inspiriert von Seattle 1999 und Prag 2000) wurden Arbeitsgruppen
  innerhalb der EU mit der Erarbeitung von Sicherheitsstandards
  beauftragt. Ab 2004 nahm das Forschungsprogramm EU-SEC seine Arbeit
  auf ("Sicherheit bei Grossereignissen in Europa"). EU-SEC koordiniert
  Polizeibehoerden von EU-Staaten und Europol, und gibt ein Handbuch zur
  Sicherheit bei "Ereignissen grosser oeffentlicher Bedeutung" ("high
  profile events") heraus. Nur wenige der Empfehlungen von EU-SEC sind
  oeffentlich: Polizeien wird empfohlen, Protestbewegungen zu
  ueberwachen, Daten auszutauschen, Reisesperren zu verhaengen und eine
  offensive Medienstrategie zu betreiben. Mittels Frageboegen werden
  Informationen ueber europaeische Gruppen und Personen gesammelt:
  Aktionsformen, Webseiten, Mailadressen, internationale Kontakte,
  bevorzugte Reisewege, Transportmittel und Unterkuenfte (6).
  
  EU-SEC regelt auch den regelmaessigen Austausch von nationalen
  "Verbindungsbeamten" ("Liaison Officers") der EU-Mitgliedslaender. Im
  Alltagsbetrieb sind sie etwa bei Europol und anderen gemeinsamen
  Verfolgungsbehoerden vertreten. Bei anstehenden internationalen
  Grossereignissen werden sie mit hohen Kompetenzen ausgestattet in die
  jeweiligen Fuehrungsstaebe entsandt. Sie verfuegen ueber "alle
  nuetzlichen Informationsquellen, inklusive Informationen ueber
  Extremismus und andere relevante Gruppierungen sowohl aus
  polizeilichen als auch anderen relevanten Quellen". Offiziell haben
  "Verbindungsbeamte" nur eine "assistierende" Funktion, verfuegen aber
  in der Realitaet ueber betraechtliche Kompetenzen und Aufgaben. Sie
  verfassen nationale Berichte fuer europaeische Risiko-Analysen und
  legen die Gefaehrdungsstufe z.B. fuer "Staatsgaeste" fest. In der
  Praxis informieren sie die nationalen Polizeibehoerden ueber "Personen
  die in terroristische Organisationen und Aktionen oder andere schwere
  Straftaten involviert sind" und die "indirekt mit Terrorismus zu tun
  haben koennen". Neben Personendaten sollen Informationen zum
  "Hintergrund einer Straftat" weitergegeben werden. Die
  Informationsuebermittlung zur Polizei des austragenden Landes soll
  unaufgefordert erfolgen. Jedes Mitgliedsland unterhaelt eine
  "Kontaktstelle" fuer Verbindungsbeamte. Regelmaessige Evaluationen
  sollen zur Qualitaetssicherung beitragen. Umgekehrt sollen
  "Verbindungsbeamte" bei Grossereignissen Informationen sammeln, die
  dem "Aufrechterhalten der oeffentlichen Ordnung" bei einem etwaigen
  Gipfeltreffen im eigenen Land dienen koennen.
  
  Arbeitsgruppen der EU wurden nach dem G8 in Heiligendamm erneut
  beauftragt, die Einrichtung einer gemeinsamen Datei "Troublemakers" im
  Rahmen von Gipfelprotesten zu pruefen. Bisher werden die Daten
  bilateral ueber die "Verbindungsbeamten" getauscht. Die Anweisung
  nimmt Bezug auf Beschluesse des Europaeischen Rates, die 2001 nach den
  Protesten in Goeteborg und Genua getroffen wurden. Diese neue
  EU-Datenbank koenne beim Schengen Informationssystem (SIS) angesiedelt
  werden (7).
  
  Die polizeiliche Zusammenarbeit bei G8-Gipfeln ueberwindet jedoch seit
  geraumer Zeit EU-Grenzen. Auch auf interkontinentaler Ebene wird die
  Sicherheitsarchitektur bei polizeilichen Grosslagen standardisiert. So
  versprach BKA-Praesident Ziercke den japanischen Behoerden, dass fuer
  den G8 2008 "im Rahmen der datenrechtlichen Moeglichkeiten jede
  Information uebermittelt wird, die fuer die Einschaetzung der
  Gefahrenlage in Japan erforderlich erscheint" (8).
  
  2006 wurde mit dem "Internationalen dauerhaften Beobachtungszentrum
  zur Sicherheit bei Grosslagen" ("International Permanent Observatory
  on Security during Major Events", IPO) eine Arbeitsgruppe innerhalb
  der Vereinten Nationen (UNO) mit Sitz im italienischen Turin
  gegruendet. Das IPO beraet Regierungen in allen relevanten
  Sicherheitsfragen und stellt nationaler Polizei eigene Mitarbeiter zur
  Seite. Die Inanspruchnahme ist fuer die anfragende Behoerde kostenlos
  (9). Ein stark gekuerzter Auszug des Profils: Ziel- und
  Problemidentifizierung, Notfallplanung, Strafverfolgungsplanung,
  Verkehrsmanagement, IT-Infrastruktur, Videoueberwachung, Gegenangriffe
  fuer Cyber-Attacken, Kommandozentralen, Finanzmanagement, Zaeune,
  Absperrungen, Handhabung von Menschenmassen, Medienstrategien,
  Geschaeftsinteressenten, Management von Roten Zonen,
  Evakuierungsplanung, Gatten-/ Partnerprogramme,
  Luftraumunterstuetzung, Logistik, Unterkunft und Ausruestung etc.
  
