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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 13. Oktober 2009; 19:15
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Wien/Hausbesetzung:

> Kein Happy End in Favoriten

Als bei den meisten AbonnentInnen die letzte akin mit dem Coverbild
der besetzten Schule im Briefkastel zu liegen kam, war die Raeumung in
der Triester Strasse schon gelaufen...

Eigentlich hatte es ganz gut ausgeschaut mit der Besetzung in der
alten Schule in der Triesterstrasse -- die Sozialdemokratie hielt sich
tagelang zurueck mit irgendwelchen Drohungen und schickte lediglich
ihren ueblichen "Troubleshooter", den Gemeinderat Peter
Florianschuetz, und auch die Polizei wurde kaum gesehen dieser
hinteren Ecke Favoritens. Schliesslich war das Haus ja schon mehrmals
diversen BesetzerInnen-Gruppen angeboten worden, angeblich sogar schon
den Leuten von der Arena -- doch hatte es bislang niemand gewollt,
wahrscheinlich wegen der Entlegenheit. Und jetzt gehen da die
unbequemen Leute sogar freiwillig rein, um ihren Traum einer
umsonstoekonomischen Lebens-, Arbeits- und Kulturumgebung zu leben.
Auch wenn die Gemeinde verkuendet hatte, dass sie das Gebaeude, das in
den letzten Jahrzehnten die meiste Zeit leergestanden hatte, jetzt
ploetzlich doch selber nutzen wolle, konnte man also doch hoffen.

Auch die Medienberichte waren fast wohlwollend -- die "Presse"
verglich den Infopoint vor dem Haus in seiner Adrettheit gar mit dem
Buergerservice der Stadt Wien -- und selbst die FPOe meldete sich
nicht (oder zumindest nicht so laut wie sonst) zu Wort. Nur die OeVP,
im Arbeiterbezirk Favoriten nicht gerade eine Grossmacht, schoss aus
allen Rohren und meinte, man duerfe die Besetzung nicht gewaehren
lassen, denn sonst drohe ein "Flaechenbrand".

Aber es sollte anders kommen -- am Montag um 4 Uhr frueh rueckte die
Polizei samt Securitas-Wachleuten an. An die 30 Fahrzeuge sollen es
gewesen sein. Ohne Aufforderung an die Insassen, das Haus zu
verlassen, wurde das Haus mittels Einschlagens eines Fensters
gestuermt. Auch wenn es nicht zu einer Pruegelei gekommen sein
duerfte, war das Einschreiten brutal: Die Menschen wurden aus dem
Schlaf gerissen und ohne Verzoegerung ins Freie expediert. Mitnehmen
durften sie nichts. Ein Mann durfte sich nicht mal die Schuhe anziehen
und stand dann blossfuessig in der Oktoberfrische. Einem Australier,
der eigentlich nur hier uebernachten hatte wollen und der noch schnell
seinen Rucksack umgebunden hatte, wurde auch dieser wieder
runtergerissen. Ohne warme Kleidung, ohne seinen Schlafsack, aber auch
ohne seinen Reisepass fand er sich draussen wieder. Die Polizei teilte
mit, dass sie keine Verantwortung dafuer trage, sondern der
Hauseigentuemer -- also die Gemeinde Wien.

Ebenfalls vor dem Haus war Florianschuetz: Er war am Vortag noch im
Haus gewesen. Ohne offiziellen Vermittlungsauftrag wie er betont
hatte. Im Interview mit wientv wirkte er etwas konsterniert --
offensichtlich hatte ihm niemand gesagt, dass die Raeumung schon
laengst beschlossene Sache gewesen war.

Von 32 Personen wurden die Daten aufgenommen, zumindest 40 Leute
sollen insgesamt im Haus gewesen sein. Verletzte duerfte es keine
gegeben haben.