  Ueber eine internationale Vernetzung von Geheimdiensten ist, wie in
  dieser Branche ueblich, wenig bekannt. Zumindest der Jahresbericht des
  niederlaendischen Geheimdienstes AIVD dokumentiert, dass es vor
  G8-Gipfeln zu internationaler Abstimmung von Geheimdiensten kommt, und
  der niederlaendische Dienst an Planungstreffen deutscher Geheimdienste
  teilgenommen hat.
  
  Informationsgewinnung
  
  Behoerden wie Polizei und Geheimdienste sind angehalten, staendige
  "Risikoanalysen" zu erstellen aufgrund derer die weitere
  Einsatzplanung bestimmt wird. Um die Kompetenzen betraechtlich
  erweitern zu koennen, wird nach nationalen "Terrorismusparagraphen"
  ermittelt. Hierfuer werden Einzelpersonen, von denen eine hohe
  Einbindung in die Proteste angenommen wird, als "RaedelsfuehrerInnen"
  identifiziert, um ihre Kommunikation ueberwachen zu koennen. Fuer
  Ermittlungen nach §129a ("Mitgliedschaft einer terroristischen
  Vereinigung") im Rahmen des G8-Gipfels in Heiligendamm wurden allein
  fuer das Ermittlungsverfahren, das in den Razzien 4 Wochen vor dem
  Gipfel muendete, 60.000 Mails mitgelesen, Zehntausende Telefonate
  mitgehoert, Peilsender, Wanzen und Videokameras eingesetzt. Zwei
  Treffen des linksradikalen dissent-Netzwerks wurden tagelang
  ueberwacht, die 250 TeilnehmerInnen gefilmt, eingebuchte Handies der
  lokalen Funkzelle protokolliert (10).
  
  Nach dem gleichen Muster ermittelte die italienische Polizei bereits
  beim G8 2001. Der Zugriff der Polizei erfolgte allerdings erst ein
  Jahr nach dem G8, als sich italienische linksradikale Bewegungen,
  gestaerkt durch den Massenprotest, mit Aktionen gegen Prekarisierung
  und Migrationskontrolle kurz vor dem Europaeischen Sozialforum in
  Florenz 2002 auf einem Hoehepunkt befanden. Die Ermittlungen wurden
  begruendet mit der Gruendung einer "politischen Verschwoerung mit dem
  Ziel die Amtsausuebung der Regierung zu stoeren, subversive Propaganda
  zu betreiben, die wirtschaftliche Ordnung des Staates gewaltsam
  umzustuerzen". Ihre "politische Verschwoerung" soll 20.000 Mitglieder
  gehabt haben. Gemeint ist die Grossdemonstration der Disobbedienti
  beim G8 in Genua, die mit Helmen, Schildern und Polstern zur "roten
  Zone" ziehen wollte und von der Polizei brutal zurueckgeschlagen wurde
  (11). Nach dem G8 holte die italienische Polizei zu einem weiteren
  Schlag gegen anarchistische Strukturen aus und fingierte
  Zusammenhaenge mit Bombenfunden, um die Ermittlungen wegen
  "Terrorismus" zu begruenden (12).
  
  Mit den weitgehenden Ermittlungen verfuegt die Polizei ueber einen
  immensen Datenbestand politischer AktivistInnen, der immer mehr um
  biometrische Daten erweitert wird (als biometrische Daten gelten
  beispielsweise Fingerabdruck, Handabdruck, Hand- und Fingergeometrie,
  Gesicht, Iris, Koerpergeruch,Stimme, typische Koerperbewegungen,
  Unterschrift, GPS-Daten oder Tastaturbetaetigung am Computer). Polizei
  und Geheimdienste setzen Computerprogramme ein, die diese Daten
  miteinander in Beziehung setzt und beispielsweise als "Mapping"
  graphisch anzeigen kann. Allein in den USA werden vom
  "Heimatschutzministerium" drei dieser Systeme betrieben (13). So kann
  visualisiert werden, wer wie oft mit wem telefoniert, die gleichen
  Treffen und Demonstrationen besucht, oder zusammen in welcher Gruppe
  organisiert ist. Texte und Webseiten koennen automatisiert nach
  uebereinstimmenden Schluesselwoertern, semantischen Gewohnheiten oder
  Rechtschreibfehlern durchsucht werden. Die Sicherheitsindustrie bietet
  Software an, die auch GPS-Daten, Audio- und Video-Dateien in diese
  Analyse einbeziehen kann.
  
  Propagandamaschine
  
  Sicherheitskonzepte beschraenken sich nicht nur auf klassische
  polizeiliche Betaetigungsfelder, sondern zielen auf das Manipulieren
  der oeffentlichen Meinung. Neben der Rechtfertigung
  sicherheitspolitischer Massnahmen soll das Daemonisieren und
  Kriminalisieren von Teilen der Protestbewegung Spaltungen befoerdern,
  und die Legitimitaet von Widerstand untergraben. Die fruehe
  Stimmungsmache gegen radikale AktivistInnen hilft der Polizei, deren
  spaeteren Proteste mit Rueckendeckung einer breiten Oeffentlichkeit zu
  unterbinden. Dafuer fahren Repressionsbehoerden Risikoanalysen auf,
  die "Terrorismus" beschwoeren. Schon lange vor dem G8 in Heiligendamm
  gab etwa die Sonderbehoerde der Polizei "Kavala" Presseberichte heraus
  und kommentierte gipfelbezogene Vorbereitungen durch Pressesprecher.
  Bei einem Besuch in Deutschland lobte der ehemalige Polizeichef der
  G8-Sicherheitsplanung in Gleneagles ausdruecklich die gute
  Pressearbeit der Kavala (George Powrie arbeitet seit 2005 fuer das
  UN-Institut IPO) (14). In Gleneagles machte die britische Tayside
  Police ausgiebig Gebrauch von der Sensationslust der Boulevardpresse.
  Zeitungen wie die "Sun" halfen gern, eine allgemeine Angst vor
  "Chaoten" zu verbreiten. Ein Bombenfund wenige Tage vor dem G8 in
  Genua wurde AnarchistInnen zugeschrieben, die angeblich planen
  wuerden, beim Gipfel brennende Reifen die Berge hinunterzurollen. Die
  Sonderbehoerde "Kavala" warnte vor dem G8 in Heiligendamm in selbst
  einberufenen "Buergerversammlungen" AnwohnerInnen vor "Chaoten", die
  die Polizei aber gut unter Kontrolle haben wuerde. Beim G8 in Genua
  sowie dem dem Gipfel der Weltbank und des Internationalen
  Waehrungsfonds in Prag 2000 wurde BewohnerInnen geraten, die Stadt zu
  verlassen. Ueber die Auswirkungen von Falschmeldungen, die die
  "Kavala"-Presseabteilung lancierte, ist genug berichtet worden. Zu
  unterstreichen waere, dass dies nicht nur ein regelmaessiges Phaenomen
  ist, sondern selbst die Falschmeldungen sich wiederholen. Schon in
  Goeteborg wurde behauptet, AktivistInnen haetten Kartoffeln mit
  Naegeln praepariert (was nie verifiziert werden konnte).
  
  Die polizeiliche Propaganda flankiert die Vereinnahmung der Proteste
  durch nationale Regierungen, die G8 und Popstars. Einem buergerlichen
  Spektrum wird suggeriert, die Politik stuende eigentlich hinter den
  politischen Forderungen der Bewegung und laedt sie ein, "Weltpolitik"
  mit zu gestalten. Beim G8 in Schottland demonstrierten 300.000
  Menschen in Edinburgh, um die G8 willkommen zu heissen und
  aufzufordern, den Vorschlaegen von Blair und Brown zu folgen und
  endlich die Armut zu beenden. Auch die "Spin-Doctors" (Medien- oder
  politische Berater, Verantwortliche fuer Oeffentlichkeitsarbeit) von
  Merkel halfen durch "Runde Tische" mit NGOs und Gewerkschaften und
  einem "Junior G8-Treffen", den Anschein demokratischer Kontrolle der
  G8 zu erwecken (15). Eigens errichtete Pressezentren, nahe bei der
  Konferenz, und moeglichst fernab von AktivistInnen, sollen die G8 in
  der Weltoeffentlichkeit repraesentieren helfen. Ein "Handbuch" des
  Forschungsprogramms EU-SEC raet Polizeibehoerden, eine offensive
  Pressearbeit zu betreiben. Beim G8 in Heiligendamm wurde allerdings
  JournalistInnen, die zuvor durch kritische Berichterstattung
  auffielen, die Teilhabe am "embedded journalism" verwehrt, indem das
  zustaendige Bundeskriminalamt schlicht die Akkreditierung verweigerte.
  Die anderen 4.000 JournalistInnen wurden in mehrere Kategorien
  unterteilt. Waehrend die meisten zumindest einmal mit der Bahn oder
  dem Polizeiboot ins zusaetzliche Pressezentrum innerhalb der "roten
  Zone" fahren konnten, durften nur wenige an einer persoenlichen
  Fuehrung zum Hotel teilnehmen.
  
  Demgegenueber wird die Arbeit unabhaengiger Presse massiv behindert.
  JournalistInnen werden auf Demonstrationen abgedraengt, angegriffen
  oder ihr Material beschlagnahmt. In Genua und Evian wurden
  unabhaengige Medienzentren gestuermt, und Video- und Fotomaterial
  konfisziert.
  
  Nach den Gipfeln wird weiter versucht, die Proteste zu
  entpolitisieren. Der schwedische Ministerpraesident Persson
  bezeichnete DemonstratInnen beim EU-Gipfel in Goeteborg 2001 als
  Faschisten, Joschka Fischer attestierte der globalisierungskritischen
  Bewegung einen "ueberholten Antikapitalismus". Tony Blair aergerte
  sich nach dem Gipfel in Gleneagles dass sich die G8 wegen ein "paar
  Hundert Anarchisten" hinter einem Zaun verstecken muessen, obwohl sie
  doch gern abends ein Bier mit der Dorfbevoelkerung trinken wuerden
  (16). Die Statements unterstuetzen eine nachtraegliche
  Kriminalisierung; so koennen die Schuesse in Goeteborg und Genua auf
  DemonstrantInnen als Notwehr dargestellt werden (17).
  
  Die Pressearbeit zu spaeteren Gerichtsverfahren will schliesslich die
  Umschreibung der Geschichte vollenden: eine systemkritische,
  antikapitalistische Opposition wird zu einem "Problem der
  oeffentlichen Ordnung" gemacht.
  
  Militaerische Begleitmusik
  
  Sicherheitskonzepte fuer Gipfeltreffen werden gemeinsam mit dem
  Militaer vorbereitet. Die Armee stellt meist Tarnsportkapazitaeten,
  Luft- und Seeaufklaerung, Logistik und militaerische Verteidigung fuer
  den "Krisenfall" bereit. Schon vor dem 11. September 2001, etwa beim
  G8 in Genua, wurde militaerische Aufklaerung und Raketenabwehr bei
  Treffen von "Staatschefs" eingesetzt. Jedoch haben die Anschlaege in
  den USA, Spanien und Grossbritannien fuer eine grundsaetzliche
  Neuorganisation der internationalen "Sicherheitsarchitektur" gesorgt
  (deren Eckpfeiler uebrigens bei G8-Gipfeln festgezurrt werden). In
  Laendern wie Italien oder den Niederlanden, die paramilitaerische
  Polizeien unterhalten, ist die Grenze zwischen Polizei und Militaer
  weniger sichtbar und damit weniger Gegenstand oeffentlicher
  Auseinandersetzungen. Ihre fortschreitende Verzahnung ist bei allen
  "polizeilichen Grosslagen" der letzten Jahre zu beobachten, etwa beim
  jaehrlichen Weltwirtschaftsforum in Davos/ Schweiz, den G8-Gipfeln
  2003 oder 2005 in Gleneagles.
  