Am Vormittag wurde als Reaktion darauf kurzfristig das Buero des
Wohnbaustadtrats Michael Ludwig von 30 Leuten besetzt. Dort wurde
ihnen zugesagt, dass sie ihre Sachen wiederbekommen sollten --
allerdings erst, wenn eine Sachverstaendiger deklariert haette, was
denn als Muell und was als Wertsache anzusehen sei. Dann kaeme das
alles ins Lager und von dort waeren die Sachen dann abzuholen.

Die BesetzerInnen haben -- nona -- angekuendigt, wiederzukommen. Doch
die Wiener Freiraumbewegung ist mittlerweile so stark und zaeh, dass
das Rathaus zu seinem Leidwesen diese Ankuendigung wohl ernstnehmen
wird muessen. (akin)


Quellen (u.a.) und weitere Infos:
http://at.indymedia.org/node/15916
http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/514045/
http://wientv.org/2009/10/03/triesterstrase-114/
http://wientv.org/2009/10/12/hausprojekt-triesterstrasse-114-geraumt/
http://cba.fro.at/show.php?lang=de&eintrag_id=14342

*

> Kommentar:

Buergermeister Haeupl hatte uns ja schon vorgewarnt: der Wiener
Wahlkampf werde "grauslich" werden. Er hat es wohl anders gemeint,
aber jetzt wissen wir: der Wahlkampf hat schon begonnen. Ganz
offensichtlich gibt es da eine gute Achse zwischen dem
Buergermeisterbuero und dem Innenministerium, dank derer nun
grosskoalitionaere Raeumungstage ausgerufen worden sind.

Raeumungen von Besetzungen sind ja nichts Neues -- wohl seit Hainburg
konnte in Oesterreich keine Besetzung mehr obsiegen. Aber seit
Mittwoch sind zwei gesellschaftlich durchaus nicht so uebel
beleumundete Besetzungen geraeumt worden -- und zwar nicht in der
alten Manier, bei guter Beleuchtung zuerst ordentlich einen
Raeumungsbefehl bekannt zu machen und erst dann rabiat zu werden,
sondern sowohl im Augarten als auch in Favoriten kam die Polizei um 4
Uhr frueh -- das erinnert nicht gerade an die zivilen Manieren
buergerlich-demokratischer Rechtsstaaten. Genausowenig uebrigens auch,
dass die Polizei beide Male private Wachleute mitbrachte, die einen
Teil der Raeumungsarbeit erledigten. Denn eigentlich ist denen nur
erlaubt, handgreiflich zu werden, wenn es zeitlich nicht moeglich ist,
die Polizei zu verstaendigen und akut ein Rechtsbruch verhindern
werden muss. Das war hier aber nicht der Fall -- Privatsheriffs, die
keine Dienstnummern haben, die nicht auskunftspflichtig sind und ueber
die man sich auch nicht beim UVS beschweren kann, erledigen hier die
Arbeit der Polizei -- wie war das nochmal mit dem Gewaltmonopol der
Polizei?

Apropos Dienstnummern: Die in Favoriten anwesenden Beamten hatten zwar
Dienstnummern, rueckten sie aber nicht raus. Man verwies die
Amtsbehandelten an den Einsatzleiter, dessen Dienstnummer man haben
koennte. Wer das allerdings war, erfuhr man von den Beamten auch
nicht. Allerdings erklaerten sich einige davon bereit, die
Dienstnummer des Einsatzleiters zu nennen -- vier Auskuenfte bekamen
die BesetzerInnen, aber auch vier verschiedene Nummern...

Das Magistrat hingegen laesst das Hab und Gut der BesetzerInnen
beschlagnahmen. Gab es dafuer einen gerichtlichen Befehl? Das
Magistrat entscheidet, was von diesen Dingen Muell ist und was
nicht -- woher hat es die Vollmacht dafuer? Oder ist das in Wien alles
eins -- SPOe, Rathaus, Polizei, Gericht?

Jetzt kennen wir das alles ja schon -- mit Nuancen zwar, aber es ist
doch immer dasselbe. Soll man sich darueber noch aufregen?

Man soll. Man muss sogar!
-br-



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