  In Deutschland stiess der Einsatz von Transporthubschraubern, Panzern,
  Kriegsschiffen, Aufklaerungsflugzeugen beim G8-Gipfel auf breite
  oeffentliche Skepsis. Der Einsatz der Bundeswehr im Innern ist durch
  Artikel 35 des Grundgesetzes geregelt; dort allerdings auf
  Katastrophen oder "nationale Ungluecksfaelle" beschraenkt. Vor dem G8
  in Heiligendamm wurde der Einsatz der Bundeswehr nicht etwa mit den
  Vorbereitungen des Protestspektrums begruendet, sondern mit der Sorge
  "islamistischer Einzeltaeter", deren Bedrohung "nicht nur gefuehlt"
  sei (18). Soweit bekannt richtete sich die militaerische Infrastruktur
  in der Praxis allerdings gegen DemonstrantInnen, ihre Camps, Depots
  fuer Barrikaden oder geplante Blockaden. Im Nachhinein gab die
  Bundesregierung in der Antwort einer Kleinen Anfrage zu, dass "zu
  keiner Zeit" Anzeichen fuer bevorstehende Anschlaege bestanden (19).
  "Polizeiliche Grosslagen" unter Mithilfe des Militaers helfen also,
  ihre Zusammenarbeit zu verzahnen und nicht zuletzt auch in nie
  dagewesener Groesse zu trainieren (20). In Deutschland wird damit die
  sogenannte "zivil-militaerische Zusammenarbeit" um eine weitere
  Dimension erweitert.
  
  "Kommando, Kontrolle und Kommunikation": Einsatztechnik und "Crowd
  Control"
  
  "Polizeiliche Grosslagen" erfordern eine komplexe Organisation und
  Kommunikation beteiligter Leitstellen und Kommando-Ebenen.
  Einsatzrelevante Informationen fallen in unuebersichtlicher Menge an:
  Aufnahmen von Video- und Infrarotkameras, akustische Melder,
  Satelliten- und GPS-Daten, Radar, Bewegungsmelder. Neben diesen
  technischen "Sensoren" uebermitteln Polizeifuehrer regelmaessig
  Lageveraenderungen. Darueber hinaus muessen Informationen der ebenso
  in den Gesamteinsatz integrierten "Behoerden und Organisationen mit
  Sicherheitsaufgaben" verarbeitet werden. Hierzu gehoeren z.B.
  Feuerwehr, Rettungsdienste und Katastrophenschutz. Militaerische
  Erkenntnisse und Lagebilder werden fuer die polizeilichen
  Einsatzstaebe aufgearbeitet und vereinfacht und muessen in das
  Gesamtlagebild integriert werden. Dazu kommen sogenannte regulaere
  "Staebe" bzw. "Krisenstaebe", etwa dem Auswaertigen Amt oder
  Innenministerien.
  
  Jede der beteiligten Institutionen unterhaelt eigene Lagezentren mit
  Leitstellen bzw. Kontrollraeumen (21). Damit die Polizei stets ueber
  "Entscheidungshoheit" verfuegen kann, werden Bereiche wie
  Fruehwarnung, Entscheidungsunterstuetzung und Kommandofuehrung mit dem
  Einsatz von Software schrittweise automatisiert. Weil
  Computerprogramme nur dann "Entscheidungshilfen" geben koennen, wenn
  sie ueber eine Datenbasis verfuegen, aufgrund derer sie Berechnungen
  vornehmen koennen, werden Einsaetze im Vorfeld simuliert. Dabei wird
  auch auf Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung zurueckgegriffen,
  z.B. wohin sich eine "Masse" nach einem Gas- oder Schlagstockeinsatz
  zerstreut (entlang von Haeuserwaenden).
  
  Die gegen den Protest eingesetzten Polizeikraefte werden mit neuer
  Technik ausgestattet. Fuer einen Grosseinsatz werden Digitalfunk-Netze
  mit Dutzenden stationaeren Masten sowie mobilen Antennen montiert. Um
  sie gegen Angriffe oder technisches Versagen zu schuetzen, werden
  parallel alternative Systeme fuer den Notfall aufgebaut. Digitalfunk
  bietet mehrere Vorteile: Gespraeche sind nicht abhoerbar und koennen
  auch von weit entfernten Leitstellen mitgehoert werden (22).
  
  Zu neuen Trends im Bereich der "Handhabung von Menschenmassen" ("Crowd
  Control") gehoeren der Einsatz von Elektroschockpistolen ("Taser")
  (23) und "Fliegenden Kameras" ("Drohnen"). Beim G8-Gipfel 2003 in
  Evian und der Fussballeuropameisterschaft 2008 hat das schweizer
  Militaer die Polizei mittels "Drohnen" mit Lagebildern versorgt (24).
  In Lagezentren werden auch Bilder von polizeilichen
  "Dokumentationstrupps" (in Uniform oder zivil) ausgewertet, die live
  (Polizeijargon: "Echtzeit") uebermittelt werden. Diese Bilder koennen
  binnen kurzer Zeit an Festnahmeeinheiten weitergegeben werden.
  
  Die Polizeitaktik bei grossen Menschenansammlungen veraendert sich.
  Polizeien in Griechenland oder der Schweiz, die bisher auf ihre
  Erfahrungen mit Distanzwaffen wie Gummigeschossen, Gasgranaten oder
  Blendschockgranaten vertraut hatten, interessieren sich fuer deutsche
  Taktiken der "Handhabung von Menschenmassen". Wegen ihrer Taktik von
  polizeilichen Spalieren, Kesseln, Greiftrupps und dem Einsatz von
  Pferden, Hunden und Schlagstoecken ist die deutsche Polizei gefragter
  Berater europaeischer Polizeien.
  
  Jetzt geht's los: Der Einsatz
  
  Bei "Grosslagen" versucht die Polizei auf allen Ebenen die Proteste
  kontrollieren zu koennen (25). Wie beim Sicherheits- und Polizeigesetz
  Mecklenburg-Vorpommern werden vor den Gipfeln Gesetze geaendert, um
  noch mehr Kompetenzen und Spielraum bei Ueberwachung und Verfolgung
  von politisch unliebsamen AktivistInnen zu erlangen. Schon bei der
  Anmeldung von Versammlungen versucht die Polizei, AnmelderInnen bei
  Demonstrationsrouten unter Druck zu setzen und zu einem Verlauf zu
  zwingen, der bessere Uebersicht und einen schnellen Zugriff erlaubt
  (breite Strassen, Raum fuer Nachschub, abgelegene Gegend, keine
  Bevoelkerung).
  
  Regelmaessig geraet der Einsatz von Zivilpolizei und "Agents
  Provocateurs" in die oeffentliche Kritik. Am Zaun bei Heiligendamm
  hatten AktivistInnen zivil gekleidete Polizisten aus Bremen
  wiedererkannt, die Umstehende zum Angriff auf Polizeiketten animieren
  wollten. Beim G8 in Genua 2001 dokumentierten Tageszeitungen den
  massenhaften Einsatz von Polizisten in "szeneueblicher Kleidung". Mit
  Halstuechern vor dem Gesicht, Zivilkleidung und Motorradhelmen
  bekleidet, stuermte die schweizer Polizei beim G8 2003 das alternative
  Medienzentrum "Usine" in Genf.
  
  Unter dem Aspekt von "Crowd Control" versucht die Polizei mit
  kalkulierten Angriffen, die Proteste zu blockieren und Energien zu
  binden. Hunderte praeventive Festnahmen bezeugen die
  Entscheidungshoheit bei der Polizei, entlasten andere Einheiten und
  fuehren dazu, dass AktivistInnen sich um ihre gefangenen GenossInnen
  kuemmern muessen. "Schnellverfahren" mit beschnittenem Rechtsschutz
  wie in Heiligendamm verunsichern neben den Angeklagten alle
  TeilnehmerInnen an den Protesten und sollen Spaltungen erleichtern.
  Manche Massenfestnahmen stehen im Kontext von Verfolgungsdruck nach
  gelungenem Widerstand (26). Nach Ende des IWF- und Weltbank-Gipfels in
  Prag 2000 reagierte die Polizei und trieb die Festnahmestatistik in
  die Hoehe. In Genua wurde versucht, mittels in der Diaz-Schule von der
  Polizei platzierten Molotov-Cocktails, Verantwortliche fuer militante
  Aktionen vorweisen zu koennen. Sogar in den Tagen nach dem Gipfel
  werden internationale AktivistInnen auf der Heimreise verhaftet, weil
  sie Zeltstangen und Hammer im Auto mitfuehren. "Streben Sie eine
  groessere Zahl von Strafverfahren an", raet ein Arbeitspapier von
  EU-SEC den Polizeien in der EU bei Grossereignissen.
  
  Einer der Kritikpunkte an Massenmobilisierungen ist die These, dass
  keine tragfaehigen politischen Strukturen uebrig bleiben. Lokale
  Gruppen muessen im Falle militanter Proteste nicht nur einen
  betraechtlichen Teil der Antirepressionsarbeit uebernehmen, sondern
  auch einer politischen Auseinandersetzung standhalten. Viele
  AktivistInnen verschwinden in ihrer alltaeglichen politischen Arbeit,
  die Aufarbeitung bleibt an Einzelnen haengen - im Falle von
  Solidaritaetsstrukturen meist FreundInnen Betroffener.
  
  Die Ausschreitungen in Goeteborg 2001 fuehrten z.B. zu einer
  gesellschaftlichen Polarisierung, deren Risse sich tief in die
  Gesellschaft, aber auch in die linke Szene eingruben. In Prag wurde
  wenige Tage nach dem Treffen des IWF und der Weltbank im November 2000
  das besetzte Haus Ladronka geraeumt, das als "Zentrale" des militanten
  Protests ausgemacht wurde. Drohungen waren auch nach dem NATO-Gipfel
  in Bukarest 2008 gegen das Soziale Zentrum Camas Iasi zu vernehmen.
  Andererseits laesst sich beobachten dass gerade jener Druck, auf
  Repression zu reagieren, Strukturen befoerdert, die auch Jahre spaeter
  noch politische Antirepressionsarbeit betreiben. Unter dem Motto "Die
  Geschichte sind wir!" arbeiten bis heute ein Dutzend AktivistInnen in
  der genuesischen Solidaritaetsgruppe "Segretaria Legale" an
  juristischer, politischer und medialer Aufarbeitung der Proteste und
  Uebergriffe beim G8 2001. Teile der italienischen radikalen Linken
  gingen gestaerkt aus dem Protest hervor. Auch der Prager Gipfel
  fuehrte letztlich dazu, dass zwei Jahre spaeter eine beinahe
  ausschliesslich von tschechischen Gruppen getragene Mobilisierung
  gegen die NATO-Tagung 2002 auf die Beine gestellt wurde.
  
  Wie der Polizeieinsatz rund um den Gipfel ist auch die juristische
  Verfolgung von innen- und aussenpolitischen Koordinaten abhaengig.
  Ohnehin ueberlastete Gerichte sind schwer imstande, alle eingereichten
  Verfahren abzuarbeiten. Ob ueberhaupt massenhaft Anklagen erhoben
  werden, duerfte kaum allein Polizei und Justiz ueberlassen bleiben.
  Wie in der Vorbereitungsphase und waehrend des Gipfels wird vermutlich
  die jeweilige Regierung auch in Entscheidungen zur juristischen
  Aufarbeitung miteinbezogen. Immerhin wird mit jahrelangen
  Gerichtsverfahren riskiert, dass Demonstrationsverbote oder
  Polizeiuebergriffe konstant oeffentlich thematisiert werden.
  
  Waehrend Ermittlungen und Verfahren in manchen Laendern innerhalb von
  ein bis zwei Jahren abgeschlossen werden (z.B. wegen Goeteborg,
  Gleneagles, Heiligendamm), wurden AktivistInnen in Italien und
  Griechenland erst mehrere Jahre spaeter in erster Instanz zu hohen
  Haftstrafen verurteilt (27).
  
  Die Gerichtsverfahren nach dem EU-Gipfel in Goeteborg 2001 bildeten
  ein Novum in der europaeischen Zusammenarbeit von Ermittlungs- und
  Justizbehoerden. Die schwedischen Autoritaeten hatten damals die
  deutsche Polizei um Amtshilfe bei ihren Ermittlungen angefragt.
  Bereitwillig durchsuchten Berliner Beamte ein Jahr spaeter mehrere
  Wohnungen von AktivistInnen auf der Suche nach Basecaps, Guerteln oder
  Schuhen, die in Schweden mit Videoaufnahmen abgeglichen wurden. Ein
  niederlaendischer Aktivist wurde von der Polizei in Amsterdam nach
  Schweden ausgeliefert, um ihm den Prozess zu machen. Zwar fielen die
  Urteile fuer AuslaenderInnen gegenueber den Strafen fuer schwedische
  AktivistInnen vergleichsweise milde aus (Bewaehrungsstrafen und
  Arbeitsstunden), jedoch wurde hier eine neue Form
  grenzueberschreitender Zusammenarbeit exerziert.
  
  Erfolgreicher Widerstand fuehrt auch zu nachtraeglichen
  Gesetzesaenderungen und der Einrichtung von Arbeitsgruppen, die
  Vorschlaege fuer weitere internationale Kooperation von Polizeien
  entwickeln sollen. Militante Proteste dienen Polizeistrategen
  und -gewerkschaftern als willkommene Gelegenheit, die Einfuehrung
  neuer Polizeitechnik einzufordern. Hier zeigt sich ein Dilemma in der
  Geschichte radikaler Opposition, das keineswegs in Richtung Verzicht
  auf militante Proteste aufgeloest werden sollte.
  
  Ein paar Schlussfolgerungen auf dem Weg zu neuen Perspektiven
  
  Jetzt mal ehrlich: einige der hier beschriebenen Aspekte polizeilicher
  "Handhabung" von Gipfelprotesten beweist schlichtweg den Erfolg
  autonomer Interventionen auf der Strasse. Dezentral organisierte
  direkte Aktionen im Kontext von Massenprotesten bereiten den
  Autoritaeten Kopfzerbrechen und zwingen sie, neue Sicherheitskonzepte
  zu erdenken. Dies will nicht sagen, dass autonome Interventionen nicht
  ebenso auf neue taktische Perspektiven fuer die militante
  Organisierung von Protest angewiesen waeren. Wie Repressionsbehoerden
  finden auch AktivistInnen immer wieder neue Aktionsformen, um sich
  gegen fortschreitende Ueberwachung, Kontrolle, Strategie und Technik
  zu wehren. Alle Sicherheitskonzepte sind nutzlos, wenn genuegend
  AktivistInnen solidarisch zusammenkommen.
  
  Dennoch haben sich ein paar wichtige Tendenzen herauskristallisiert,
  auf die Antworten gefunden werden muessen, um auch in der Zukunft die
  Stelldicheins einer globalen Elite erfolgreich zu stoeren. Hierzu
  gehoert der praeventive und vorauseilende Charakter
  sicherheitspolitischer Massnahmen, der sich z.B. in der geographischen
  Kontrolle des Raums und der zunehmenden Bedeutung von
  Informationsgewinnung ausdrueckt (28).
  
  Repression im Vorfeld von Gipfelprotesten wird immer zentraler. Auf
  "Risikoanalysen", also Spekulationen, Szenarien,
  Vorfeldeinschaetzungen nebst ihrer kalkulierten Manipulation, wird
  eine "Sicherheitsarchitektur" unter Einbeziehung aller
  Repressionsbehoerden gezimmert.
  
  Ein weiterer wichtiger Punkt ist der wachsende internationale
  Charakter von Polizeizusammenarbeit, der bei beinahe allen
  beschriebenen Strategien deutlich wird. Internationale
  Polizeizusammenarbeit ist nicht neu und laeuft bei weitem nicht so
  reibungslos, wie die Webseiten der Institutionen suggerieren. Doch
  stellt sie die globalisierungkritische Bewegung in Zeiten zunehmender
  Verschraenkung von "innerer und aeusserer Sicherheit" vor eine
  konkrete Herausforderung: Wie koennen die sich
  herauskristallisierenden Tendenzen eines internationalen
  Repressionsapparates und Sicherheitsraumes zurueckgedraengt werden,
  ohne sich als Einpunktbewegung an Repression abzuarbeiten und die
  Initiative bei anderen sozialen Kaempfen gegen globale
  Herrschaftsverhaeltnisse zu verlieren?
Quelle: https://gipfelsoli.org/Home/7839.html
  (Anmerkung d. Red.: Beim Aufruf dieser Site kommt eventuell eine Warnung, 
  daß das Zertifikat dieser Site ungueltig sei und aus Sicherheitsgruenden 
  die 
  Anforderung nicht durchgefuehrt werden sollte - der Hintergrund: 
  nichtkommerzielle Seiten koennen sich eine Zertifizierung nicht leisten, 
  wollen aber trotzdem nicht auf Sicherungstechnologien verzichten. Das 
  Zertifikat sollte also gefahrlos akzeptiert werden koennen.)
*
Fussnoten:
  
  (1) Darueber hinaus werden geographische Beschaffenheiten ausgenutzt,
  etwa wie bei den Gipfeln in Genua, Evian und Heiligendamm, die
  seeseitig durch Wasser abgeschirmt waren.
  
  (2) Nur wenige Kundgebungen wurden am Zaun in Heiligendamm mit
  absurden Auflagen ueberhaupt genehmigt. Eine fuer den 6. Juni
  angemeldete Mahnwache der "Juedischen Stimme" sollte hoechstens 15
  TeilnehmerInnen haben, deren Namen vorher der Polizei bekannt gegeben
  werden sollten.
  
  (3) Innerhalb der "roten Zone" lag die Zustaendigkeit beim
  Bundeskriminalamt (BKA) und der Bundespolizei, ausserhalb bei der
  Laenderpolizei.
  
  (4) Die Uebung 5 Wochen vor dem Gipfel diente vermutlich dem Aufbau
  einer "redundanten Struktur" fuer den Fall einer "polizeilichen
  Notlage".
  
  (5) Zur Arbeit der Bundespolizei an den Grenzen und der
  Staatsangehoerigkeit der Zurueckgewiesenen siehe
  http://www.ulla-jelpke.de/uploads2/Antwort_KA_16_5697.pdf.
  
  (6) Siehe hierzu ausfuehrlicher
  http://www.gipfelsoli.org/Home/4818.html; 
  der Fragebogen zu
  Protestgruppen unter
  http://euro-police.noblogs.org/gallery/3874/eu-sec-handbook-draft-1-07.pdf.
  
  (7) http://www.statewatch.org/news/2008/apr/04eu-troublemakers.htm 
  und
  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29880/1.html
  
  (8) "Das Bundeskriminalamt [hat] Informationen zu
  globalisierungskritischen Organisationen mitgeteilt, wobei
  ausdruecklich eine Differenzierung zwischen extremistisch und nicht
  extremistisch eingeschaetzten Gruppierungen/ Organisationen
  vorgenommen wurde"; siehe Antwort auf Kleine Anfrage vom 18.4.2008
  unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/088/1608844.pdf.
  
  (9) Offizielle Einsatzgebiete seit der Gruendung 2006 waren laut
  Selbstauskunft bisher die G8-Gipfel in St. Petersburg, Heiligendamm
  und Hokkaido, der Weltbank-/ IWF-Gipfel in Singapur und das
  APEC-Treffen in Vietnam. Auch die Olympiade 2008 in Peking wurden vom
  IPO "betreut". Mehr zum "Unterstuetzungsangebot" des IPO auf seiner
  Webseite http://www.unicri-ipo.org.
  
  (10) Offensichtlich findet ein reger Austausch von geheimdienstlichen
  und polizeilichen Erkenntnissen ueber "Stoerenfriede" auf
  bundesdeutscher Ebene statt, wie aus den Ermittlungsakten der
  G8-Durchsuchungen des BKA vom 9. Mai 2007 hervorgeht. Zum Einfluss des
  Verfassungsschutzes beim G8 ausfuehrlich Martin Beck, "Das Dickicht
  der Dienste. Der Einfluss des Verfassungsschutzes in § 129a-Verfahren"
  in Buergerrechte & Polizei/CILIP 89 (1/2008) und Hauke Benner (einer
  der Beschuldigten) "Die enge Zusammenarbeit von Verfassungsschutz und
  BKA beim 129a - Verfahren" in analyse & kritik Nr. 523 vom 14. Dez.
  2007.
  
  (11) Gegen 42 Beschuldigte wurden zunaechst Untersuchungsverfahren
  eingeleitet, 13 von ihnen letztlich nach Anti-Terror-Paragraphen wie
  dem 270 und 289 angeklagt; siehe
  http://www.gipfelsoli.org/Genua_2001/4836.html.
  
  (12) Siehe "Anarchists to be targeted as "terrorists" alongside Al
  Qaeda" in http://www.statewatch.org/news/2002/feb/10anarch.htm.
  
  (13) Zu Data-Mining, Mapping und Vorhersage von Straftaten siehe
  http://www.heise.de/newsticker/meldung/104666/from/atom10,
  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31436/1.html,
  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31425/1.html. 
  Laut Anbietern der
  Sicherheitsindustrie wird aehnliche Software z.B. auch in Deutschland
  eingesetzt: http://gipfelsoli.org/Home/4223.html.
  
  (14) "Darueber hinaus aehneln sich die Protestszenen in GB und in
  Deutschland sehr. [..] Besonders hervorhebenswert finde ich, dass
  KAVALA bereits im Vorfeld des Gipfels intensive Oeffentlichkeitsarbeit
  betreibt und eine sehr offene Beziehung zur Bevoelkerung pflegt";
  siehe
  http://gipfelsoli.org/static/Media/Repression/kavala_report_2.pdf.
  
  (15) SAT 1 unterstuetzte die Bundesregierung in diesem Kurs mit einer
  Neuverfilmung von "The Girl in the Café" mit Julia Jentsch in der
  Rolle einer naiven jungen Frau, die sich in einen G8-Delegierten
  verliebt.
  
  (16) "The problem is you get these small groups of international
  anarchists who just wreck the place and therefore you have to have the
  security"; siehe
  http://www.gipfelsoli.org/Home/Gleneagles_2005/134.html.
  
  (17) In der 1. Ausgabe des "Kavala-Reports", der vor dem Gipfel an
  alle beteiligten Polizeieinheiten verteilt wird, erklaert der
  "Einsatzabschnitt Aufklaerung", der "Schusswaffengebrauch der
  Einsatzkraefte" in Goeteborg und Genua sei eine Folge der "Eskalation"
  gewesen.
  
  (18) Mit Formeln wie "Die Trennung zwischen innerer und aeusserer
  Sicherheit ist von gestern" bereiteten Kanzlerin, Bundesinnenminister
  und BKA-Chef die Bevoelkerung seit 2006 auf eine zunehmende
  "zivil-militaerische Zusammenarbeit" vor.
  
  (19) Siehe http://dip.bundestag.de/btd/16/060/1606039.pdf. 
  Die Antwort
  der Bundesregierung gibt ausfuehrlich Auskunft ueber die
  Zusammenarbeit der Bundesbehoerden, Lagezentren etc.
  
  (20) Zum G8-Gipfel in Japan rief der geplante Einsatz des Militaers
  beinahe automatisch die Anti-Kriegs-Bewegung auf den Plan. Artikel 9
  der Verfassung lehnt Krieg als souveraenes Recht ab, militaerische
  Gewalt ist verboten. Japan darf kein Militaer unterhalten und behilft
  sich mit "Selbstverteidigungsstreitkraeften". Der G8-Gipfel staerkte
  die Legitimation des Militaers und unterfuettert Bemuehungen zur
  Aenderung des Artikel 9.
  
  (21) Teilweise mit militaerischer Unterstuetzung werden fuer die 
  Polizeien Europas Informationssysteme eingerichtet, die den hoechsten 
  Kommandoebenen saemtliche Lagebilder in Echtzeit zur Verfuegung 
  stellen. 
  "Die groesste Herausforderung in Zeiten des Information Overkill liegt 
  nicht mehr in der Informationsgewinnung, sondern in der 
  Informationsauswertung", erklaert hierzu der damalige Vorstandsvorsitzende
  des Ruestungskonzerns EADS.
  
  (22) Die Sicherheitsindustrie profitiert von den Grosseinsaetzen, ihre
  Geraete werden getestet, Anbieter gewinnen Vertrauen fuer anstehende
  Vergabe-Verfahren. Fuer den G8 2005 hat z.B. Motorola die schottische
  Polizei mit den benoetigten Geraeten versorgt.
  
  (23) Die schweizer Polizei war zur Fussball-Europameisterschaft 2008
  mit Tasern ausgestattet. Diese pistolenaehnliche Waffe versetzt
  Betroffene sekundenlange Elektroschocks bis zu 50.000 Volt und zwingt
  sie in Embryohaltung. Ihr Einsatz hat bereits zu Todesfaellen
  gefuehrt. Siehe z.B. ausfuehrlich arte-Reportage "Taser: Wunderwaffe
  gegen Polizeipannen?" vom 28.6.2008
  
  (24) Mittlerweile verfuegen auch Polizeien selbst ueber kleinere
  Geraete mit Batteriebetrieb. Sie koennen Kameras transportieren und
  Informationen in Echtzeit uebertragen. Wegen der niedrigen Flughoehe
  koennen ihre scharfen Bilder auch zur Strafverfolgung genutzt werden.
  "Fliegende Kameras" werden von mehreren Polizeien Europas getestet,
  darunter Grossbritannien, Frankreich, Italien, Deutschland, Schweiz.
  Anwendungsgebiete sind bisher die Ueberwachung von
  "Problemstadtteilen", "gruenen Grenzen" oder Fussballstadien. Siehe
  ausfuehrlich http://euro-police.noblogs.org/category/drohnen.
  
  (25) Bei Gipfelprotesten eingesetzte Polizeien werden in
  Fortbildungen, Handbuechern und Trainings angehalten stets ueber ein
  groesstmoegliches Mass an Entscheidungshoheit zu verfuegen.
  "Friedlichen Protesten" soll mit hoher Toleranz begegnet werden, um
  militante Proteste leichter isolieren zu koennen.
  
  (26) Razzien der Polizei dienen auch der "Beweissicherung" bzw.
  Vernichtung von Beweisen. Beschlagnahmte Festplatten, Videos und Fotos
  helfen der Polizei bei eigenen Ermittlungen und erschweren
  gleichzeitig Strafanzeigen wegen Polizeiuebergriffen.
  
  (27) In Genua wurden 6 Jahre nach dem G8-Gipfel 24 Angeklagte zu
  Haftstrafen bis zu 15 Jahren verurteilt, in Thessaloniki 4 Aktivisten
  5 Jahre spaeter zu 8, 7 und 5 Jahren Gefaengnis.
  
  (28) In der akademischen Sicherheitsforschung wird fuer diese
  "vorauseilende praeventive Repression" gegenwaertig der Begriff
  "pre-emptive repression" verwendet.
  
  
  
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